Inzwischen sind wir es ja gewohnt, dass einigermaßen intelligente und klare Kommentare zu wichtigen Entwicklungen unserer Branche von außen kommen. Im Artikel der Süddeutschen Zeitung wird immerhin deutlich, dass die Kooperation Thalia/ Mayersche und Osiander nicht nur ein weiterer Schritt zur Konzentration im Buchhandel ist, sondern das Titelangebot, die viel beschworene Vielfalt, im Handel weiter verengt, was natürlich besonders die kleineren Verlage trifft.
Dass die großen Verlage zu dieser Entwicklung schweigen, hat ja einen Grund: die Verlagskonzerne haben mit ihren immer weiter gedehnten Konditionen natürlich mit zum Wachstum der Buchhandelsketten beigetragen. Dass der Börsenverein dazu schweigt, obwohl unsere neue Vorsteherin ja auch einem kleineren Verlag »vorsteht«, ist leider auch zu konstatieren, obwohl die große Mehrheit der Mitglieder bei diesem Konzentrationsprozess immer mehr unter Druck gerät.
Was an dem Artikel der Süddeutschen, so richtig er ansonsten argumentiert, uns kleineren Verlagen überhaupt nicht gefallen kann, ist das wohlmeinende Schulterklopfen à la »bibliophile Liebhaberei kleiner engagierter Verlage«. Abgesehen davon, dass diese «Liebhaberei« doch den einen oder anderen Deutschen oder Leipziger Buchpreis hervorgebracht und damit selbst den großen Ketten schöne Umsätze beschert hat - die Programme vieler kleiner Verlage transportieren literarische Entdeckungen, oft auch Übersetzungen aus unbekannten Literaturen und vieler unbekannter Autorinnen und Autoren, und wichtige politische Inhalte, die in den Programmen der großen Verlage keinen Platz finden.
Dass diese Programme durch das Thalia - oder nun auch Osiander-Raster fallen, ist ja klar - und das ist das kulturell Skandalöse, was durch diese neue Kooperation weiter verstärkt wird. Es bleibt nur, auf einen Gegenwind seitens der eigentlich gar nicht so geringen Zahl ketten-unabhängiger Buchhandlungen und ihrer Kundschaft zu hoffen.
Ihren Gedanken gebe ich in allen Punkten recht - einschließlich des Hinweises auf das absurde Schulterklopfen des Feuilletons. Wir erleben und empfinden dies als unabhängige Buchhandlung übrigens ebenso, wenn in ähnlicher Manier über das unabhängige Sortiment geschrieben wird. Ich nenne diesen Akt hier immer das "Von oben herab bemüht wohlwollende Tätscheln" - das Ergebnis bleibt sich gleich. Über das Schweigen großer Verlagshäuser mag man gar nicht mehr reden, da ist wohl ohne Ergebnis schon zu viel drüber geredet worden. Über die Begleitung des ganzen Desasters seitens Börsenverein darf man eventuell schon noch reden und wenn ich an dieser Stelle mal dezent anmerken darf: Dass im aktuellen Artikel bei den einleitend fett gedruckten Worten an einer ganz bestimmten Stelle die nicht unmaßgeblichen Worte "von außen" fehlen, dies mag keine Absicht sein, versinnbildlicht aber vieles, was im angeblich großertigen Miteinander verquer läuft.
Jens Bartsch - Buchhandlung Goltsteinstraße in Köln
Danke für Deinen Kommentar! Du weißt damit auf das wichtigste Problem des Ganzen hin: Die Verengung der kulturellen Vielfalt durch diesen Konzentrationsprozeß! Diese Gefahr ist größer als die für die Buchpreisbindung, denn die kulturelle Vielfalt ist für die "außen" einer der wesentlichen Punkte für die Sonderrechte des Buchmarktes, und sie ist für unsere demokratische Gesellschaft wichtig. Das andere sind Kollateralschäden bzw, -gefahren. Und dieser seit Jahren laufende Verengungsprozeß, der "Einheitsbrei" der Filialsortimente ist für mich eine der wesentliche Ursachen dafür, dass der deutsche Buchmarkt unverändert mit seinem Gesamtumsatz unter 10 Mrd. € herumkrepelt (ein zweiter Grund ist die anhaltende Discountermentalität in der Preisgestaltung). Habe ich vor 10 Jahren noch lamentiert, dass von den ca. 12.000 Titel meines Sortiments nahezu 90% auch bei den großen Filialisten mit ihren 30.-60.000 Titeln zu finden sind, nur die Präsentation anders gewichtet ist, sage ich heute, mein Sortiment hebt sich zu mindestens 30% von dem der großen Läden ab, und diese Entwicklung wird sich fortsetzen. Unabhängige Buchhandlungen werden zunehmend ein anderes Sortiment haben als die Filialisten. Wichtig wäre es, dass wir hier eine "Allianz der Unabhängigen" entwickeln, die diesen Unterschied auch marketingmäßig verdeutlichen, nach außen tragen. Die Portale, die die Filialisten dafür wie Sauerbier anbieten, sind dafür vollkommen ungeeignet, weil der Geist ihrer Portale ein ganz anderer ist. Bei den Strategien der Filialisten kann ich nur erkennen, dass sie Umsatzsteigerungen für sich verzeichnen mögen, aber eben nur durch Erhöhung der Marktanteile, aber nicht den Buchmarkt entwickeln. Wir alle aber brauchen mehr Umsatz.