Nachruf auf Marianne Fricke

Du fehlst

21. September 2022
von Hans Freiwald

Marianne Fricke ist im Alter von 78 Jahren gestorben. Hans Freiwald erinnert an eine herausragende Buchhändlerin, mit der man zielbewusst arbeiten, aber auch herzhaft lachen konnte.

Marianne Fricke: Die langjährige Inhaberin der Buchhandlung Steuber in Wolfenbüttel war von 1992 bis 1994 stellvertretende Vorsteherin.

Die ehrenamtliche Laufbahn von Marianne Fricke begann 1978 im Verbandsausschuss des Landesverbands der Buchhändler und Verleger in Niedersachsen. Sie war von Anfang an eine sichtbare Persönlichkeit, die wusste, wovon sie redete. Ihr Beruf war ihre Berufung. Sie sprach die Themen an, die akut waren, und konnte sich mit guten Argumenten durchsetzen. Das hatte zur Folge, dass sie sehr schnell in verantwortungsvolle Positionen im Landesverband gewählt wurde.

Marianne Fricke wurde Schatzmeisterin, stellvertretende Vorsitzende und Vorsitzende des Landesverbands. Sie hatte die Fähigkeit, zu integrieren, Konflikte zu lösen, Polarisierungen zu meiden. Und immer ein offenes Ohr für die Belange der Mitglieder. Legendär waren die Vorstandssitzungen: Es gab eine Tagesordnung, aber auch Kuchen, den sie selbst mitbrachte. Es wurde zielführend gearbeitet, aber ebenso gelacht.
 

Ihr Beruf war ihre Berufung.

Hans Freiwald, Verleger und früher Vorsitzender im niedersächsischen Landesverband des Börsenvereins

Immer ein Erlebnis

Bereits zu Beginn ihrer Selbstständigkeit in Wolfenbüttel hat sich Marianne Fricke für die Ausbildung des Branchennachwuchses eingesetzt. Auch in ihrer Buchhandlung engagierte sie sich für Bildung und frühkindliche Leseförderung, etwa mit unzähligen Veranstaltungen. Sie kannte ihre Kunden und die Kunden kannten sie. Es war immer ein Erlebnis, Marianne Fricke in ihrer Buchhandlung zu besuchen. In dem Fachwerkhaus war jeder Winkel mit Stapeln von Büchern belegt, sie behielt trotzdem den Überblick.

1989 wechselte Marianne Fricke in den Vorstand des Börsenvereins in Frankfurt, wo sie bald stellvertretende Vorsteherin wurde. Im Sortimenter-Ausschuss, dem sie insgesamt 19 Jahre angehörte, davon sechs Jahre als Vorsitzende, war sie maßgeblich an den Debatten über Rationalisierung beteiligt. Hierbei hat sie in ihrer sehr entschiedenen Art die Interessen des Sortimentsbuchhandels wahrgenommen, auch unter Berücksichtigung von Umweltfragen wie der Verringerung von Verpackungsmüll. Parallel dazu war sie noch in zahlreichen anderen Ehrenämtern tätig: in der Abgeordnetenversammlung, im Ehrungsausschuss, im Aufsichtsrat der Ausstellungs- und Messe-GmbH, im Ausschuss für Berufsbildung, im Wahlausschuss, im Kuratorium der Schulen des Deutschen Buchhandels.

Ein Ehrenamt lag ihr besonders am Herzen: Als Mitglied im Sozialwerk war Marianne Fricke sechs Jahre lang dessen Vorsitzende. Diese sozialpolitische Tätigkeit entsprach ganz und gar ihrem Wesen. Sie, die sich Zeit ihres Lebens in vorbildlicher Weise um ihre Mitarbeiterinnen gekümmert und immer wieder junge Menschen an den Beruf herangeführt hat, kümmerte sich jetzt um die Kolleginnen und Kollegen, die unverschuldet in große Not geraten waren. Ein weiteres Ehrenamt, das ihr sehr viel bedeutet hat, waren die neun Jahre im Stiftungsrat des Friedenspreises. Auch in diesem Gremium war die Urteilsfähigkeit Marianne Frickes gefragt und häufig genug ausschlaggebend für die Nominierung eines Preisträgers.

Wir verneigen uns vor einem außergewöhnlichen Menschen, einer herausragenden Buchhändlerin, einer liebenswerten Kollegin und einer lieben Freundin. Marianne, du fehlst uns.