Deutscher Jugendliteraturpreis 2021

Die Gewinner stehen fest!

22. Oktober 2021
Redaktion Börsenblatt

"Ganz Gallien ist von den Römern besetzt": Ein Lebenswerk und lesenswerte Entdeckungen, die die Jurys des Deutschen Jugendliteraturpreises als Beste für 2021 gekürt haben - hier sind sie:

Auszeichnungen der Kritikerjury

In der Sparte Bilderbuch der Kritikerjury gewann Sidney Smith: "Unsichtbar in der großen Stadt" (Aladin). Eine Bildererzählung, die ganz auf das Schauen nagelegt sei, erläuterte Übersetzerin Bernadette Ott, im Verlauf der Geschichte merkt an, wie viel Hinweise es gibt, um was es eigentlich im Buch geht. "Das Thema so offen, so in der Schwebe zu lassen, das ist wichtig für das Buch". Durch die virtuose Farbgebung und den Pinselstrich werde die Kälte geradezu fühlbar, lobte die Juryvorsitzende Karin Vach.

In der Sparte Kinderbuch der Kritikerjury ging Marianne Kaurin mit "Irgendwo ist immer Süden" (Woow Books) als Siegerin unter den sechs Nominierten hervor. Es habe sehr viel Spaß gemacht, die beiden Charaktere schreiben, weil sie unterschiedlich seien - von dieser Spannung lebe das Buch. Man müsse mehr darüber nachdenken, wie man sich in sozialen Netzwerken präsentiere, so ihr Rat. Das Buch sei ein Herzensprojekt gewesen, sie habe lange daran gearbeitet, dass der Ton des Buchs für die Altersgruppe passe, ergänzte Übersetzerin Franziska Hüther. Ein ernstes Buch, ein herzzereißendens Buch, das auch komisch sein könne, meinte Vach.

In der Sparte Jugendbuch der Kritikerjury ging an "Sibiro Haiku" von Jurga Vilè (Text) und Lina Itagaki (Illustration) bei Baobab Books, aus dem Litauischen übersetzt von Saskia Drude, als Gewinnerin hervor. Vile hatte schon einen Champagner zum Feiern gekauft, auch wenn sie nach eigenen Worten gar nicht geglaubt hatte, dass sie gewinnen würde. Ihr Vater hat erzählt von eigenen Kindheitserfahrungen. Drude übersetzt seit langem schon aus dem Litauischen, für sie war es eine Herausforderung, die Geschichte zu vermitteln, was sie ienem Nachwort tut - das Übersetzen war ein gute Zusammenarbeit, ein Teamarbeit". An dieser Graphic Novel komme man nicht vorbei, litauische Geschichte, das Leid der Deportierten, aber auch ihre Solidartät untereinander werde erfahrbar, auch durch die Kombination verschiedener Textsorten bestechte der Titel, führte Fach aus.

In der Sparte Sachbuch zeichnete die Kritikerjury den Titel "100 Kinder" von Christoph Drösser und Nora Coenenberg aus dem Gabriel Verlag aus. Es sei einfacher, die schlimmen Fakten herauszukriegen als die guten, berichtete Drösser. Dem Buch gelinge es wunderbar, die Ungerechtigkeit dieser Welt sichtbar zu machen durch das Gedankenexperiment, alles auf 100 Kinder umzurechnen, lobte die Juryvorsitzende Karin Vach.

Die Preise sind mit jeweils 10.000 Euro dotiert.

Der Siegertitel der Jugendjury

Die aus sechs Leseclubs bestehende Jugendjury zeichnete Will Hills Roman "After The Fire" (dtv Reihe Hanser) aus, der von Wolfram Ströle aus dem Englischen übersetzt wurde. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert.

Die Gewinnerin in der Sparte Sonderpreis Neue Talente

Spannung auch bei den Übersetzerinnen, bis Staatssekretärin Juliane Seifert die Siegerin verkündete: Die Übersetzerin Lena Dorn gewann den Sonderpreis Neue Talente für "Tippo und Fleck. Über Fleckenteufel und andere Kobolde" (Karl Rauch Verlag). Die Auszeichnung ist mit 10.000 Euro dotiert.

Sonderpreis Gesamtwerk Übersetzung: "Ganz Gallien ist besetzt"

Für ihr Lebenswerk wurde die Übersetzerin Gudrun Penndorf ausgezeichnet. Sie sei die meistgelesene Übersetzerin der Nachkriegszeit in Deutschland, führte Laudator Felix Pütter aus. "Wir befinden uns im Jahre 50 v.Chr. Ganz Gallien ist von den Römern besetzt" - das ist Penndorfs Übersetzung; Asterix ist seit 1968 ihr Wegbegleiter. "Sie hat Lucky Luke übersetzt, 200 Lustige Taschenbücher, sie ist ein Vorbild für Generationen von Übersetzern", so Pütter. "Ein Comic ist eine multimediale Textsorte, Bild und Text ergänzen sich, zwei rote Fäden, die sich ergänzen müssen. Sprechblasen dürften nicht verändert werden, man müsse gesprochene Sprache benutzen, aber nicht dem Zeitgeist unterliegen: "'High, Asterix, hast Du Bock auf Wildschwein?' - das geht gar nicht; eine solche Übersetzung geht schon zehn Jahre später nicht mehr."

Die mit 12.000 Euro dotierte Auszeichnung wurde erstmals an eine Comic-Übersetzerin verliehen.

"Dieser Preis bietet Orientierung"

Die Schwachen stützen und alles tun, damit es nicht eine Zweiklassengesellschaft wird - das war der Appell des AKJ-Vorsitzenden Ralf Schweikart, der an die wachsende Zahl von Nichtlesern erinnert, die die Pandemiezeit nicht zum Lesen genutzt haben. Beim Lesen habe sich die Lesekompetenz bei Grundschülern um 13 Prozent, verschlechtert, zitierte Schweikart aus einer aktuellen Studie. Viele versuchten, dem mit einer engagierten Leseförderung entgegenzuwirken.

Lesen sei eine besten Beschäftigngen überhaupt, "sie bringt zum Nachdenken, wie wir die Welt sehen, welche Werte wir haben", schloss Börsenvereinsvorsteherin Karin Schmidt-Friderichs. an. "Menschen für Bücher zu begeistern, ist seit je das Ziel unserer Bracnhe, unabdingabr für einen Dialog, den unsere Gesellschaft dringend braucht".. Junge Menschen brauchten Orientierung und kaum etwas bringe so viel Orientierung wie die Titel des Deutschen Jugendliteraturpreises. "Ohne diesen Preis ist die Buchmesse nicht komplett", meinte Buchmesse-Direktor Juergen Boos. Die Branche treffe sich hier wieder, gerade in den vergangenen Monaten seien Kinder- und Jugendbücher wichtiger geworden, die im Lizenzverkauf eine starke Rolle spielen - 240 Kinder- und Jugendbuchverlage sind auf der diesjährigen Buchmesse anwesend.

Bundesministerin Christine Lambrecht steckt derzeit noch mitten in den Koalitionsverhandlungen - sie entsandte ihre Staatssekretärin Juliane Seifert nach Frankfurt am Main. Der Jugendliteraturpreis sei ein besonderer Preis, der im Bundesjugendministerium besondere Aufmerksamkeit genieße, sagte Seifert. Woran man deutlich merkte, dass die Pandemie noch nicht vorbei ist: Die Gewinner mussten ihre "Momo"-Figur selbst abholen und sich dann auf gewohnte große Sofa setzen - so wenig Kontakt wie möglich.