Wieso löst Glausers Wachtmeister Studer den Fall in Ihrem Roman – ohne Maigret?
Es gibt einen banalen Grund: weil alle Figuren Simenons geschützt sind. Dass Maigret in meiner Geschichte nicht auftreten durfte, passte aber ins Setting des Romans, denn Simenon hatte seinen Kommissar Maigret bereits 1934 in den einstweiligen Ruhestand verabschiedet. Stattdessen habe ich meinen fiktiven Simenon dann die Figur der Amélie Morel erfinden lassen, eine Krankenschwester mit Ermittlerinstinkt. Für Glauser hingegen war 1937 ein Erfolgsjahr, zwei Studer-Romane waren bereits erschienen, während er in diesem Jahr gleichzeitig an drei weiteren arbeitete.
Verteilen sich Ihre Sympathien auf beide Autoren gleichermaßen?
Ich habe beide gleich lieb! sagen Eltern, wenn man sie nach ihrem Lieblingskind fragt …Simenon ist ein Phänomen, allein wegen seiner Produktivität – und das immer in hoher Qualität. Bei Glauser spürt man auch heute noch das Ringen des Autors mit dem Schreiben. Die Glauser-Texte sind sperriger, die Simenon-Romane wirken glatter.
Das Buch ist auch ein Meta-Krimi: ein Crash-Kurs über das Krimischreiben, zumindest aus der damaligen Perspektive. Was können heutige Autorinnen und Autoren davon mitnehmen?
Nicht nur Autorinnen und Autoren. Mir ging es darum, dem Lesepublikum Einblicke zu verschaffen, was hinter dem Schreiben eines Krimis steht, welche Probleme sich stellen. Man arbeitet als Krimiautorin immer auf zwei Ebenen: Einmal geht es darum, die Geschichte des Verbrechens mit Figuren, Hintergründen, Motiven und zeitlichem Ablauf zu entwerfen. Zweitens dann die Dramaturgie der Ermittlung und Auflösung zu bestimmen, die einer andern Erzähllogik folgt. Nach diesem Buch kann ich sagen, dass mein Respekt vor Krimi-Autoren und -Autorinnen sehr gewachsen ist!