KOMMENTAR: Rainer Nitsche zum SZ-Lesetipp

Das kulturell Skandalöse

27. Oktober 2020
Redaktion Börsenblatt

Inzwischen sei man es ja gewohnt, dass einigermaßen intelligente Kommentare zu wichtigen Entwicklungen in unserer Branche von außen kommen, findet Transit-Verleger Rainer Nitsche. Mit den Zuschreibungen unabhängiger Verlage ist er allerdings nicht zufrieden. Rainer Nitsche über die Thalia-Mayersche-Osiander Kooperation und die Hoffnung in den unabhängigen Buchhandel.

Inzwischen sind wir es ja gewohnt, dass einigermaßen intelligente und klare Kommentare zu wichtigen Entwicklungen unserer Branche  von außen kommen. Im Artikel der Süddeutschen Zeitung wird immerhin deutlich, dass die Kooperation Thalia/ Mayersche und Osiander nicht nur ein weiterer Schritt zur Konzentration im Buchhandel ist, sondern das Titelangebot, die viel beschworene Vielfalt, im Handel weiter verengt, was natürlich besonders die kleineren Verlage trifft.

Dass die großen Verlage zu dieser Entwicklung schweigen, hat ja einen Grund: die Verlagskonzerne haben mit ihren immer weiter gedehnten Konditionen natürlich mit zum Wachstum der Buchhandelsketten beigetragen. Dass der Börsenverein dazu schweigt, obwohl unsere neue Vorsteherin ja auch einem kleineren Verlag »vorsteht«, ist leider auch zu konstatieren, obwohl die große Mehrheit der Mitglieder bei diesem Konzentrationsprozess immer mehr unter Druck gerät.

Was an dem Artikel der Süddeutschen, so richtig er ansonsten argumentiert, uns kleineren Verlagen überhaupt nicht gefallen kann, ist das wohlmeinende Schulterklopfen à la »bibliophile Liebhaberei kleiner engagierter Verlage«. Abgesehen davon, dass diese «Liebhaberei« doch den einen oder anderen Deutschen oder Leipziger Buchpreis hervorgebracht und damit selbst den großen Ketten schöne Umsätze beschert hat - die Programme vieler kleiner Verlage transportieren literarische Entdeckungen, oft auch Übersetzungen aus unbekannten Literaturen und vieler unbekannter Autorinnen und Autoren, und wichtige politische Inhalte, die in den Programmen der großen Verlage keinen Platz finden.

Dass diese Programme durch das Thalia - oder nun auch Osiander-Raster fallen, ist ja klar - und das ist das kulturell Skandalöse, was durch diese neue Kooperation weiter verstärkt wird.  Es bleibt nur, auf einen Gegenwind seitens der eigentlich gar nicht so geringen Zahl ketten-unabhängiger Buchhandlungen und ihrer Kundschaft zu hoffen.