Diversität ist mehr als Marketing
Die Gorman-Debatte zieht weitere Kreise. Die Autorin und Übersetzerin Rasha Khayat beklagt, dass Diversität zwar im Trend liege, aber strukturelle Veränderungen im Literatur- und Verlagsbetrieb nicht stattfänden.
Die Gorman-Debatte zieht weitere Kreise. Die Autorin und Übersetzerin Rasha Khayat beklagt, dass Diversität zwar im Trend liege, aber strukturelle Veränderungen im Literatur- und Verlagsbetrieb nicht stattfänden.
Die in Hamburg lebende Schriftstellerin und Übersetzerin Rasha Khayat fügt der Debatte um die Übersetzung von Amanda Gormans Gedicht "The Hill We Climb" auf "Zeit online" eine neue Facette hinzu: Die Reduktion von Autor*innen und Übersetzer*innen auf ihre Identität zeige, dass der Literaturbetrieb nicht verstanden habe, was Diversität bedeute. Wenn dem katalanischen Übersetzer des Gorman-Gedichts mitgeteilt werde, er habe das "falsche Profil", dann platze ihr der Kragen.
"Wartet man jetzt gar nicht mehr ein Ergebnis ab, sondern spricht einem vermutlich qualifizierten und erfahrenen Übersetzer schon im Vorhinein ab, seine Arbeit gut machen zu können?", fragt Khayat. Und was habe es "mit diesem vorauseilenden Gehorsam auf sich, dass auch der deutsche Verlag ein dreiköpfiges Team an diesen relativ kurzen Text setzt? Ein Team, das zwar divers aussieht, aber zu zwei Dritteln gar nicht aus Literaturübersetzerinnen besteht?"
Vom gegenwärtigen "Diversity"-Trend würden Autor*innen und Übersetzer*innen nicht profitieren, so Khayat. Sie habe den Eindruck, dass es Verlagen nicht um wirkliche strukturelle Veränderungen gehe, sondern um einen Migrations-Proporz bei der Besetzung von Programmplätzen. Rezensionen von Büchern migrantischer Autor*innen würden zudem eher die Migrationsgeschichte thematisieren als die literarische Qualität.
Von Diversität könne man ernsthaft erst sprechen, wenn man auch ihr zutraue, das Gesamtwerk Jane Austens zu übersetzen. Diversität dürfe aber nicht zum bloßen Marketing-Tool verkommen.