Diskussion um Streitschrift von Pauline Harmange

Darf man zum Männerhass aufrufen?

5. Oktober 2020
Sabine van Endert

"Ich hasse Männer" von Pauline Harmange hat in Frankreich für Empörung gesorgt und sollte vom Markt genommen werden. Im November erscheint der Essay bei Rowohlt - und bleibt nicht unbeachtet. Wie hätte der Verlag wohl auf "eine Anleitung zum Frauenhass" reagiert", fragte etwa in der vergangenen Woche der "Spiegel".

"Moi les hommes, je les déteste" der Bloggerin Pauline Harmange (25) erschien zunächst in kleiner Auflage in einem kleinen Verlag, im Oktober soll es bei Seuil erscheinen. Erheblichen Anteil daran dürfte Ralph Zurmély gehabt haben, Mitarbeiter des französischen Ministeriums für Gleichstellung. Er forderte, das Buch müsse umgehend vom Markt genommen werden, setzte sich aber nicht durch. Im November erscheint ihr Buch aus dem Französischen übersetzt von Nicola Denis bei Rowohlt. 

"Konjunkur hat kämpferischer Feminismus derzeit allemal. Bleibt die Frage: Wie hätten die beiden Verlage wohl auf eine Anleitung zum Frauenhass reagiert?", schreibt der "Spiegel" ohne näher auf Harmanges Buch einzugehen. 

Harmange stört sich vor allem an der anhaltenden Trägheit der Männer, sich für die Interessenskämpfe der Frauen einzusetzen. Ihre Macht zu hinterfragen, werde mit Misandrie, also Männerfeindlichkeit, gleichgesetzt. Im Gegensatz zur Misogynie, also Frauen entgegengebrachter Verachtung, Geringschätzung, Frauenfeindlichkeit, sieht die Autorin in der Misandrie keine Gefahr, sondern eine mögliche heilsame Daseinsform für Frauen. Wobei Harmange Misandrie definiert als "negatives Gefühl" in Bezug auf die Gesamtheit der Männer. 

Applaus bekommt sie dafür nicht. "Diese Argumentation ist selbstverständlich nicht strafbar, und wer nur mit Frauen leben will, soll das tun. Wer aber meint, mit platten Pauschalisierungen den Feminismus voranzubringen, muss den Kontakt zur Realität verloren haben", urteilt Claudia Mäder in der "NZZ"

"Misandrie und Misogynie sind eben nicht miteinander zu vergleichen"

Harmange appelliere "offenherzig, provokativ und nicht ohne Witz" an alle Frauen, "sich nicht mehr darum zu scheren, was eine männerdominierte Umwelt ihnen entgegenbringt", heißt es im Klappentext zum Buch bei Rowohlt. Ihr Buch sei eine Aufforderung zum Umdenken: "Frauen sollten das Recht haben, Männer abzulehnen und ihnen misstrauisch zu begegnen." Denn dieser Perspektivwechsel könne "ein emanzipatorischer und freudvoller Umgang mit einer Welt sein, die noch immer von Ungleichheiten in den Geschlechterbeziehungen geprägt ist". 

Bei Rowohlt freut man sich schon auf die Debatte. "Aufsehenerregend und beinahe ironisch, dass da ein französischer Regierungsmitarbeiter die wütende, ausnahmsweise nicht nivellierende Schrift einer Autorin verbieten wollte. Und es bleibt spannend, wenn sich auch hierzulande abzeichnet, dass über die Tatsache, dass Misandrie und Misogynie eben nicht miteinander zu vergleichen sind, noch mal gesprochen werden muss. Wenn ein Buch vermag, eine solche Debatte anzustoßen, kann das nur gut sein", so Rowohlt-Lektorin Ricarda Saul in einem Statement für das Börsenblatt.