Die dritte der vier im Referendum gestellten Fragen lautete: "Sind Sie dafür, dass minderjährige Kinder uneingeschränkt sexuell eindeutigen Medieninhalten ausgesetzt werden, die ihre Entwicklung beeinträchtigen?" Im Vorfeld hatte das Kinderbuch "Meseország mindenkié" ("Märchenland für alle") in Ungarn für große politische Diskussionen gesorgt– in der Ende 2020 von der Organisation Labrisz veröffentlichten Anthologie sind 17 bekannte Märchen, bei der die Hauptfiguren einer marginalisierten Gruppe angehören, etwa ein schwuler Prinz, ein Aschenputtel mit alkoholsüchtigem Vater oder ein Hase, der mit drei Ohren geboren wurde. [Update 5.April: "Märchenland für alle" ist am 17. März auf Initiative des "Stern" auf Deutsch erschienen und wird im Buchhandel von DK vertrieben. Innerhalb von zwei Wochen wurde die erste Auflage komplett ausgeliefert, die zweite Auflage ist bereits in Druck.]
Die ungarische Regierung hatte vom Verlag sowie allen anderen Verlagen, die ähnliche Inhalte veröffentlichen, verlangt, das Buch mit einem Warnhinweis zu versehen. Zudem durfte es Minderjährigen nicht mehr zugänglich gemacht werden und musste von den Büchertischen in den Geschäften verschwinden. In Kinderkrippen und Kindergärten durften Bücher mit LGBTQ-Inhalten nur mit Zustimmung der Eltern vorgelesen werden. Das ungarische Parlament hatte im Dezember 2021 den Weg für das Referendum freigemacht, das die Zustimmung der Ungar:innen für die Regierungspoltik deutlich machen sollte; Ministerpräsident Viktor Orbán hatte die Wähler:innen gebeten, "dass wir gemeinsam Nein zu diesen Fragen sagen, so wie wir es vor fünf Jahren getan haben, als Brüssel Ungarn zwingen wollte, Einwanderer aufzunehmen".