Kündigung des Mietvertrags

Motzbuch in Berlin-Schöneberg schließt

15. Dezember 2020
von Sabine van Endert

Die Buchhandlung Motzbuch in Berlin-Schöneberg schließt zum Jahresende nach 37 Jahren ihre Türen. Die Motzbuch-Edition mit Büchern über Berliner Kieze soll weitergeführt werden. 

"Jede Straße hat irgendwo ihr geheimes Gedächtnis. Irgendjemanden gibt es, der immer schon da gewohnt hat, irgendeinen, die die Zeitungsschnipsel aufbewahrt, die Geschichten gehört hat. Das Gedächtnis unserer Straße heißt Motzbuch", schrieb der Berliner "Tagesspiegel" vor zehn Jahren. 

Susanne Twardawa gründete die Buchhandlung Motzbuch 1983 in der Schöneberger Motzstraße, nach ihrem Tod 2008 wurde Motzbuch von ihrem Mann Wilfried Hepperle (71) weitergeführt. Susanne Twardawa veröffentlichte im Verlag Motzbuch-Edition außerdem Bücher u. a. über Berliner Kieze und Plätze, darunter den Nollendorfplatz. Ihr letztes Buch behandelte den Großen Tiergarten in Berlin. Alle Titel sind noch lieferbar. 

Zum Jahresende muss Hepperle nun die Türen schließen - weil der Mietvertrag gekündigt wurde und auch aus gesundheitlichen Gründen. 

Seine Tochter Annemie Twardawa, eine gefragte Puppenspielerin, die, wie sie sagt, im hinteren Teil der Buchhandlung groß geworden ist, kümmert sich nun um die Abwicklung. Im Laden herrsche das "totale Kiez-Gefühl", sagt sie, zu vielen Kund*innen habe ihr Vater viele Jahre lang persönliche Beziehungen gepflegt. Sie spüre bei vielen Kunden die Angst vor Gentrifizierung des Viertels. Annemie Twardawa verabschiedet nun die Kund*innen - und sorgt dafür, dass ihr Vater eine Erinnerung an sie und die Buchhandlung behält: Wer mag nimmt eine Karte mit und schreibt seine Erinnerungen an seine Zeit mit Motzbuch auf. 

Hepperle will sich künftig auf die Kiez-Bücher konzentrieren und dafür auch die Online-Präsenz ausbauen. Wie viele kleine, unabhängige Buchhandlungen ist auch sein Laden während der Corona-Krise nicht schlecht gelaufen. "Die Umsätze in den letzten sechs Monaten waren besser als vorher", sagt Annemie Twardawa. Doch zum Jahresende ist Schluss. 

 

Späte Erkenntnis

"Hätte ich all die Bücher, die ich online bestellte, beim sympathisch-schrulligen Motzbuchhändler gekauft, wo ich ohnehin jeden Tag vorbeiradle, wäre ich um keinen Cent ärmer, aber meine Gegend womöglich um einen guten Laden reicher geblieben. Amazon-Chef Jeff Bezos, mit fast 200 Milliarden Dollar Vermögen reichster Mann der Welt, hätte es verschmerzt", schreibt der Buchautor und Journalist Hajo Schumacher im "Hamburger Abendblatt". Für Motzbuch kommt seine Erkenntnis zu spät. 

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