Die folgende Doppelseite stammt aus Robert Jacobis Buch "Reboot. Der Code für eine widerstandsfähige Wirtschaft, Politik und Gesellschaft“, das am 1. Februar bei Murmann Publishers eschienen ist.
"Die Pandemie hat die Modernisierung und Digitalisierung der Schulen beschleunigt. Wir sind inzwischen auf einem Weg in eine Richtung, die allen Beteiligten, der Lehrer- und Schülerschaft sowie den Eltern, dauerhaft Vorteile bringen könnte. Der Veränderungsprozess wird auf Hürden stoßen, aber auch wenn auf zwei Schritte nach vorne einer zurück folgt, wir bleiben in Bewegung. Der Lockdown war ein Ausnahmezustand, und wird es hoffentlich auch bleiben.
Erst durch den Schulgipfel im September 2020 im Bundeskanzleramt wurde einer breiteren Öffentlichkeit eine überraschende Tatsache bewusst: Dem Unterrichtspersonal an deutschen Schulen werden zwar moderner, digitaler Unterricht, schnelles Korrigieren und kurze Reaktionszeiten auf Mails abverlangt, es wird aber keinerlei technische Ausstattung dafür am Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt. Die Lehrerinnen und Lehrer haben also unfreiwillig in einer Bring your own device-Welt gelebt, wie sie manche Start-ups aus Überzeugung pflegen, die aber sehr technikaffine Mitarbeiter haben. Und, ganz nebenbei, der Datenschutz oder die Absicherung der privaten Rechner hat an dieser Stelle ganz offensichtlich keine Rolle gespielt.
In der Notwendigkeit der technischen Ausstattung liegt zugleich die größte Gefahr für den Reboot: Corona verstärkt die Ungleichheiten. Ein durchschnittlicher deutscher Haushalt verfügte im Jahr 2019 über drei Telefone, davon zwei Handys, und über zweieinhalb Computer (zum überwiegenden Anteil Laptops). Ab dem Mittelstand aufwärts steigen diese Zahlen überproportional, und damit ist rechnerisch klar, dass Familien an der unteren Einkommensgrenze kaum Geräte besitzen. Hausaufgaben oder der Zoom-Unterricht müssen dann auf einem Smartphone erledigt werden, wenn die Anschaffungsprämie von 150 Euro nicht ausreicht oder das Gerät anderweitig im Einsatz ist. Dazu kommt die räumliche Situation: Eine enge Innenstadtwohnung macht das Lernen deutlich schwerer als ein Haus in der Vorstadt oder auf dem Land, erst recht im Winter. Über Generationen hinweg verstärkte unser Ausbildungssystem die sozialen Unterschiede, die daraus resultierende Benachteiligung verschlimmerte sich in der Pandemie noch. Der einzige Ausweg führt hier über die Ausstattung der Schulen.
So wie es in Wirtschaft und Verwaltung, wie oben gesehen, notwendig ist, vom Nutzer oder der Betroffenen her zu denken, so ist es auch in Schulen. Wozu Digitalisierung hier beiträgt – übrigens über alle Schulformen hinweg –, lässt sich so zusam menfassen:
Mehr Lernfortschritt
Lernschwache Kinder und Jugendliche kommen besser mit dem Stoff zurecht und fühlen sich durch die Technologie motiviert, sich mit den Inhalten auseinanderzusetzen. Sie sind motivierter und kommen lieber in die Schule.
Besserer Unterricht
Lehrkräfte können im Unterricht besser auf die unterschiedlichen Bedürfnisse und Interessen und auch das individuelle Lerntempo ihrer Schüler eingehen – deren Lernwilligkeit vorausgesetzt.
Mehr Gerechtigkeit
Wenn alle Schüler und Schülerinnen technische Geräte und Apps nutzen können, auch zu Hause, machen wir unser Schulsystem – und unsere Gesellschaft – gerechter. Durch unseren bestehenden Lernbetrieb werden soziale Ungleichheiten eher verstärkt. Technikausstattung kann helfen, die Ausgangsbedingungen auszugleichen.
Bessere Startvoraussetzungen
Die Pandemie hat gezeigt, wie sehr nicht nur in komplexen Großorganisationen, sondern auch im Handwerk oder in der Gastronomie digitale Anwendungen die Organisation erleichtern. Alle Berufseinsteiger profitieren heute davon, wenn sie möglichst früh gelernt haben, mit Software und technischen Geräten umzugehen.
Stärkere Krisenresistenz
Sollte uns die Pandemie nicht nur ein zweites, sondern auch ein drittes Mal einholen oder es zu vergleichbaren Krisen kommen, verhindert digitale Technologie, dass der Unterricht wieder ausgesetzt werden muss.