Bargeldloser Zahlungsverkehr

Goodbye Maestro, Hello Kostensteigerung?

10. Februar 2023
Sabine Cronau

Zum 1. Juli 2023 läuft die Maestro-Funktion auf Girokarten aus. Auch wenn die Umstellung für Verunsicherung sorgt: Beim Bezahlvorgang ändert sich erst einmal wenig – für den Handel allerdings könnte es deutlich teurer werden, warnt der HDE.

Girocard, hier noch mit Maestro-Logo

Girocard, hier noch mit Maestro-Logo

Die Girocard ist das meistgenutzte Zahlungsmittel in Deutschland. Mehr als 42 Prozent des Umsatzes im deutschen Einzelhandel werden mittlerweile über das Girocard-Verfahren getätigt (Bargeld: 38 Prozent, Quelle: Handelsverband Deutschland). Das Plastikkärtchen, früher als EC-Karte bekannt, ist das Zahlungssystem der Deutschen Kreditwirtschaft. Das bedeutet allerdings auch: Es kann nur in Deutschland genutzt werden.

Dass man mit der Girocard auch im Ausland bezahlen kann – dafür sorgt Maestro. Das Logo mit den beiden rot-blauen Kreisen steht für ein zweites Zahlungssystem, das auf der Karte zusätzlich zum deutschen Zahlungssystem Girocard hinterlegt ist und zum internationalen Kreditkartenanbieter Mastercard gehört. Es erweitert den bargeldlosen Zahlungsverkehr mit Girocard um eine weltweite Bezahlfunktion. Auch Wettbewerber Visa hat ein entsprechendes Angebot im Programm: V-Pay. Dieses Zahlungssystem kann allerdings nur in Europa genutzt werden.

Banken müssen Alternativen zu Maestro finden

Anbieter Mastercard sorgt seit Monaten für Schlagzeilen: Er will Maestro im Sommer nach 30 Jahren einstellen – weil die Girocard nicht durchgängig für Zahlungen im Onlinehandel genutzt werden könne. Angekündigt wurde das Maestro-Ende zwar schon 2021, aber so richtig angekommen ist das Thema bei vielen Kund:innen, Händlern und Medien erst in den vergangenen Wochen.

Jetzt, wo das übergreifende Maestro-Modell ausläuft, müssen Banken und Sparkassen individuell nach Alternativlösungen suchen:

  • Beispielsweise können sie für Auslandszahlungen im europäischen Raum auf das Maestro-Pendant V-Pay von Konkurrent Visa umschwenken.
  • Debitfunktionen von Mastercard (bzw. Visa) und Girocard auf einer weiterentwickelten Karte integrieren (so wie bei der neuen, modernisierten Sparkassen-Card).
  • zusätzlich zur Girocard für Deutschland noch eine Mastercard-Debitkarte fürs Ausland ausgeben
  • oder für den internationalen Einsatz auf Kreditkarten verweisen.

Zur Erläuterung: Debitkarten (etwa Mastercard Debit) unterscheiden sich von der Kreditkarte durch das Abbuchungsprinzip: Die Summe wird direkt vom Konto abgezogen. Die Girocard ist die Debitkarte der Deutschen Kreditwirtschaft.

Was bedeutet das für die Kunden?

Kund:innen müssen erst einmal nichts tun. Banken und Sparkassen, die Maestro nutzen, werden ihnen in den nächsten Monaten nach und nach neue Debitkarten zuzusenden, in welcher Form auch immer. Vorhandene Girokarten bleiben bis zum Ablaufdatum gültig und damit, je nach Ausgabedatum, zum Teil mehrere Jahre über den 1. Juli 2023 hinaus.

Wie das Handelsblatt im Dezember berichtet hat (mehr dazu hier), ist der Kartentausch bei Sparkassen schon angelaufen. Außerdem gibt der Artikel einen guten Überblick darüber, welche Bank sich bislang für welches System entschieden hat.

Auch die Verbraucherzentrale hat sich mit dem Thema befasst und für Konsumenten die wichtigsten Fakten und Tipps rund um die verschiedenen Kartensysteme zusammengetragen. Kund:innen müssen sich vor allem darüber informieren, was ihre neue Karte im Detail kann. Mehr dazu hier.

Problematisch sind Karten, auf denen nur eine Zahlungsfunktion der globalen Marken wie Mastercard oder Visa aufgebracht sind. Denn diese Karten verursachen in den allermeisten Fällen deutlich höhere Transaktionskosten für den Händler.

Handelsverband Deutschland

Drohen jetzt höhere Kosten für den Handel?

Also alles gut? Jein. Welches Dilemma sich hinter dem Maestro-Abschied für den Einzelhandel und die Zukunft der Girocard verbirgt, schildert der Handelsverband Deutschland (HDE) in einer Stellungnahme.

Der Entfall der Maestro-Funktion auf der Bankkarte sei demnach für den Handel in Deutschland dann unkritisch, wenn die Girocard-Zahlungsoption auf der ausgegebenen Karte erhalten bleibe, erläutert der HDE: „Problematisch sind allerdings Karten, auf denen nur eine Zahlungsfunktion der globalen Marken wie Mastercard oder Visa aufgebracht sind. Denn diese Karten verursachen in den allermeisten Fällen deutlich höhere Transaktionskosten für den Händler.“

HDE fordert Erhalt der Zwei-Marken-Strategie

Eine Transaktion mit einer sogenannten Mastercard Debit könne das Vierfache einer Girocard-Zahlung kosten, rechnet der HDE vor. Denn die Girocard sei mit Gebühren von ca. 0,2 Prozent des Umsatzes nicht nur das meistgenutzte, sondern zugleich auch das günstigste bargeldlose Zahlverfahren für den Handel: „Sollten also Banken die Abkündigung von Maestro als Vorwand nehmen, nur noch Karten mit einem der globalen Verfahren und ohne Girocard-Funktion auszugeben, würde dies im Handel zu stark steigenden Kosten im Zahlungsverkehr führen.“

Anders formuliert: Ein 100-Euro-Einkauf verursacht Autorisierungskosten von ca. 20 Cent im Girocard-System und bis zu einem Euro im System der globalen Anbieter Visa und Mastercard. Schon jetzt seien deutliche Kostensprünge spürbar, weil Internetbanken ebensolche Karten – also Mastercard- oder Visa-Debitkarten - herausgeben und damit die Kosten für die Händler in die Höhe treiben würden, kritisiert der Handelsverband.

Aus Sicht des HDE kann die Reduzierung der Kartenfunktion auf ein globales Zahlverfahren jedoch auch für den Verbraucher Probleme mit sich bringen, denn es gebe in Deutschland viele Geschäfte („Schätzungen gehen von etwa 200.000 Terminals aus“), die mit Blick auf die anfallenden Kosten nur die Girocard akzeptieren würden.

Bedeutungsverlust für die Girocard?

Die große Sorge des HDE (die der Buchhandel mit Blick auf die unterschiedlichen Kosten teilen dürfte): Die Marktbedeutung der Girocard, durch digitale Bezahlsysteme wie PayPal & Co. ohnehin unter Druck, könnte im Zuge der Umstellung abnehmen. Die globalen Kartenanbieter würden offenbar Marktanteile gewinnen wollen und den Geschäftsbanken attraktive Modelle anbieten, wenn sie die heimische Girocard zugunsten ihrer eigenen Debitkarten entweder ganz austauschen oder die Girocard nur noch auf Nachfrage oder gegen erhöhte Gebühren ausgeben, so der Handelsverband Deutschland.

Er fordert deshalb, „dass wie auch bisher mindestens zwei Zahlungssysteme auf der von den Banken ausgegebenen Karte enthalten sein sollten, wobei eine die Girocard-Funktion abbilden sollte. Dies bietet für den Handel bestmögliche Kosteneffizienz und für den Karteninhaber eine ausgezeichnete Reichweite und Einsetzbarkeit auch im Ausland.“

Fällt die Forderung auf fruchtbaren Boden?

Der HDE sieht Regelungsbedarf – und würde sich eine Verordnung wünschen, die vorschreibt, „dass alle Debitkarten mit mindestens zwei nicht verbundenen Kartensystemen ausgestattet sein müssen“. Das würde die Marktstellung der Girocard schützen.

Aus der Kreditwirtschaft kommen allerdings Signale, dass die Bedeutung der Zwei-Marken-Strategie erkannt wird. Die modernisierte Sparkassen-Card setzt auf die Kombination aus Girocard und Mastercard Debit beziehungsweise Visa Debit – und hat ein digitales Update für die Handy-Zahlung bekommen (mehr dazu hier). Auch der BVR als Vertreter der Volksbanken und Raiffeisenbanken unterstütze eine Doppellösung, so der HDE.