Jürgen Klopp hat mit dem FC Liverpool seit 30 Jahren erstmals wieder die englische Meisterschaft gewonnen. Bereits zwei Monate vorher, am 28. April, war ein anderer deutscher Fußballtrainer Meister in Frankreich geworden: Thomas Tuchel wurde mit Paris St. German nach dem durch das Coronavirus erzwungenen Abbruch der Ligue 1 die Meisterschaft zugesprochen.
Beide Trainer hatten ähnliche Ausgangsstationen. Sowohl Jürgen Klopp als auch Thomas Tuchel waren unerwartet als Trainer bei Mainz 05 von Manager Heidel ausgewählt worden und wechselten danach zu Borussia Dortmund. Damit endeten die Gemeinsamkeiten. Während Klopp noch heute sowohl in Mainz als auch in Dortmund bei den Fans unvergessen und sehr beliebt ist, schlägt der Pegel auf der Beliebtheitsskala bei dem auch sehr erfolgreichen Trainer Tuchel nicht unbedingt nach oben aus. Es heißt auch, dass Thomas Tuchel nach Frankreich zu Paris St. Germain gewechselt ist, damit er in der Premier League nicht wieder mit Jürgen Klopp verglichen wird. Und während in England schon die Rede davon ist, Jürgen Klopp aufgrund seines Erfolges mit Liverpool ein Denkmal zu bauen, bewundern die Franzosen bei Tuchel die guten Französischkenntnisse.
Die beiden Autoren und Sportredakteure Daniel Meuren und Tobias Schächter kennen Thomas Tuchel seit seiner Mainzer Zeit und haben jetzt eine Biografie geschrieben, die interessante Einblicke in das Leben des teilweise als sehr schwierig empfundenen Erfolgstrainers gibt.
Tuchel spielte in seiner Jugend u. a. mit Fredi Bobic beim VFB Stuttgart. Mit dem SSV Ulm trainierte er unter Ralf Rangnick, musste seine Fußballerkarriere aber aufgrund einer Knorpelverletzung aufgeben. Rangnick war es, der Tuchel dann als Assistenztrainer der U15 beim VFB Stuttgart empfahl und Tuchels Trainerkarriere ins Rollen brachte.
Bei Mainz 05 ernannte Manager Heidel den als Jugendtrainer erfolgreichen Tuchel überraschend zum Cheftrainer. Tuchel baute Mainz 05 wieder zu einer erfolgreichen Mannschaft auf. Allerdings kam er nicht bei allen Spielern gut an, da einige meinten, dass er ihm nicht genehme Spieler aufs Abstellgleis stellte. Nach fünf Jahren beendete er den Vertrag mit Mainz 05. Nach einer einjährigen Auszeit wurde er von Borussia Dortmund eingestellt. Auch hier schaffte er – als Klopps Nachfolger – zwei erfolgreiche Saisons und im zweiten Jahr den Pokalerfolg. Aber die Chemie zwischen Chefetage, Spielern und ihm stimmte nicht und nach zwei Jahren endete auch diese Episode. Wieder kam es zu einer Auszeit, die der ehrgeizige Tuchel zu seiner eignen Weiterentwicklung nutzte. Der mittlerweile als Asket, aber auch einer der besten Trainer angesehene Tuchel erhielt viele Angebote und entschied sich 2018 für Paris St. Germain. Zweimal wurde er bereits französischer Meister, aber die Vereinsführung wartet noch auf den Sieg der Champions League.
Die Autoren schaffen es, durch verschiedene Erzählstränge und Sprünge in der Chronologie eine spannende Lebensgeschichte aufzubauen. Dazu gehören Geschichten wie die Motivationstour der Mainz 05-Spieler auf die Berge, die Arbeit von Sandro Schwarz und Julian Nagelsmann unter Tuchel, die schwierige Zusammenarbeit mit den Superstars Neymar und Mbappé. Die sehr erfolgreiche Trainingsarbeit wird genauso deutlich dargestellt wie die komplizierte Persönlichkeit Tuchels. Spieler und andere Weggefährten kommen zu Wort. Einige der erfolgreichen Spiele aber auch Niederlagen, die Tuchel mit seinen Mannschaften erlebt hat, vervollständigen das Bild.
Es ist das Bild eines der größten Trainertalente, der sich aufgrund seiner unbeugsamen Haltung selbst im Wege steht. Aber die Autoren verweisen auf das Beispiel von Jupp Heynckes: Tuchel sei noch jung und könne noch zu einer ausgeglichenen Führungsfigur reifen. Daher gehört er bei den großen Vereinen auch aktuell zu den begehrtesten Trainern.
Bibliografie
Daniel Meuren Tobias Schächter:
Thomas Tuchel. Die Biografie
Verlag Die Werkstatt
19,90 Euro, 192 Seiten
ISBN 9783730704669