Wir haben die Buchhandlung Khan Aljanub eigentlich aus der Not eröffnet. Es gibt einen großen Bedarf nach arabischer Literatur und ich habe in der Vergangenheit selbst gemerkt, dass es sehr schwierig ist, an Bücher zu kommen, vor allen an Neuerscheinungen. Ich habe auch Freunde, die schreiben und in Verlagen in Beirut oder Kairo veröffentlichen, und auch an ihre Bücher bin ich nicht gekommen. Akuter wurde mein Problem, als ich Vater geworden bin und meiner Tochter Kinderbücher in meiner Muttersprache vorlesen wollte und es keine gab.
Wir haben uns gefragt, warum es in Berlin keine arabische Buchhandlung gibt, die auch ordentliche Literatur, Sachbücher und Kinderbücher führt. Vor zwei Jahren, Weihnachten 2018, haben wir mit einem kleinen Sortiment einen Pop-Up-Store eröffnet. Wir haben ermittelt, wie die Möglichkeit ist, an Bücher zu kommen – auch an die meiner Freunde. Natürlich wollten wir auch den Markt und den Bedarf zuerst erforschen, denn der ist quasi unbekannt. Die Leute haben unseren Pop-up-Store gut aufgenommen, der Bedarf und die Kaufkraft waren da und wir haben das Projekt weiterentwickelt. Anfang September 2020 haben wir eröffnet.
Unsere Bücher kaufen wir meistens von den Verlagen direkt. Viele davon sitzen in Beirut und Kairo, aber auch verteilt in der arabischen Welt und in Europa. Wir suchen unser Sortiment sehr sorgfältig aus. Hauptschwerpunkte sind Kunst, Kultur- und Kulturwissenschaft, Literatur, Sachbücher zur Politik und Geschichte. Wir haben auch eine Auswahl an Graphic Novels, Comics, Jugendbüchern, Magazinen und Übersetzungen aus dem Arabischen ins Deutsche und Englische. Auf unsere Kinderbücher sind wir sehr stolz. Sie sind von arabischen Künstlern illustriert. Einen zweiten Schwerpunkt bilden Bücher zum Spracherwerb. Wir haben Sprachlernspiele und zweisprachige Literatur von Verlagen wie dem Hans Schiller Verlag oder der Edition Orient.
In Zukunft möchten wir auch an einem kleinen Non-Book-Sortiment arbeiten. Aber, wenn wir so eine spezialisierte Buchhandlung sind, müssen wir auch eine spezialisierte Auswahl an Non-Books haben.
Unsere Zielgruppe erschließen wir uns gerade. Dazu gehören Leute mit arabischem Sprachuntergrund, die Literatur in ihrer Sprache lesen wollen, aber auch Kinder von Migranten in zweiter oder dritter Generation. Sie sind meist nicht so fließend in der Sprache, aber möchten sich verbessern und mehr über ihre Herkunftskultur wissen. Auch Eltern, die ihre Kinder zweisprachig erziehen möchten, oder ganz normale Berliner kommen hier her.
Wir bemühen uns auch, mit Institutionen zusammen zu arbeiten wie der Arabistik an der Uni oder den öffentlichen Bibliotheken. Auch sie haben einen Bedarf an Neuerscheinungen und Periodika.
Für nach Corona haben wir mehrere Veranstaltungsideen. Wir wollen Lesungen mit Schriftstellern, die hier leben, und Aktivitäten für Kinder anbieten, zum Beispiel für den spielerischen Spracherwerb. Für Jugendliche wollen wir Leseclubs eröffnen.
Fadi Abdelnour ist 42 Jahre alt, Palästinenser, in Jerusalem geboren und in Ramallah aufgewachsen. Er lebt seit 2002 in Deutschland. An der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle hat er Grafik studiert und arbeitet seitdem als freiberuflicher Grafiker. In Berlin war er lange im Kulturbereich aktiv, unter anderem für das Arabische Filmfestival Berlin.