Cornelia Funke für ihr Gesamtwerk ausgezeichnet
Live aus dem Berliner Grips Theater wurden die Gewinner des Deutschen Jugendliteraturpreises bekanntgeben. Den Preis für das literarische Gesamtwerk erhielt Cornelia Funke.
Live aus dem Berliner Grips Theater wurden die Gewinner des Deutschen Jugendliteraturpreises bekanntgeben. Den Preis für das literarische Gesamtwerk erhielt Cornelia Funke.
Nicht im Saal Harmonie des Frankfurter Congress Centrums wie gewohnt, sondern im Berliner Grips Theater wurde diesmal der Deutsche Jugendliteraturpreis verliehen: Die aktuellen Hygiene- und Abstandsregeln hatten die Verlagerung erfordert. Wie wichtig gerade Bücher für junge Menschen sind, darauf wies Bundesfamilienministerin Franziska Giffey als Stifterin des Preises hin: "Vielen Menschen haben Bücher geholfen, über die Pandemie-Zeit zu kommen."
"Während die Politik mit Bazooka und großem 'Wumms' die Wirtschaft unterstützt, kommt bei vielen Kulturschaffenden nur ein kleiner 'Plopp' an. Aber Autoren und Autorinnen, Illustratoren und Illustratorinnen leben nicht nur allein von ihren Buchveröffentlichungen, sondern zum großen Teil von Lesereisen, Workshops und Vorträgen", erinnerte Ralf Schweikart, der Vorsitzende des Arbeitskreises für Jugendliteratur, der den Jugendliteraturpreis ausrichtet. Seit März sei das nicht mehr möglich gewesen: "Keine Veranstaltungen bedeuten auch: keine Einnahmen." Nun fänden wieder einige Veranstaltungen statt, aber vieles sei ungewiss: "Wenn wir also kein Kinderbuchpräkariat heraufbeschwören wollen, müssen wir jetzt gemeinsame Lösungen finden." Schweikart forderte ein bundesweites Vorgehen, denn "Kinderliteratur ist auch systemrelevant. Wenn wir es jetzt nicht schaffen, die Lebensgrundlage all derer zu sichern, die die Kinderliteratur so bunt und vielfältig machen, dann erleben wir einen schmerzhaften Rückschritt – auf dem Rücken der nachwachsenden Leser und Leserinnen."
Zügig ging es zur ersten Preisverkündung: In der Sparte Bilderbuch gewann "Dreieck Quadrat Kreis" von Mac Barnett und Jon Klassen (NordSüd). Der Kreis sei in den englischen Geschichten weiblich - das sei nicht ganz einfach zu übersetzen, merkte Übersetzer Thomas Bodmer an. "Uns hat überzeugt, wie mit ganz reduzierten Mitteln eine ganze Welt erschaffen werden kann, das motiviert zum genauen Hinschauen, zum Weitererzählen – ein sehr erkenntnisreicher Spaß", so der Vorsitzende der Kritikerjury, Jan Standke.
In der Sparte Kinderbuch hat in diesem Jahr Will Gmehlings "Freibad. Ein ganzer Sommer unter dem Himmel" (Peter Hammer) gewonnen – dem Autor war die Freude sichtlich anzumerken. Er warb um Unterstützung für die Leseförderung – und augenzwinkernd für günstigere Freibadtickets. "Der Blick auf das Alltägliche macht das Buch so besonders", urteilte Jan Standke. "Gmehling erzählt mit viel Humor über eine Familie, die nicht viel Geld hat, aber zusammenhält – die Jury war sich einig, dass wir schon lange nicht mehr ein so positives Familienbild gesehen haben."
In der Sparte Jugendbuch hat Dita Zipfels "Wie der Wahnsinn mir die Welt erklärte" (Hanser) das Rennen gemacht. Die zugeschaltete Gewinnerin kämpfte wie manche andere auch mit dem Ton, dazu war gleich auch noch ihr kleiner Sohn im Bild, der nicht nur Moderatorin Vivian Perkovic sichtlich bezauberte. "Selten wird das Erwachsenwerden so witzig beschrieben wie hier, Dita Zipfel erzählt meisterlich und mit großer Direktheit über die Jugendlichen; mit den Illustrationen von Rán Flygenring entsteht ein Gesamtkunstwerk, das man öfter lesen kann", so der Juryvorsitzende.
In der Sparte Sachbuch ist David Böhms "A wie Antarktis – Ansichten vom anderen Ende der Welt" (Karl Rauch Verlag) der Siegertitel. "Hier stimmt inhaltlich und ästhetisch alles, Fakten aus Politik, Geographie und Geschichte werden so anregend vermittelt, dass man das Buch gar nicht aus der Hand legen möchte – ein Entdeckerbuch für ganz kleine Leser und zum immer wieder in die Hand nehmen für die größeren", so Jan Standke.
Bei den Buchvorstellungen der sechs Jugendjurys wurden die vielen Möglichkeiten des Digitalen ausgespielt. Anders als die eingeschränkten Varianten des Bekannten auf der Bühne machten die Videobeiträge doppelt neugierig - hier war die Medienkompetenz deutlich zu spüren. Die Jugendjurys entschieden sich für Sarah Crossans außergewöhnlichen Versroman "Wer ist Edward Moon?" (Mixtvision).
Eine dritte Jury, die Sonderjury "Neue Talente", stand unter dem Vorsitz von Katrin von Papp-Riethmüller von der Osianderschen Buchhandlung. Die Jury entschied sich für Rieke Patwardhans "Forschungsgruppe Erbsensuppe oder wie wir Omas großem Geheimnis auf die Spur kamen" (Knesebeck). "Das Buch hat unheimlich viel Humor, es liest sich mit Leichtigkeit, greift aber die Themen Flucht und Migration gut auf", so die Buchhändlerin.
Den Sonderpreis für das Gesamtwerk als Autorin wurde Cornelia Funke zuerkannt, die live aus den USA zugeschaltet war. "Was immer sie schreibt, stößt auf unglaublich große und positive Resonanz", sagte von Papp-Riethmüller. "Die krummen Wege sind eigentlich die richtigen Wege", meinte Funke, die nicht nur schreibt, sondern auch illustriert. "Meine Illustrationen waren der erste Schritt, Geschichten zu erzählen. Und weil ich nicht die Geschichten bekam, die ich illustrieren wollte, bin ich zum Schreiben gekommen", verriet Funke. Eine Laudatio gab es nicht, vielmehr hatte Perkovic zuvor in einem Ratespiel von von Papp-Riethmüller versucht, Informationen "über die gesuchte Person" zu bekommen - die Zuschauer konnten mitraten. Überhaupt war die Preisverleihung deutlich kürzer als sonst, was jedoch keineswegs schadete – im Gegenteil: eine unterhaltsame Veranstaltung.