Wie erklärt sich der jetzige Erfolg der Volleyball-Serie "Haikyu!!", die ja bereits vor drei Jahre startete?
Tatsächlich war Haikyu!! für einen Sport-Manga von Anfang an ziemlich erfolgreich. Davor war das Genre vermintes Gelände und aus unternehmerischer Sicht sind Sport-Mangas aufgrund ihres extremen Umfangs von meist 30 bis 40 Bänden ohnehin ein ziemliches Risiko. Wenn sich schon nach den ersten zehn Bänden herausstellt, dass die Buchreihe bei den Lesern nicht ankommt, hat man ein ernstes Problem. Das ist bei "Haikyu!!" zum Glück nicht eingetreten. Ende 2019 hatte sich Band 1 bereits über 10.000-mal verkauft, mehr als ordentlich, nervös waren wir nur, wie sich die Zahlen für die Bände ab 20 bis 40 entwickeln würden. Im September 2019 begann dann schließlich Netflix mit der Ausstrahlung der ersten Staffel der Anime-Serie und weitere Staffeln folgten. Ab diesem Zeitpunkt begannen auch die Manga-Verkäufe langsam Fahrt aufzunehmen. Richtig verrückt wurde es aber erst ab Mai 2020, ausgerechnet mitten in der ersten Corona-Welle. Da kam also wohl mehreres zusammen: zum einen konnte die Reihe durch die Ausstrahlung bei Netflix endlich ein Massenpublikum erreichen, zum anderen saßen die Menschen durch den Lockdown eingesperrt zu Hause und brauchten etwas zu lesen. Ich hoffe trotzdem, unserem nächsten Sport-Manga gelingt das ohne Pandemie.
Der Erfolg im Bereich Sport-Manga ist ja eine extreme Ausnahme. Gibt es bestimmte Genres, die zurzeit besonders herausstechen?
Schwierige Frage. Ich bin wirklich unsicher, ob das Genre letztlich so eine entscheidende Rolle spielt. Seit einigen Jahren stelle ich fest, dass die Bereitschaft zu außergewöhnlichen Titeln verlagsübergreifend zugenommen hat. Also weniger Mainstream, mehr Special Interest, weniger Blockbuster, mehr Arthaus, wenn man so will. Letztendlich besteht die Chance, einen echten Hit zu landen, in jedem Genre und am Ende ist man dann selbst am meisten darüber überrascht, was man sich da ins Boot gezogen hat.
Der moderne Urban-Horror-Klassiker "Tokyo Ghoul" ist ein Dauerseller geworden. Wie hält man einen solchen Titel aktuell bzw. weiter im Fokus der Leser*innen?
Zumindest bis jetzt müssen wir zu unserer eigenen Überraschung anscheinend gar nicht besonders aktiv werden, damit sich die Buchreihe auch weiterhin fabelhaft verkauft. Das ist jetzt reine Spekulation, aber ich schätze, eine gute Geschichte ist eine gute Geschichte ist eine gute Geschichte. Natürlich, "Tokyo Ghoul" ist kein "Faust", kein "Homo Faber", kein "Mitternachtskinder", aber es ist eben dennoch auf seine Weise eine fantastische Geschichte von erzählerischer Tiefe, der es gelingt, nachhaltig neue Leser für sich zu interessieren.
Abseits von "Tokyo Ghoul" macht derzeit ja insbesondere Carlsen Manga exemplarisch vor, wie man mit Neu- bzw. Sonderausgaben auch Backlist-Titeln zu einem famosen Comeback verhelfen kann. Wobei man auch hier sagen muss, dass "Naruto" und "Dragonball", die inzwischen als 3in1-Ausgaben vorliegen, nie wirklich aus der Lesergunst verschwunden waren. Möglicherweise ist das auch für "Tokyo Ghoul" mittelfristig eine wünschenswerte Option.