Ihr erster Roman, “Nervous Conditions“ („Aufbrechen“) schildert den schwierigen Prozess der Emanzipation, den ein Mädchen aus einer kleinen Stadt in Rhodesien erlebt. Könnte diese Geschichte auch in anderen Teilen der Welt erzählt werden, wo Frauen unterdrückt und von Bildung abgeschnitten werden?
Ja, das könnte auch in anderen Teilen der Welt erzählt werden, ganz bestimmt in Teilen Asiens oder in Lateinamerika. Mein Buch ist zum Beispiel in Brasilien sehr populär. Das Thema Armut, Geschlecht und Klasse ist universal, und man kann es überall in den unteren arbeitenden Klassen finden. Der Zugang zu höherer Bildung ist das Problem.
In den beiden späteren Romanen muss Ihre Heldin, Tambu, erfahren, dass Gleichheit in einem rassistischen Umfeld nur damit erkauft werden kann, dass man seine eigenen Wurzeln verliert. Wie würden Sie die Situation in Simbabwe heute beschreiben?
Wir leben in einer von Schwarzen regierten Nation, aber nach wie vor in einer globalisierten Welt, in der Normen und Standards des Kolonialismus immer noch existieren. Meine Regierung behauptet, dass die Krise in Simbabwe durch die Sanktionen hervorgerufen wird, aber mit oder ohne Sanktionen glaube ich, dass die Regierung etwas Besseres für die Nation und das Volk tun könnte. Mein Standpunkt ist: Selbst in diesem Kontext machen wir nicht das Beste daraus, wir erwarten nicht genug von uns als Simbabwer. Wir haben eine herausfordernde Struktur in unserem Land: eine gierige, repressive und verantwortungslose Regierung auf der einen und eine elende, entmachtete Bevölkerung auf der anderen Seite. Gemeinsam führen sie einen sehr grotesken Tanz auf.
Ihre Filmographie weist eine beeindruckende Fülle an Filmen, Drehbüchern und Produktionen aus. Welches Publikum wollen sie mit Ihren Filmen ansprechen?
Geschichten erzählen ist eine globale Aktivität, es sollte daher möglich sein, dass jeder meine Filme versteht, nicht anders als meine Romane. Meine Filme sind auf großen Festivals weltweit gezeigt worden. Das Problem für Filmemacher wie mich in Afrika ist, dass viel Geld von außen kommt, und oft wissen die Leute, die solche Mittel verwalten, nicht, womit sie es zu tun haben, oder sie haben ihre eigenen Perspektiven. Wir brauchen auch wohlhabende Afrikaner, die sich auf dem gesamten Kontinent im Filmsektor engagieren.
Ihr politisches Engagement – Sie wurden von der Polizei inhaftiert, weil Sie gegen Korruption in Simbabwe protestiert hatten – ist ein anderer wichtiger Teil Ihres Lebens. Bilden Schreiben, Filmemachen und politischer Aktivismus eine Einheit in Ihrem Leben?
In gewisser Weise ja. Ich kam zum Schreiben, weil ich mich selbst in der Literatur nicht repräsentiert sah. Als ich in den frühen 80er Jahren studierte, las ich ein Buch über ein schwarzes Mädchen in den USA, mit dem ich mich zum ersten Mal in meinem Leben identifizieren konnte. Ich sah, wie wichtig die Repräsentation in der Literatur und Kunst ist, und ich begann zu schreiben. Aber ich erlebte eine Menge Widerstand, meine Veröffentlichung wurde verzögert, und ich konnte keine Schriftstellerkarriere machen. Deshalb ging ich auf die Filmschule. Dort habe ich angefangen, Filme zu machen, aber es ist sehr schwer, in Simbabwe Zuschüsse für Dreharbeiten zu bekommen. Das Geld, das für die Kunst zur Verfügung steht, ist politisch gebunden, egal ob es von innerhalb des Landes oder von außerhalb kommt. Und die Situation in unserem Land wurde immer schlimmer - mit einer kollabierenden Wirtschaft, dem Fehlen von Alltagsfunktionen und einer Regierung, die gegen das eigene Volk vorgeht. Ich konnte nicht mehr als kreative Künstlerin arbeiten. Ich hatte nichts außer meinem Körper, mit dem ich auf die Straße gehen konnte, um auszudrücken, wie schlimm die Dinge waren. So sind die drei Aspekte meines Lebens in ein Gleichgewicht gekommen. Aber was ich betonen möchte: Ich sehe mich nicht als Politikerin. Ich gehe überall dort in Aktion, wo Aktion gefragt ist. Und die Brutalität und Gewalt, die in diesem Land existiert, war schon die DNA der Geburt Rhodesiens im Jahr 1890. Der Werdegang Simbabwes und der ZANUPF-Partei wurde durch die Gewalt bestimmt, die das koloniale Rhodesien begründete. Die Menschen hatten kaum eine Chance, etwas anderes zu lernen.
Welche wirtschaftliche und politische Entwicklung braucht Afrika in seiner Vielfalt, und welche Rolle könnte Europa dabei spielen?
Afrika braucht eine gute Regierungsführung. Wir brauchen Respekt für die Würde des Individuums. Im Allgemeinen sind die afrikanischen Regierungen keine Freunde des afrikanischen Volkes. Aber diese Regierungen, die keine Freunde der Menschen sind, sind diejenigen, die die Politik auf internationaler Ebene aushandeln. Einer der wichtigen Punkte ist, auf welcher Ebene ein Engagement stattfinden kann, wenn die Regierungsebene die Menschen vor Ort oft nicht angemessen repräsentiert. Es muss einen Weg geben, die Stimmen und Bewegungen der Menschen in den Dialog auf hoher Ebene einzubeziehen. Viele Menschen in Simbabwe sind dieser Meinung. Die Konzeption für Afrikas Zukunft muss unter Gleichen und unter allen Beteiligten erfolgen.