Supreme Court schwächt Position der Urheber

Kanadische Verlage fühlen sich im Stich gelassen

4. August 2021
Redaktion Börsenblatt

Eine aktuelle Copyright-Entscheidung des kanadischen Supreme Court in Ottawa hat in Verlagskreisen Unverständnis und Enttäuschung ausgelöst. Man fühle sich vom Gesetzgeber im Stich gelassen.

Wie "Publishing Perspectives" schreibt, versetze der Urteilsspruch vom 30. Juli der kanadischen Verlagswirtschaft im lang anhaltenden Streit um Urheberrecht und faire Nutzung von Inhalten ("fair use") in Bildungseinrichtungen einen weiteren Schlag. Die Richter entschieden, dass eine Verwertungsgesellschaft nicht ermächtigt sei, Vergütungszahlungen für urheberrechtlich geschützte Inhalte einzufordern, wenn der Nutzer sich nicht an die dafür erhobenen Tarife gebunden fühle.

Das kanadische Urheberrecht, der 2012 novellierte (und heftig umstrittene) Copyright Act, hat zwar zur Einrichtung eines Copyright Board geführt, das Vergütungstarife für urheberrechtlich relevante Nutzungen festsetzt – eine Ermächtigungsgrundlage für Verwertungsgesellschaften (wie Access Copyright für englischsprachige Publikationen), die Vergütungszahlungen auch einziehen zu dürfen, fehlt aber offenkundig im Regelwerk. Jedenfalls urteilte der Supreme Court, das die vom Copyright Board beschlossenen Tarife "nicht bindend" seien.

Auf dem Wege des Berufungsverfahrens hatten die York University in Toronto und die Verwertungsgesellschaft Access Copyright vor dem höchsten kanadischen Gericht geklagt, um eine Durchsetzung ihrer jeweiligen Ansprüche zu erreichen. Die juristische Auseinandersetzung um "Fair use" und Nutzungsvergütung hält die Verlagsszene bereits seit Jahren in Atem – nun scheint ein neuer Tiefpunkt erreicht zu sein. Der kanadische Verlegerverband (Association of Canadian Publishers), so "Publishing Perspectives", habe daher immer schon von einem "brüchigen Copyright-Regelwerk" gesprochen, das eine Hängepartie zwischen Bildungseinrichtungen und Verlagen ausgelöst habe.

In einer Stellungnahme des Verlegerverbands heißt es nun, "das Urteil weist die Berufungen beider Parteien zurück und lässt die frühere Entscheidung des Gerichts, dass vom Copyright Board bestätigte Tarife nicht durchsetzbar sind, bestehen".

Kate Edwards, Geschäftsführerin des Verlegerverbands, beklagt, dass man sich nach fast einem Jahrzehnt Rechtsstreit mit einer größeren Unsicherheit konfrontiert sehe als nach der Novellierung des Urheberrechts 2012. Die Verlage könnten aber den Markt nicht allein wieder in Ordnung bringen. Man brauche nun entschiedene Führung von Regierungsseite, um die "Fair-Use"-Regeln zu klären und sicherzustellen, dass allen Rechteinhabern effektive Mechanismen zur Durchsetzung des Urheberrechts zur Verfügung stünden.

Wie berechtigt die Sorgen der kanadischen Verlegerinnen und Verleger sind, zeigt ein weiterer Passus des Verbandsschreibens, aus dem "Publishing Perspectives" zitiert: "Die Ergänzungen, die in das Urheberrecht (Copyright Act) 2012 eingefügt wurden, haben die Tür zu massenhaftem und systematischen Kopieren durch Bildungseinrichtungen im Schul- und Hochschulbereich geöffnet. Das nicht vergütete Kopieren jenseits der gesetzlichen Grenzen des Fair Use, wie es durch das Copyright Board festgelegt worden ist, übersteigt den Betrag von 150 Millionen kanadische Dollar (rund 100 Millionen Euro)."

Den Artikel von "Publishing-Perspectives"-Chefredakteur Porter Anderson finden Sie hier.