Literaturnobelpreis für Abdulrazak Gurnah

"Dass es von dem Autor nichts gibt: Das stimmt so nicht!"

12. Oktober 2021
Redaktion Börsenblatt

Fragt die Kundschaft nach den Büchern von Literaturnobelpreisträger Abdulrazak Gurnah? Und hofft der Buchhandel darauf, dass seine Werke in deutscher Übersetzung bald (wieder) lieferbar sind? Einschätzungen aus dem Sortiment.

Wir haben es geschafft, einen englischsprachigen Titel in nennenswerter Anzahl zu besorgen.

Michael Lemling, Buchhandlung Lehmkuhl, München:

"Wir waren nach der Verkündung des Literaturnobelpreisträgers zunächst einmal überrascht und mussten aufmerksam zuhören und danach recherchieren. Die Enttäuschung war groß, als klar war, dass deutsche Übersetzungen im Moment nicht lieferbar sind. Wir haben es aber geschafft, einen englischsprachigen Titel in nennenswerter Anzahl zu besorgen. Die Nachfrage kam direkt mit der Verkündung und hält auch nach wie vor an. Da gibt es eine große Aufmerksamkeit für den Preisträger und sein Werk. Wir hoffen jetzt, dass Verlage wie Fischer oder Berlin Verlag jetzt so schnell wie möglich deutsche Übersetzungen drucken lassen."

Die Werke des Autors sind auch auf Englisch gut lesbar.

Katrin Schmidt, Buchhandlung Lesezeichen, Germering:

„Die Nachfrage ist im Moment noch etwas verhalten, was auch an der undifferenzierten Berichterstattung in den Medien liegt. Dort wurde behauptet, dass es gar nichts vom Autor gibt. Das stimmt so nicht, wir verweisen in unserem Online-Shop auf die englischsprachigen E-Books, die man kaufen kann. Wir hatten auch noch einige wenige englischsprachige Ausgaben im Geschäft, die sich direkt unsere Stadtbibliothek gesichert hat. Ich bin mir sicher, dass die Nachfrage steigt, sobald es deutsche Übersetzungen gibt. Der Autor ist auch auf Englisch gut lesbar und sein jüngstes Werk behandelt eine deutsch-afrikanische Geschichte.“

Die Kunden sind neugierig!

Rudolf Müller, Müller und Böhm, Düsseldorf:

"Das Interesse ist ähnlich wie bei anderen Literaturnobelpreisträgern vorhanden. Die Kunden sind neugierig, wer das ist. Und es ist auch spannend, gerade bei der anhaltenden Debatte über Kolonialismus etwas aus einem Land wie Sansibar zu lesen. Allerdings ist aktuell weder in Englisch noch in Deutsch ein Buch vom Preisträger zu bekommen. E-Books führen wir nicht, das wäre auch keine Option für uns. Jetzt hoffen wir darauf, dass der eine oder andere Verlag in den Startlöchern steht, um die deutschen Übersetzungen zu veröffentlichen. Wir hatten in unserem alten Geschäft, wie ein Blick in die Warenwirtschaft gezeigt hat, drei Bücher vom Autor. Die sind aber schon lange weg.“

Auf die deutschen Übersetzungen müssen wir wohl noch warten.

Johannes Steinhöfel, Eckermann Buchhandlung, Weimar:

„Direkt nach der Bekanntgabe des Literaturnobelpreisträgers gab es einige Nachfragen, inzwischen ist das Interesse aber wieder abgeflaut. Wir haben noch während des Livestreams versucht, englischsprachige Titel zu ordern, hatten aber keine Chance. Die Bücher werden, wenn sie zumindest englischsprachig wieder lieferbar sind, durchaus gekauft werden. Aber es wird keinen Run geben wie bei Herta Müller. Auf E-Books setzen wir nicht unbedingt, da dort die Margen einfach zu gering sind. Bei den deutschen Übersetzungen müssen wir wohl noch warten, da werden vermutlich nur die neueren Titel des Preisträgers gefragt sein. Und die müssen erst mal übersetzt werden.“

Ich war, wie viele andere, sehr überrascht.

Natalia Lublina, Der Zauberberg, Berlin:

„Wir hatten bislang einen einzigen Kunden, der nach einer englischsprachigen Ausgabe nachgefragt hat. Ansonsten ist der Literaturnobelpreis bei uns derzeit noch kein Thema. Ich kannte den Autor bislang auch noch nicht und war, wie viele andere, sehr überrascht. Durch einen langen Artikel in der FAZ konnte ich mich aber inzwischen informieren und auf Stand bringen. Ich hoffe, dass bald wieder Bücher vom Preisträger lieferbar sein werden, rechne aber nicht wirklich damit. Das wird wohl noch sehr lange dauern.“