KulturPass

Leipziger Fragerunde

2. Mai 2023
Nicola Bardola

"Der KulturPass kommt", hieß die Informationsveranstaltung für Buchhändler:innen: Am Stand der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien standen in Leipzig zwei Projektleiter Rede und Antwort.

"Du wirst 2023 endlich 18 Jahre alt? Dann bekommst Du mit dem KulturPass ein 200-Euro-Budget – for free", lautet die Botschaft dieser neuen Initiative von  Kulturstaatsministerin Claudia Roth. Für die Kommunikation ist die Stiftung Digitale Chancen verantwortlich. Deren Projektleiter Stephan Seiffert und Anna Maria Rottmann standen am gut besuchten Stand Rede und Antwort.

Ab Mitte Mai ist die Registrierung für Buchhändler:innen möglich; schon im Juni können Jugendliche anfangen, sich Wünsche zu erfüllen. Zurzeit wird die KulturPass-App im Buchhandel in einer Betaversion getestet. Die App findet Angebote in der Nähe der Jugendlichen in ganz Deutschland. Neben Büchern können mit diesem Guthaben auch Schallplatten, Musikinstrumente oder Tickets für Konzerte, Kino, Ausstellungen und Theateraufführungen erworben werden. Ausgeschlossen sind Streamingdienste wie Netflix oder Spotify sowie reine Internetkäufe, also beispielsweise bei Amazon. Es geht beim KulturPass um die Vielfalt der lokalen Kulturangebote. Auch Firmen wie MediaMarkt und Saturn sind ausgeschlossen. "Wir achten auf die lokale Ebene. Andere deutschlandweit agierende Anbieter sind Grenzfälle, die noch geprüft werden", erklärte Seiffert.

Buchhandlungen sollten möglichst viele Angebote machen

Der Informationsbedarf ist groß, sowohl auf Seiten der anbietenden Buchhändler:innen als auch von Seiten der Teenager und ihrer Eltern und Erzieher. Seiffert hat aber keine Sorge, dass die Jugendlichen Probleme haben könnten, die KulturPass-App zu nutzen. Auch die Registrierung sollte einfach sein; dafür benötigen die Jugendlichen  einen Online-Ausweis. Nutznießer des 200-Euro-Geschenks können laut statistischem Bundesamt dann rund 750.000 Jugendliche sein. Dabei ist der deutsche Pass keine Voraussetzung. "Was das ganze sehr spannend macht, ist die Diversität. Uns geht es auch darum, Jugendliche in Milieus zu erreichen, die einen erschwerten Zugang zur Kultur haben, sozial benachteiligte Teenager auch in ländlichen Regionen oder mit Migrationserfahrung oder Fluchterfahrung", erläuterte Seiffert, und Rottmann ergänzte: "Die Jugendlichen werden sich durch die Shops und die Angebote online klicken. Ich empfehle den Buchhandlungen, möglichst viele Angebote zu machen. Das können einzelne Buchtitel oder auch Lesungen sein."

Die zahlreich anwesenden Buchhändler:innen stellten viele Fragen, etwa zu Titeln, die (noch) nicht lieferbar sind (wie werden die Jugendlichen darüber benachrichtigt?), oder zum konkreten Arbeitsprozess an der Kasse (gleichzeitig abrechnen und den KulturPass-Kauf melden?). Rottmann beruhigte: "Was benötigt wird, ist ein Tablet oder ein anderes internetfähiges Computersystem, womit man parallel zur Kasse die Plattform öffnen kann, um den Kauf auch dort einzutragen. Sollte das zu kompliziert sein, kann man die KulturPass-Umsätze auch abends oder in den folgenden Tagen notieren."

Entscheidend ist die Nähe zum Wohnort

Wie die mit Angeboten gefüllte App und die Webseite später aussehen werden, interessierte viele. Seiffert: "Es wird nicht so sein, dass Anbieter mit sehr vielen Angeboten höher gewichtet werden als kleine Anbieter. Algorithmen und ähnliche Technologien sind derzeit nicht geplant. Die Nähe zum Wohnort oder zum aktuellen Aufenthalt ist entscheidend", sagte Rottmann. Auf dem digitalen Marktplatz, wo die Buchhandlungen mit eigenen Shops präsent sind, werden die Angebote beispielsweise für Lesungen oder aktuelle Bücher für die Zielgruppe eingestellt. Kommt eine Reservierungsanfrage, wird das im Shop angezeigt, zudem wird eine E-Mail-Benachrichtigung an die Buchhandlung verschickt.

Große Streaming-Angebote sind zwar ausgeschlossen, hybride Veranstaltungen werden aber berücksichtigt: Gibt es also neben der Lesung in der Buchhandlung oder im Literaturhaus eine digitale Version davon, die kostenpflichtig ist, kann der Jugendliche solche Streaming-Angebote nutzen. Kyra Dreher, Geschäftsführerin der Fachausschüsse im Börsenverein, richtete einen leidenschaftlichen Appell an die Anwesenden: "Wir wollen ganz kräftig die Werbetrommel rühren, weil das eine so großartige Initiative ist. Bitte begeistern Sie die Jugendlichen für dieses neue und vielfältige Kulturangebot! Tragen Sie es weiter in die Erfa-Gruppen, damit diese tolle Initiative ein voller Erfolg wird!" Dreher versprach kräftige Unterstützung für alle Buchhandlungen auch in Detailfragen. Die Messlatte sei Frankreich, wo im vergangenen Jahr 50 Prozent der Angebote in Buchhandlungen umgesetzt wurden. "Das wollen wir knacken – bitte machen Sie alle mit!"

Themen zum KulturPass, die in Leipzig diskutiert wurden:

  • Jugendliche müssen für die Registrierung im Besitz eines elektronischen Personalausweises, einer eID-Karte oder eines elektronischen Aufenthaltstitels, eines eAT sein
  • Die Anmeldung für Buchhändler:innen erfolgt mit dem Zertifikat der elektronischen Steuererklärung: Für die Registrierung bedarf es also des ELSTER-Zertifikates. Mit dieser Datei können sich die Buchhandlungen ab Mitte Mai online auf der KulturPass-Plattform als Kulturanbieter registrieren und dort einen eigenen Webshop installieren und Lesungen usw. anbieten. Webinare des Börsenvereins leisten Hilfestellung
  • Wer Elster nicht selbst nutzt, kann den Steuerberater informieren. Eine Buchhandlung mit zwei oder mehr Filialen muss nicht zwei Elster-Zugänge angeben. Ein Elster-Zertifikat reicht. Mit dem Elsterzertifikat wird sichergestellt, dass sich nur institutionelle Anbieter – also keine Privatpersonen – für die App registrieren. Via Elster bekommt die Stiftung Digitale Chancen zudem automatsch Basis-Informationen zur Buchhandlung. Nur die Bankverbindung muss dann noch nachgepflegt werden.
  • Jede Information über die wie bei "Click & Collect" abgeholten Bücher oder verkauften Tickets gehen bei der Stiftung ein, wo sie geprüft und nach zwei bis drei Wochen vergütet werden.
  • Das lokale Angebot soll genutzt werden, was durch Geolokalisation beim Stöbern in der App gewährleistet ist. Hinzu kommen Kampagnen und Themenwochen beispielsweise während der Frankfurter Buchmesse, in denen das Buch ganz prominent vertreten sein wird vor den anderen Angeboten.
  • Die VLB-Titeldaten und zudem Bücher in englischer Sprache stehen in der KulturPass-App bereit.
  • Die Jugendlichen können auch während einer Reise innerhalb Deutschlands an ihrem Standort und im Umkreis nach Angeboten suchen und Präferenzen angeben. Wenn beispielsweise ein bestimmtes Buch gesucht wird, dann werden den Jugendlichen alle Anbieter im Umkreis angezeigt und sie können frei wählen, wo sie es erwerben möchten. In der Darstellung der Anbieter wird es keine Wertung geben.
  • Das 200-Euro-Budget besteht aktuell nur für 18-Jährige, aber Seiffert betont, dass App und Plattform für alle gedacht sind, denn dort kann man sich auf ideale Weise über regionale Kulturangebote informieren. Ob und wie der KulturPass in kommenden Jahren fortgeführt und eventuell für andere Altersgruppen erweitert wird, steht noch nicht fest.
  • Das 200-Euro-Guthaben für die 18-Jährigen bleibt zwei Jahre lang gültig.
  • Die Stiftung Digitale Chance kooperiert eng mit Schulen, Vereinen und Verbänden, um die Initiative bei allen 18-Jährigen bekannt zu machen.
  • Der Börsenverein wird zum Start im Juni allen Buchhändler:innen kostenloses Werbematerial (Postkarten, Plakate u.v.m.) zur Verfügung stellen und schon im Vorfeld Webinare anbieten.
  • Die Stiftung Digitale Chancen wird später auch das Kultur-Angebot in der App und im digitalen Marktplatz-Portal redigieren. Auf www.kulturpass.de befinden sich jetzt schon wesentliche Hinweise für die Anbieter und die Jugendlichen.

Bereits erschienene KulturPass-Artikel im Börsenblatt: Claudia Roth: "Interrail-Ticket in die Kultur" (boersenblatt.net) / "Kundengruppe der 18-Jährigen gezielt ansprechen" (boersenblatt.net)