„Langsam geht bei BookTok nicht“

Wir sind zu fünft im Social Media-Team, dazu kommen drei weitere Leute, die sich um Statistik, Technik usw. kümmern.

Trends aufspüren, auch privat gern bei TikTok unterwegs sein und möglichst keine Scheu vor der Kamera haben. Um bei TikTok erfolgreich zu sein, muss man spontan und schnell sein, Perfektionismus ist eher hinderlich.

Ein Großteil der Videos gehen über meinen Schreibtisch. Sehr selten, wenn ich mir unsicher bin, halte ich Rücksprache mit meiner Chefin Rita Bollig, die das Gesamtmarketing bei dtv leitet. Ich freue mich sehr über das Vertrauen. 

Jeden Morgen checke ich als erstes unsere Kanäle, was ist wo wie gelaufen, wie werden unsere Beiträge diskutiert, wie ist die Stimmung und an welchen Stellen müssen wir in besonderer Weise reagieren. Dann werden Kampagnen geplant oder ich bin in abteilungsübergreifenden Meetings. Die Videos entstehen in der Regel erst ab 15 Uhr.

Instagram spielt eine große Rolle, da kommt das gesamte dtv-Programm zum Tragen, inklusive Sachbuch. Auch Facebook ist nicht zu unterschätzen, denn dort erreichen wir eine große Zielgruppe, bei Youtube spielen wir die BookTok-Videos aus, auf Pinterest posten wir umfassendere Kampagnen und bei LinkedIn sind wir auch dabei. 

Mindestens einmal pro Tag, sonst sieht man keine Erfolge. Manche Expert:innen empfehlen auch, zumindest zum Start in den ersten drei Monaten drei Videos pro Tag zu posten. Das würden wir aber nicht schaffen. Wir laden ein bis zwei Video pro Tag hoch – außer am Wochenende, da funktioniert es manchmal nicht. 

Wir haben bei dtv einen Social-Medial-Raum, der wie ein Wohnzimmer eingerichtet ist. Die meisten Videos entstehen dort. Aber drehen lässt sich überall, das ist auch gut so. Eines unserer erfolgreichsten Videos mit über 100.000 Aufrufen ist Weihnachten zwischen Pappkartons beim Umzug meiner Eltern in der Schweiz entstanden. Eine gute Handykamera und etwas Licht, mehr braucht man nicht.

Die Frage lässt sich nicht so einfach beantworten, es kommt auch darauf an, ob es sich um ein kostenpflichtiges Kampagnenvideo handelt oder eben nicht. Immer gut laufen die Videos zu unseren Starautorinnen Rebecca Yarros oder Colleen Hoover, Buchempfehlungen zu unbekannteren Autorinnen laufen weniger gut, damit erreichen wir etwa 2.000 Aufrufe. 

Langsamkeit. Man muss schnell auf Trends reagieren, rechts und links gucken. Alles, was Taylor Swift macht, wird z.B. Trend. Oder wenn Beyoncé plötzlich Country singt. Einen unglaublichen Trend hat auch der Film „Saltburn“ ausgelöst – wir haben direkt mit einem Video darauf reagiert. Was allerdings zu unserem Leidwesen nicht immer funktioniert sind Bücher, die in USA / GB trenden mit derselben Erwartung nach Deutschland zu holen.

Bewegung ist gefragt, schnelle Schnitte, z.B. die Aufnahme schon starten, bevor das Handy das Gesicht erreicht. Generell gilt: nicht zu perfekt sein wollen, natürlich und ungekünstelt vor der Kamera agieren.

Hauptzielgruppe sind die 18- bis 25-Jährigen, an zweiter Stelle stehen 30- bis 40-Jährige. Inhaltlich differenzieren wir nicht, in beiden Gruppen werden dieselben Bücher gelesen.

Wir sprechen die gefragten Creatorinnen gezielt an. Allerdings liegen die Honorare für ein Video zwischen 200 und bis zu 10.000 Euro, im Durchschnitt sind es etwa 3.000 Euro. Wir merken, dass bezahlter Content teurer wird, aber man kann auch immer noch mit kleinem Budget viel auf BookTok erreichen. Entscheidend ist der Content. Wir haben bei dtv auch einfach das Glück, dass wir die angesagten Autorinnen und eine treue, buchbegeisterte Community haben.

Eine Hauptrolle! Unsere Volontärin beantwortet alle Community-Anfragen – und das sind viele. Reagiert wird meistens ungefiltert, positiv wie negativ. Man muss damit umgehen können, wenn Nutzerinnen zum Beispiel schreiben, bei dtv würden sie nie wieder ein Buch kaufen. Wir erfahren von der Community viel Liebe, aber manchmal eben auch Ablehnung. Wir versuchen, negative Posts positiv zu wenden, indem wir die Leserinnen bei Gestaltungsfragen und Cover mitentscheiden lassen.

Die Rückmeldungen haben mittlerweile ein Gewicht im Verlag. Ich fungiere als Bindeglied zwischen der Community und dem Verlag und dränge auch darauf, die Wünsche der Leserinnen ernst zu nehmen und darauf einzugehen. Das ist aber nicht immer einfach, schließlich braucht man dann zwei Entwürfe eines Farbschnitts oder eines Covers, mit denen man leben kann.

Ich lese viele der Bücher, das ist für mich gute Unterhaltung. Die Inhalte sind allerdings nicht so entscheidend für mein Leben, wie für viele jüngere Leserinnen.

Wir sehen natürlich auch die Missstände wie Cybermobbing, Hassreden, Fake News usw. und spielen die Kritik nicht herunter. BookTok ist aber eine zugwandte Community, die uns und der Buchbranche auch ein Stück weit neuen Schwung gegeben hat.

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