Lesetipps

Erkenntnisse zum Weltfrauentag

7. März 2025
Jule Heer

Am 8. März ist der Weltfrauentag. Welche zentrale Rolle die Frau in der Eiszeit gespielt hat und wie Männer heute über Feminismus und Gleichberechtigung denken, beantworten aktuelle Buchtitel – die auch noch über den 8. März hinaus relevant bleiben. 

 

Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen ist noch immer Zukunftsmusik: So sind nur ein Drittel der Abgeordneten im neuen Bundestag Frauen und Frauen haben im Jahr 2024 in Deutschland pro Stunde durchschnittlich 16 Prozent weniger verdient als Männer, wie das Statistische Bundesamt festgestellt hat. Der 8. März wird seit 1911 als Internationaler Frauentag, Weltfrauentag bzw. feministischer Kampftag begangen, um für die Gleichstellung von Frauen sowie (Frauen, Lesben, inter, nichtbinäre, trans und agender Personen) zu demonstrieren. Auch aktuelle Buchtitel sprechen Themen rund um Feminismus und Gleichberechtigung an.

Reise durch die Geschichte der Frau

Ulli Lust: "Die Frau als Mensch", Reprodukt, 256 S., 29 €

Ulli Lust: "Die Frau als Mensch", Reprodukt, 256 S., 29 €

"Sprachlich ist der Mann die Norm", schreibt Ulli Lust in ihrem Sach-Comic "Die Frau als Mensch". Denn: Durch den männlichen Artikel vor dem Wort Mensch würden die meisten bei dem Wort an einen Mann denken, obwohl auch eine Frau oder eine nonbinäre Person gemeint sein könne. Doch war das schon immer so? In Bildern reist Lust zurück in die Eiszeit, aus der vor allem Frauenfiguren zurückgeblieben sind. So stellt sie fest: "Die älteste Menschenskulptur der Weltgeschichte ist zweifelsfrei weiblich", während heute selten weibliche Geschlechtsorgane künstlerisch dargestellt würden. Immer wieder zeigt sie auch die heutige Zeit, in der beispielsweise die Periode unter Jugendlichen als peinlich empfunden und versteckt wird, und beschreibt in Bildern und Worten, welche Rituale es rund um die Periode zu verschiedenen Zeiten und Kulturen gab. Eine spannende und aufklärerische Reise durch die Menschheitsgeschichte – oder vielmehr: Die Frauengeschichte!

Männer und Feminismus

Wie sprechen Männer über Frauen, wenn sie unter sich sind? Das haben Vincent-Immanuel Herr und Martin Speer in Gesprächsgruppen untersucht und ihre Ergebnisse in "Wenn die letzte Frau den Raum verlässt" festgehalten. Es wird deutlich: Das Abtun oder sogar Abstreiten von Ungleichberechtigung zwischen Frauen und Männern sitzt oft tief. Dabei unterscheiden die Autoren zwischen verschiedenen Typen: vom Alphamann, der meint, "Gendergetue ist Mädchenkram", bis hin zum Antifeminist, der überzeugt ist, dass es tatsächlich Männer sind, die es im Leben schwerer haben.

Den anwesenden Männern Erfahrungsberichte zum Thema Sexismus von Frauen aus dem eigenen Unternehmen vorzustellen oder ihnen Beispiele für "Male Allies" vorzustellen, helfe, um ihnen bestehende Probleme vor Augen zu führen und gewissen Statements den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Vincent-Immanuel Herr, Martin Speer: "Wenn die letzte Frau den Raum verlässt. Was Männer wirklich über Frauen denken", Ullstein, 208 S., 19,99 €

Vincent-Immanuel Herr, Martin Speer: "Wenn die letzte Frau den Raum verlässt. Was Männer wirklich über Frauen denken", Ullstein, 208 S., 19,99 €

Neue Reden ungehaltener Frauen

Friederike Emmerling, Judith Heinz, Johanna Schwung, Julia Blando: „Ich bin VIELE! Neu ungehaltene Reden ungehaltener Frauen.“, Fischer Taschenbuch, 176 S., 20 €

Friederike Emmerling, Judith Heinz, Johanna Schwung, Julia Blando: „Ich bin VIELE! Neu ungehaltene Reden ungehaltener Frauen.“, Fischer Taschenbuch, 176 S., 20 €

Das Ungehalten-Projekt, das laut Website "mutig redenden Frauen eine wachsende Öffentlichkeit" verschaffen will, geht in die vierte Runde: Schon drei Bände voller Reden von Frauen sind erschienen. In diesem Band kommen viele Mütter und auch Töchter zu Wort. So schreibt Yasmin Hahn eindringlich über das Aufwachsen als Mädchen: Wie früh Bodyshaming schon beginnt – und sei es getarnt durch den Ballettunterricht – und wie missverstanden sie sich während der Pubertät fühlen. Alma Maja Ernst erzählt, in welchen Momenten sie aus Angst, kompliziert zu sein, Ja gesagt hat, obwohl sie eigentlich Nein sagen wollte. "Ich möchte 'kompliziert' sein dürfen", ist ihr jedoch klar geworden. Ein Buch, in dem Frauen ihre Eindrücke zu den verschiedensten Themen äußern, ihre Wut und ihre Angst.

 

Ein besonderer Patient

Das Patriarchat auf die Couch legen: Das macht Katharina Linnepe in ihrem neuen Buch. Mit viel Humor und Scharfsinn schildert sie, wie das Gesellschaftssystem auf Fragen wie "Was war denn Ihre bislang größte Lüge?" reagieren würde. Nämlich mit der Erklärung: "Dass es in meinem Unternehmen allen gut geht, wenn sie sich nur an meine Regeln halten." Sie attestiert dem Patriarchat, ein Psychopath, Narzisst und Machiavellist zu sein und zeigt, wie wir dem entgegenwirken können.

Katharina Linnepe: "Wenn das Patriarchat in Therapie geht. Sitzungen mit unserem kranken Gesellschaftssystem", Beltz, 256 S., 20 €

Katharina Linnepe: "Wenn das Patriarchat in Therapie geht. Sitzungen mit unserem kranken Gesellschaftssystem", Beltz, 256 S., 20 €

Ungewollt schwanger

Wanda Dufner: "Bauchlandung", Edition Moderne, 400 S., 35 €

Wanda Dufner: "Bauchlandung", Edition Moderne, 400 S., 35 €

Ungeplant schwanger mit 17: Das ist Noemi in Wanda Dufners Graphic-Novel-Debut. Mit bunten, humorvollen und überzeichneten Bildern zeigt die Autorin, welche Ängste für die Protagonistin mit der Schwangerschaft verbunden sind und mit welchen Reaktionen ihres Umfelds sie sich konfrontiert sieht. Sexistische und entmündigende Kommentare sind an der Tagesordnung, während der Vater des Kindes kaum etwas davon abbekommt. Dazu das Gefühl: Abzutreiben wäre eine Sünde. Die Autorin und Illustratorin ist selbst mit 17 schwanger geworden und vermittelt in Bildern und Worten eindringlich, wie belastend diese Erfahrung als junge Frau sein kann.

Weitere aktuelle Titel zum Thema

  • Barbara Streidl: "Feminismus. 100 Seiten. Wie Frauen, FLINTA*, LGBTQ in aller Welt für ihre Rechte kämpfen", Reclam, 100 S., 12 € 

  • Mareike Fallwickl: "Liebe Jorinde oder Warum der Feminismus unsere Söhne braucht", Kjona Verlag, 80 S., 15,99 € 

  • Alexandra Bleyer: "Revolutionärinnen. Frauen, die Geschichte schrieben. Visionärinnen, Freiheitskämpferinnen und Feministinnen aus der ganzen Welt", Reclam, 400 S., 28 € 

  • Sarah Kornfield: "Watching Women. Femininity on TV", De Gruyter, 180 S., 99,95 € 

  • Chimamanda Ngozi Adichie: "Dream Count", Ü: Jan Schönherr, S. Fischer, 528 S., 28,99 € 

  • Khalida Popal: "Meine wundervollen Schwestern. Eine Geschichte über Mut, Hoffnung und das afghanische Frauen-Fußballteam", Edel Sports – ein Verlag der Edel Verlagsgruppe, 304 S., 22 € 

  • Caroline Darian: "Und ich werde dich nie wieder Papa nennen. Von der Tochter von Gisele Pelicot", Ü: Michaela Meßner / Grit Weirauch, Kiepenheuer & Witsch, 224 S., 22 € 

  • Dana Buchzik: "The Power of No. Warum wir endlich unbequem werden müssen", Klett Cotta, 384 S., 18 €