Wenn sich Verlage primär als Gralshüter inszenieren, die sich der Content-Schwemme unserer Zeit heroisch entgegenstemmen und das Tor zur Öffentlichkeit bewachen, verkennen sie die Signatur dieser Zeit – und ihren Markt. Für den ist es nicht so wichtig, mit welchem "Content-Schrott" er geflutet wird – obwohl es den natürlich gibt. Viel wichtiger ist, dass Internet, Social Media, Print-on-Demand und natürlich KI es ermöglichen, Inhalte von höchster Qualität in kürzester Zeit im gewünschten Format und zu dem Preis bereitzustellen, den Kundinnen dafür zu zahlen bereit sind. Und der Clou ist: Das kann jeder tun, der sich dieser Technologien zu bedienen weiß.
Daher mein Vorschlag: Gehen Sie davon aus, dass viele Selfpublisher und auch Wattpad richtig gute Texte publizieren. Rechnen Sie damit, dass KI-generierte Ratgeber bald für viele Kunden hilfreich sein werden, ohne dabei gegen Urheberrecht zu verstoßen. Und wenn Sie sich dann fragen, womit Sie als Verlag erfolgreich bleiben können, wird "Gatekeeping" vermutlich nicht die überzeugendste Antwort sein. Vielmehr werden Sie von der Qualität Ihrer Bücher angesichts des neuen Wettbewerbs durch KI-Inhalte leidenschaftlich überzeugen, ein ganz besonderes Vertrauen in Ihre Autorinnen, Ihren Verlag und die Branche insgesamt herstellen müssen. Und Sie werden dabei, so meine These, erfolgreicher sein, wenn Sie diese Kommunikation als Einladung gestalten – und eben nicht im grimmigen Duktus gatekeepernder Warnhinweise. Zumal Sie sich einen Hinweis wie "KI-frei" ziemlich bald selbst nicht mehr glauben würden.