Übernahme der Buchhandlung Schmitz

"Ich will, dass diese Geschichte weitergeschrieben wird"

15. Januar 2024
Christina Busse

Zeitenwende: Nach fast 36 Jahren als selbstständiger Buchhändler hat Thomas Schmitz seine Buchhandlung Schmitz in Essen in neue Hände übergeben. Ein Schritt, der ihm nicht leicht gefallen ist, aber notwendig gewesen sei, wie er im Gespräch ausführt.

Thomas Schmitz, Inhaber der Buchhandlung Schmitz und Schmitz Junior in Essen Werden

Das neue Jahr fing für Sie gut an: Das Thema "Inventur" gehört für Sie der Vergangenheit an. Eine Tatsache, der Sie keine Träne nachweinen ...
Stimmt, das ist ein wirklich positiver Aspekt. Doch insgesamt betrachtet hatte ich in meiner Buchhandlung – und das betrifft immerhin mehr als mein halbes Leben – eine grandios schöne Zeit. Auch wenn es für mich vor 20 Jahren an die wirtschaftliche Existenzgrenze ging, als eine große Ausstellung mit hohem Verlust ausging. Das Team ist zu Freund:innen geworden und die Kundschaft besteht aus uns wohlgesonnen Leuten, von denen ich mich verabschieden muss – da darf man auch ein weinendes Auge haben und etwas wehmütig sein.

 

Sie sind jetzt 63 Jahre alt – wann haben Sie begonnen, sich gedanklich mit dem Thema Generationenwechsel anzufreunden?
Konkret habe ich mich seit anderthalb Jahren auf die Frage "Was machst du, wenn du nicht mehr arbeitest?" vorbereitet . Man spricht ja auch vorher schon immer mal ein bisschen darüber und so entwickelt es sich von einem eher vagen "Kann ich mir vorstellen" hin zum ersten Abtasten der Modalitäten. Dass ein Wechsel stattfinden muss, stand außer Frage: Ich will, dass die Geschichte dieser Buchhandlung weitergeschrieben wird.

 

Mit Ihrem Nachfolger Dennis Hasemann konnten Sie an einen erfahrenen Mitarbeiter übergeben. Eine Situation, die sich viele Kolleg*innen in ähnlicher Situation wünschen.
Er ist seit etwa 15 Jahren dabei, hat als studentische Aushilfe angefangen, dann bei uns seine Ausbildung zum Buchhändler gemacht. Jetzt ist er 38 und es wird Zeit … Schön war, dass wir uns langsam dem Thema angenähert haben. Ganz nebenbei, zum Beispiel auf längeren gemeinsamen Autofahrten, haben wir immer mal wieder darüber geredet, wie es weitergehen könnte. So ist es nach und nach immer konkreter geworden. Im März 2023 haben wir die Mitarbeiter:innen über den anstehenden Wechsel informiert. Dem vorausgegangen waren Gespräche mit dem Steuerberater, der den finanziellen Spielraum für den Verkauf benannt hat. Ich wollte die "untere Kante" und den möglichen Verkaufspreis nicht bis ins Letzte ausreizen, nur weil es das hergibt – mir kommt es darauf an, dass es weitergeht.

 

Welche weiteren Rahmenbedingungen wurden im Vorfeld abgeklärt, um Ihrem Nachfolger einen guten Start zu ermöglichen?
Ganz wichtig war, die Vermieterinnen unserer beiden Standorte – unseren Ableger, die Kinderbuchhandlung Schmitz Junior, gibt es ja auch schon seit fast 30 Jahren – rechtzeitig zu kontaktieren. Sie mögen den Stadtteil und wissen, wie wichtig die Buchhandlungen für den Ort sind. Die Mieten sind vergleichsweise moderat. Wir konnten vereinbaren, dass die Mietverträge mit der Übergabe beibehalten werden. Für meinen Nachfolger bedeutet das in dieser Hinsicht fünf Jahre Sicherheit. Außerdem haben wir eine neue Rechtsform gewählt: Aus der Thomas Schmitz e.K., also dem Einzelunternehmen, ist bereits zum 1. November 2023 die Schmitzbuch KG geworden.

Die Firma als KG zu führen, bringt Vorteile mit sich.

Thomas Schmitz

Was hat Sie zu diesem Schritt bewogen?
Der Ausgangspunkt war, dass sich das Unternehmen mit den Jahren verändert hat, dass es gewachsen ist: Dennis Hasemann übernimmt zwei Standorte, ein großes Schulbuchgeschäft und 18 Personen. Es war klar, dass man da anders ran muss als ich vor 36 Jahren. Deshalb haben wir anlässlich der Übertragung mit dem Steuerberater und mit einer Notarin, die auch die Verträge aufgesetzt hat, über die verschiedenen Möglichkeiten gesprochen. Die Firma als KG (Kommanditgesellschaft) zu führen, bringt Vorteile mit sich. Voraussetzung zur Gründung ist der Zusammenschluss von mindestens zwei Personen: Dennis Hasemann gehören 90 Prozent, mir die restlichen zehn. Bis Ende des Jahres habe ich gehaftet, seit dem 1.1. trägt er die Verantwortung. Den Verlagen und weiteren Geschäftspartnern, zum Beispiel im Schulbuchgeschäft, gibt das Sicherheit: Die Buchhandlung Schmitz ist als vertrauenswürdige Partnerin bekannt und wird auch bei der Neubewertung durch den Versicherer im gewohnten Rahmen beurteilt. Die Investition in die Beratung hat sich auf jeden Fall gelohnt.

 

Wie haben Sie den Inhaberwechsel publik gemacht?
Unser Kundenmagazin "schmitzkatze" war das Sprachrohr für die Übergabe. Sie erscheint in 5.000 Exemplaren und hat eine hohe Durchdringung im Ort. Außerdem hatten wir fast eine ganze Seite in der "WAZ".

 

Steht noch eine große Übergabeparty aus?
Die habe ich verboten. Sehr gefreut habe ich mich aber über einen Gegenentwurf zur "schmitzkatze", den "schmitzkater" in einer Auflage von 100 Exemplaren, in dem kleine Geschichten von Mitarbeiter:innen und weiteren Wegbegleiter:innen zusammengetragen sind. Unter anderem erzählt Karin Schmidt-Friderichs von der CD-Sammlung ihres Mannes. Sie hat mir immer soweit vertraut, als dass ich zu seinen Geburtstagen jeweils eine Auswahl zusammenstellen konnte. Ebendiese Sammlung gehörte bei einem Einbruch in ihr Haus zum Diebesgut, was die Polizei sehr überrascht hat und als besonderes Qualitätsmerkmal angesehen wurde …

 

Sind Sie denn weiterhin in die Buchhandlung involviert, auch über die zehn Prozent Anteile hinaus?
Mein Motto lautet: "Ich will keinen Acker mehr bestellen, höchstens noch einen Schrebergarten." Ich helfe, wo ich kann und wo es gewollt ist – egal ob es um Texte für die "schmitzkatze" geht, um Aushilfe im Laden oder darum, Schulbücher mit dem LKW auszufahren … Vor allem will ich aber ein paar andere Sachen machen, mich zum Beispiel mehr in dem Grafikunternehmen einbringen, das ich mit einem Freund zusammen mache und in dem unter anderem die "schmitzkatze" und das "Kudu Magazin" erscheinen. Auch die "Langstrecke" reizt mich, es könnte sein, dass ich mich einem Buchprojekt widmen werde.