"Wir wollen kultureller Treffpunkt am Ostufer werden"

"Der Laden ist eingerichtet, die Regale sind gefüllt und wir üben an der Kasse, nur ein paar Kleinigkeiten fehlen noch", schildert Andreas Kaiser (53) die Situation kurz vor der Eröffnung. Zusammen mit seiner Frau Sabine Kaiser (43) hat er am Standort der Buchhandlung "schöner lesen" einen Buchladen geschaffen, der sich von der Vorgängerversion deutlich unterscheidet.

"schöner lesen" wurde 2009 von Dini Kortmann-Huizing in Berg gegründet und teilte sich zuletzt nach mehreren Umzügen eine Fläche mit einem Geschäft für Bekleidung und Wohnzubehör. Ab sofort sind beide Läden separat, die Buchhandelsfläche wurde, laut Kaiser, auf 80 Quadratmeter verdoppelt. "Als wir im Oktober hörten, dass Frau Kortmann-Huizing schließen wollte, haben wir relativ schnell zugeschlagen. Solch eine Gelegenheit in unserem Wohnort wollten wir uns nicht entgehen lassen", berichtet der Literaturwissenschaftler. "Der Wunsch nach einer Buchhandlung hatte schon länger bestanden, wir haben uns damit aber eher im städtischen Raum gesehen", führt Kaiser aus. Der Umzug nach Berg vor drei Jahren zog offenbar einen Perspektivwechsel nach sich.

Die oberbayerische, gut 8.300 Einwohner:innen zählende Gemeinde habe eine hohe Kaufkraft, sei aber auch ein typischer Pendlerort, erläutert Kaiser. Gleichzeitig gebe es eine "kleine, feine Literaturszene" und einen sehr aktiven Kulturverein, die eine Buchhandlung im Dorf sehr schätzen würden. "Wir wollen ein Veranstaltungs- und Kulturort sein, die Buchhandlung zum kulturellen Treffpunkt am Ostufer machen. Das ist eine der Stellschrauben, wegen der wir es hier wagen. Auch der Tourismus spielt eine Rolle, von König Ludwig II. bis zu Oskar Maria Graf – auch diese Karte werden wir spielen."

So lag nicht nur der neue Name der Buchhandlung nahe – vom Fenster aus blickt man auf das Geburtshaus des im Ort wegen seiner unverblümten Äußerungen lange Zeit umstrittenen Schriftstellers –, im Laden hat Sabine Kaiser, die weiterhin als Kulturhistorikerin Ausstellungen konzipiert, die nicht mehr benötigte Umkleidekabine in ein kleines Museum für Oskar Maria Graf (1894–1967) umgewandelt. Neben einem überlebensgroßen Porträt des Autors ist zum Beispiel eine Hörstation installiert, Grafs Zitate zu den Themen Heimat und Fremde werden präsentiert und eine Landkarte zeigt seine Lebensstationen.

Insgesamt zeigt sich die Buchhandlung individuell: "Die Investitionskosten halten sich im Rahmen, wir haben viel selbst Hand angelegt, so dass wir das Ganze privat finanzieren konnten", erläutert Kaiser, der die vergangenen 25 Jahre als Bibliothekar und Archivar unter anderem beim Goethe-Institut und bei der Böll-Stiftung tätig war und nun Vollzeit in den Buchhandel gewechselt ist. Mit einem halben Jahr Vorlauf hat er sich in Gründerseminaren auf die Selbstständigkeit vorbereitet. "Die Berater wiesen schon im Vorfeld darauf hin, dass viel Organisatorisches auf einen zukommen würde. Zusammen mit dem Umbau der Fläche liegen sechs sportliche Wochen hinter uns", fasst er zusammen.

Das Angebot ist breit aufgestellt, es gibt Belletristik, ausgewählte Weltliteratur, Regionalia, Kochbuch und Young Adult bis hin zum Lyrikregal, "das wir uns gönnen", so Kaiser. Dem Kinderbuch stehen vorerst 15 Quadratmeter zur Verfügung, mit Potenzial zum Wachsen. Aktionen zum Welttag des Buches und zum Schulanfang sind bereits fest eingeplant.

Eines der ersten Highlights wird neben der Eröffnung, die "ohne Pauken und Trompeten" stattfinden soll, der Auftakt zu einer Reihe literarischer Salons am 29. April sein. Eingeladen als Gesprächspartner ist Michael Krüger, der nicht nur als Schriftsteller und ehemaliger Hanser-Verleger bekannt ist, sondern als prominenter Anwohner hier auch ein Heimspiel hat.

Kontakt:

Oskar Maria Graf Buchhandlung
Grafstr. 14
82335 Berg/Starnberger See
Tel.: 08151 / 91 999 66
E-Mail: info@omg-buchhandlung.de