Zweiter Lockdown in Österreich

"Nichts ist mehr normal"

16. November 2020
Sabine Cronau

Ist das Weihnachtsgeschäft verloren? Gustav Soucek, Geschäftsführer beim Hauptverband des Österreichischen Buchhandels, über den zweiten Lockdown – und die Folgen für Österreichs Buchbranche.

Österreich verschärft die Corona-Maßnahmen: Der Einzelhandel muss seine Türen vom 17. November bis zum 6. Dezember schließen, nur Lebensmittelgeschäfte, Apotheken und Drogerien dürfen öffnen. Was bedeutet der zweite Lockdown für den Buchhandel – so kurz vor dem Weihnachtsgeschäft?

Wir rechnen mit starken Umsatzeinbußen, ähnlich wie beim ersten Lockdown im März. Nur ist diesmal das Weihnachtsgeschäft viel bedeutender für die Branche als damals der Verkauf im Frühjahr und zu Ostern.

Können die Online- und Lieferumsätze den Ausfall der stationären Umsätze abfedern? Ist der Buchhandel nach den Erfahrungen im Frühjahr jetzt noch besser dafür gerüstet?

Abfedern ist der richtige Ausdruck, aber mehr wird es leider nicht sein. Denn durch höheren Personaleinsatz und die Lieferkosten bleibt weniger Ertrag übrig. Ja, der Buchhandel hat im Frühjahr Erfahrungen mit einem Lockdown gesammelt, die jetzt hilfreich sein können. Dennoch kann eine Ladenschließung dadurch nicht kompensiert werden.

Wie hoch ist die aktuelle Umsatzlücke zum Vorjahr?

Im gesamten Buchverkauf, also über alle Vertriebskanäle hinweg, liegt das Umsatzminus im Vergleich Jänner bis Oktober 2019 vs. 2020 bei 4,1 Prozent. Leider ist der Umsatzrückgang im stationären Handel höher: Hier liegt er bei minus 10,1 Prozent.

Was allen Branchenteilnehmern jetzt helfen würde? Die reduzierte Mehrwertsteuer über den 31. Dezember 2020 hinaus beizubehalten.

Gustav Soucek, Geschäftsführer beim Hauptverband des Österreichischen Buchhandels

Was könnte und sollte der Staat jetzt tun, um Buchhandlungen und Verlagen in Österreich zu helfen?

Die reduzierte Mehrwertsteuer über den 31. Dezember.2020 hinaus beibehalten. Das nutzt allen Branchenteilnehmern und wirkt sich direkt auf das Geschäftsergebnis aus. Das ist eine Forderung des HVB, von der wir auch nicht abrücken werden.

Glauben Sie, dass das Weihnachtsgeschäft ab dem 6. Dezember ganz normal anlaufen kann?

Natürlich wünsche ich allen eine höhere Frequenz, um den Lockdown zu kompensieren - aber das würde wiederum ein Ausreizen der Kontaktintensität bedeuten, was wiederum zu höheren Corona-Zahlen führen kann. Dazu kommt auch die Belastung der Menschen, die zu Weihnachten im stationären Buchhandel arbeiten. Alles hat seine Grenzen, nichts ist mehr normal.

Fürchten Sie ein Buchhandels- und Verlagssterben durch die Pandemie?

Wir hoffen nicht, dass es zu großflächigen Schließungen kommt. Aber da der Weihnachtsverkauf sehr entscheidend zu einem positiven Jahresabschluss beiträgt und es ein insgesamt herausforderndes Jahr war, stehen viele Teilnehmer der Buchbranche - auch mangels großer Rücklagen - sehr unter Druck.

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