Kalendersaison 2023

Kalendarium ist für Jüngere kein Kaufkriterium

4. Oktober 2023
Barbara Schmidt

Auf vielen Kalendern, besonders den schönen Hinguckern, scheint das Kalendarium im Verschwinden. Welche Bedeutung hat es überhaupt noch? Wir haben uns umgehört.

Kalendarium

"Gute Fotoqualität ist ausschlaggebend"

Der Trend geht schon länger zur Verschlankung, auch beim Kalendarium. Leben wir doch  in Zeiten, in denen die meisten ihre Termine per Computer oder Smartphone machen. Das Datum haben viele auch auf der Uhr. Kalender nennt Gernod Siering, Inhaber der Buchhandlung LeseLust in Eisenach, "ein klar umrissenes Produkt" – gerade dank des immanenten Kalendariums. "Sonst kann ich mir ja auch ein schönes Bild an die Wand hängen", meint Siering. Daher denke er schon, dass beides zusammengehöre. Wie viel Raum ein Kalendarium braucht, das sei individuell sehr unterschiedlich. Wer einen Kalender wolle, auf dem er auch Termine notiere, brauche Platz. Der klassische Posterkalender sei aber doch eher ein Wandschmuck. "Hier sind vor allem eine gute Fotoqualität und ein gutes Reprint ausschlaggebend für die Kunden", ist sich Siering sicher. Auf die Gestaltung des  Kalendarium werde dagegen kaum geschaut. Die Verlage gäben sich da auch nach seinem Eindruck große Mühe, es gut in die Gesamtgestaltung einzupassen: "Das hat dann insgesamt was Stimmiges". Dass der Kunde beim Kalenderkauf auch ganz auf ein Kalendarium verzichten würde, glaubt Siering nicht. "Mich hat noch keiner gefragt: Haben Sie einen Kalender ohne Zahlen?", sagt er mit einem Lächeln.

Wie viele Tage hat der Monat noch?

Stefanie Salmen von der Buchhandlung Jakob in Nürnberg ist der Ansicht, dass das Kalendarium bei jedem Kalender nach wie vor dazugehört. Sie hat aber schon beobachtet, dass bei allem, was nicht der Terminplanung dient, das Kalendarium "immer mehr ins Hintertreffen gerät". Dass Kunden explizit auf das Kalendarium geschaut hätten, sei ihr noch nicht untergekommen, erklärt Salmen. "Vor allem interessieren die Bilder und ob die Größe für den vorbestimmten Ort passt". Das Kalendarium werde wohl noch genutzt, um schnell mal zu schauen, wieviel Tage dieser Monat habe oder auf welchen Wochentag ein bestimmter Termin falle. Wichtiger als das Kalendarium selbst sei wohl, dass es nicht als störend empfunden würde. Schon gar nicht für eine mögliche Nachnutzung als reines Bild an der Wand oder als Geschenkverpackung. Sie habe aber bei den hochwertigen Kalendern auch noch nie gesehen, dass der Verlag "den Monat ins Bild eingedruckt hätte", so Salmens Erfahrung.   

Die etwas älteren Kunden nutzten durchaus noch das Kalendarium ihrer Kalender, meint Yvonne Halbig von der Buchhandlung Bärsch im Frankfurter Stadtteil Höchst. Übersichtlichkeit und ein gutes Gesamt-Erscheinungsbild hält sie für wichtig. Dass gerade ältere Käufer es schätzten, wenn das Kalendarium gut lesbar und nicht zu klein sei, ist für sie keine Frage. Für jüngere Kunden hingegen ist es kein Kaufkriterium. Nach ihrem Eindruck spielt das Kalendarium für ihre Kaufentscheidung keine Rolle.

Das Kalendarium verortet das Bildmotiv im Jahreslauf

Der Ackermann Kunstverlag in München produziert seit Jahrhunderten Kalender. Verlagsleiterin Nicole Roussey hält eine gewisse Lesbarkeit grundsätzlich für wichtig, egal zu welchem Zweck ein Kalender gekauft wird. "Optisch ist entscheidend, dass das Bild nicht durch das Kalendarium in seiner Wirkung beeinträchtigt wird." Roussey räumt ein, selbst heute nicht mehr auf einen Kalender zu schauen, wenn sie etwa wissen wolle, ob der 25. Mai ein Sonntag sei. Da es bei Fehlern im Kalendarium, zu denen es bei allen Herstellern leider ab und an auch mal komme, nur ganz selten eine Reklamation von Kunden gebe, könne sie sich gut vorstellen, dass es anderen ähnlich gehe. Wäre es dann nicht logisch, aufs Kalendarium ganz zu verzichten? Für Roussey nicht wirklich eine Option. Das Kalendarium wollten die Kunden schon, meint sie. Und sei es auch nur, um zu wissen, wann umgeblättert werden muss.

Die meisten Bild-Text-Kalender aus seinem Hause würden wohl wegen der Motive gekauft, meint Jürgen Dörr vom Kawohl-Verlag. Das Kalendarium habe in vielen Fällen die Funktion, das Motiv im Jahr zu verorten und zu signalisieren, wann es Zeit werde, sich einen neuen zu gönnen. So, wie Bilder und Texte mit größter Sorgfalt ausgesucht und gestaltet würden, gelte das auch für das Kalendarium, so Dörr. "Letztlich muss für die Kaufentscheidung das Gesamtpaket – Gestaltung, Material, Funktionalität, Preis, Inhalte – zielgruppengerecht passen."

Nicht ohne Monats- und Wochenübersicht

"Ein Kalender ist nicht nur eine Zusammenstellung schöner Bilder", stellt Corinna Röger vom Heel-Verlag fest. Wer kein Kalendarium brauche, könne sich ja auch einfach nur jeden Monat ein anderes Poster an die Wand hängen. Ein Heel-Foto-Kalender brauche jedenfalls nach wie vor ein Kalendarium, weil dieses eine Wochen- und Monatsübersicht biete. Damit gebe sich ihr Verlag sogar besondere Mühe, erläutert Röger, um auch mit dem Kalendarium noch einen zusätzlichen optischen Reiz zu bieten. "Wir packen nicht einfach immer das gleiche Kalendarium unter die Bilder". Sicher sei das Bild bei Kalendern das Wichtigste, "aber ein schön gestaltetes Kalendarium wertet einen Kalender noch mal auf". Für Heel jedenfalls sei dieses auch in Zukunft unverzichtbar.