Interview mit Lojze Wieser

Die slowenische Literatur ist unglaublich vielfältig

18. Januar 2023
Stefan Hauck

2023 ist Slowenien Gastland der Frankfurter Buchmesse. Was sollte man über die slowenische Literatur wissen, welche Autor:innen und Bücher sollte man kennen? Ein Gespräch mit Verleger Lojze Wieser.   
 

Verleger Lojze Wieser vor einer Ansicht der slowenischen Stadt Bled

Was macht die slowenische Literatur in Summe aus, gibt es Besonderheiten?

Sprache und Literatur sind über Jahrhunderte ohne eine eigene Staatsform entstanden – zunächst gehörte man dem Habsburger Reich an, dann dem Königreich Jugoslawien, war später Teil der jugoslawischen Föderation, bis das Land 1990 eigenständig wurde. Die ersten Bücher auf Slowenisch wurden 1550 von Primož Trubar im Exil geschrieben und gedruckt. Damals sprachen zwar 800 000 Menschen Slowenisch – heute sind es zwei Millionen –, aber es war, im Vergleich mit den großen Sprachen, eine kleine Sprache. Dagegen aufzubegehren, sich die eigene Sprache durch Schriftlichkeit zu sichern, diese Form der Häretik hat die slowenische Kultur über Jahrhunderte getragen.
 

Bis heute werden ja in Kärnten slowenische Bücher verlegt.

Ja, Klagenfurt/Celovec war schon immer ein Zentrum der slowenischen Literatur. Die ab 1811 erscheinende Zeitschrift »Carinthia« war ein Ort des Austauschs zwischen deutsch- und slowenischsprachigen Autoren. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts begann die nationale Differenzierung. 1852 wurde der Hermagoras Verlag gegründet, in dem bis heute slowenische Bücher erscheinen. Damals versorgte er die ländliche Bevölkerung mit einer jährlichen Büchergabe als Lesestoff, und so lernten die Slowenen ihre Sprache. Es gab einen großen kirchlichen Einfluss auf die Literatur; interessanterweise schrieb Pfarrer Simon Gregorčič Liebesgedichte, die sich bis 1908 mehr als 100 000-mal verkauften. In der Moderne um Oton Župančič, Josip Murn Aleksandrov, Dragotin Kette und Alojz Gradnik sorgte der erste Gedichtband von Ivan Cankar (»Erotica«, 1899) für Aufsehen: Der Bischof von Lubljana ließ sämtliche Exemplare aufkaufen und verbrennen.

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