Suhrkamp trauert

Friederike Mayröcker ist tot

4. Juni 2021
Redaktion Börsenblatt

Friederike Mayröcker ist heute, am 4. Juni, im Alter von 96 Jahren in Wien verstorben, wie der Suhrkamp Verlag mitteilt.

Friederike Mayröcker war eine Vertreterin der Generation experimenteller Poet*innen, die nach dem 2. Weltkrieg (vor allem in den 1960er und 1970er Jahren) einen großen Einfluss auf Dichtung und Literatur ausübten. Dazu gehörten ihr Lebensgefährte Ernst Jandl, H.C. Artmann, Gerhard Rühm und zahlreiche weitere Autor*innen. Ihr etwa 100 Titel umfassendes Werk, darunter Gedichte, Collagen und Romane, erschien zum allergrößten Teil in ihrem Hausverlag Suhrkamp. Zuletzt kam 2020 der Band "da ich morgens und moosgrün. Ans Fenster trete" (Suhrkamp) heraus, der auf der Belletristik-Shortlist des Leipziger Buchpreises 2021 stand. 

Der Suhrkamp Verlag hat auf seiner Website folgende Biografie veröffentlicht: "Friederike Mayröcker wurde am 20. Dezember 1924 in Wien geboren. Sie besuchte zunächst die Private Volksschule, ging dann auf die Hauptschule und besuchte schließlich die kaufmännische Wirtschaftsschule. Die Sommermonate verbrachte sie bis zu ihrem 11. Lebensjahr stets in Deinzendorf, welche einen nachhaltigen Eindruck bei ihr hinterließen. Nach der Matura legte sie die Staatsprüfung auf Englisch ab und arbeitete zwischen 1946 bis 1969 als Englischlehrerin an verschiedenen Wiener Hauptschulen. Bereits 1939 begann sie mit ersten literarischen Arbeiten, sieben Jahre später folgten kleinere Veröffentlichungen von Gedichten.

Im Jahre 1954 lernte sie Ernst Jandl kennen, mit dem sie zunächst eine enge Freundschaft verbindet, später wird sie zu seiner Lebensgefährtin. Nach ersten Gedichtveröffentlichungen in der Wiener Avantgarde-Zeitschrift "Plan" erfolgte 1956 ihre erste Buchveröffentlichung. Seitdem folgten Lyrik und Prosa, Erzählungen und Hörspiele, Kinderbücher und Bühnentexte."

"Sie prägte Generationen von Schreibenden"

Friederike Mayröcker war seit 1993 Mitglied der Akademie der Künste in Berlin. In einer Mitteilung der Akadamie sagt Kathrin Röggla, Schriftstellerin und Vizepräsidentin der Akademie der Künste: "Mit Friederike Mayröcker verlieren wir eine literarische Größe, die uns stets zeigte, dass experimenteller Furor und unbestechliche Haltung sich mit Zugeneigtheit, Zartheit, Empfindsamkeit vereinen lassen. Viel hat sie erkannt und erkundet, nach innen und nach außen blickend, ihre Fähigkeit des Erstaunens hat sich stets auf die Lesenden übertragen und sie verwandelt. Sie prägte Generationen von Schreibenden und hörte nie auf, ein dichtes Netzwerk an künstlerischen Korrespondenzen zu weben. Trösten können wir uns mit dem unglaublich großen und vielgestaltigen Werk, das nicht aufhören wird, uns zu bewegen."