Wenn eine Buchhandlung zum Serienstar wird

"Eine spannende Erfahrung"

29. August 2024
Sabine Cronau

"Perfekt verpasst": So heißt eine neue Serie mit Anke Engelke und Bastian Pastewka (Amazon Prime). Gedreht wurde dafür auch in der Buchhandlung Löffelholz in Neunkirchen-Seelscheid bei Köln. Paulina Löffelholz über eine turbulente Drehwoche.

Paulina Löffelholz in ihrer Buchhandlung

Die Dreharbeiten haben etwas mehr als eine Woche gedauert - und fast den halben Ort lahmgelegt.

Paulina Löffelholz

In der Hauptrolle: die etwas schräge, eigenwillige Buchhändlerin Maria Lampe, die in ihrer Marburger Buchhandlung "Leselampe" mit dem Leben und der Liebe kämpft. Den Laden gibt es wirklich – allerdings eben nicht in Marburg, sondern in Neunkirchen-Seelscheid und geführt von Paulina Löffelholz.

Haben Sie die Serie schon gesehen?

Na klar. Gleich beim offiziellen Serienstart am 15. August habe ich angefangen zu gucken und mit dem Schnelldurchlauf erstmal die Stellen gesucht, in denen die Buchhandlung vorkommt. In Wirklichkeit ist die Buchhandlung natürlich noch viel schöner 😉.

Wie ist die Produktionsfirma auf Ihre Buchhandlung gekommen? Gute Kontakte oder haben Sie sich beworben?

Die bildundtonfabrik, die die Serie für Amazon produziert hat, sitzt in Köln. Und einige Szenen von „Perfekt verpasst“ spielen ja auch hier in der Gegend – zum Beispiel, als Anke Engelke und Bastian Pastewka in einer Kölner Bar endlich aufeinandertreffen. Die Produktionsfirma hat eine Buchhandlung in der Nähe von Köln gesucht und der Laden musste in einem Fachwerkhaus sein, damit das Ambiente zu Marburg passt, wo die Geschichte ja angesiedelt ist.

Der Scout hat einfach via Umkreis- und Bildersuche nach einer passenden Buchhandlung gegoogelt, unsere Buchhandlung entdeckt und dann bei uns angerufen. Bei der Vorbesichtigung standen dann plötzlich 30 Leute im Laden.

Aus der Buchhandlung Löffelholz wird die "Leselampe"

Die Buchhandlung Löffelholz von außen

Vorher

Nachher

Waren Sie skeptisch - auch weil die Serie ausgerechnet für Amazon Prime produziert wurde?

Eine Geschichte, die von einer unabhängigen Buchhändlerin erzählt, wird bei einem der größten Konkurrenten des unabhängigen Buchhandels ausgestrahlt… Das ist natürlich irgendwie paradox. Aber, dass eine Serie mit dieser Reichweite überhaupt eine Buchhandlung zum Schauplatz macht, ist ja doch eine schöne Sache.

Nach der Anfrage war ich trotzdem erstmal eher zurückhaltend, weil die Dreharbeiten 2023 kurz vor Ostern stattfinden sollten und diese Zeit natürlich sehr umsatzrelevant ist. Aber nach längeren Verhandlungen haben wir uns dann auf eine angemessene Ausfallzahlung einigen können.

Wie lange war die Buchhandlung zu?

Die Dreharbeiten haben etwas mehr als eine Woche gedauert. Der ganze Marktplatz war gesperrt für Container und LKW der Produktionsfirma, der halbe Ort fast lahmgelegt. Vor unserem Schaufenster wurde sogar eine Marburg-Kulisse aufgebaut, damit der Blick aus dem Fenster zum Schauplatz der Serie passt. Die Neunkirchen-Seelscheider waren natürlich sehr neugierig, was da passiert, aber ich durfte noch nicht viel verraten.

Der Buchverkauf lief während der Drehtage stark eingeschränkt weiter: Wir haben das Telefon ins Homeoffice weitergeleitet und im Hinterhof der Buchhandlung eine provisorische Abholstation eingerichtet und dafür die komplette Technik umgezogen. Das war schon alles sehr aufwändig und arbeitsintensiv.

Die Buchhandlung ist wie ein zweites Zuhause für mich. Das ist schon merkwürdig, wenn da plötzlich so viele fremde Leute ein- und ausgehen, Regale ausräumen, ein neues Ladenschild anbringen...

Paulina Löffelholz

Wie sah es in dieser Zeit im Laden aus? Haben Sie kalte Füße bekommen, als die Produktionsfirma anrückte?

Die Buchhandlung ist wie ein zweites Zuhause für mich. Das ist schon merkwürdig, wenn da plötzlich so viele fremde Leute ein- und ausgehen, Regale ausräumen, ein neues Ladenschild anbringen... Ich hatte zunächst auch etwas Sorge um das Parkett, das wir vor zwei Jahren erst neu verlegt hatten. Aber das Filmteam hat alles tipptopp hinterlassen. Der Ist-Zustand wurde im Vorfeld mit Fotos akribisch dokumentiert. Selbst Bücher, die vorher etwas schief im Regal standen, befanden sich hinterher wieder genau in der gleichen Position.

Filmkulisse im Laden - mit Pappaufsteller der Bestsellerautorin Johanna Augustin, die mit einer geklauten Krimi-Idee von Buchhändlerin Maria Karriere macht

Apropos Regale: Im Film punktet die Buchhandlung Leselampe mit sehr originellen Regalbeschriftungen wie „Erfolglos, aber trotzdem gut“…

…„Alte weiße Männer“, „für Schwiegermütter“ oder „für Besserwisser“ gab es auch. Das fanden wir natürlich lustig, in der Realität ist das wohl eher zu provokant…

Was lustig ist: In der Serie sieht die Buchhandlung immer so leer aus – dabei war hinter der Kamera ständig alles voller Filmmenschen.

Paulina Löffelholz

Spielen Sie eigentlich selbst mit?

In der Szene, in der eine Lesung in der Buchhandlung stattfindet, sitzen ein paar von uns im Publikum. Es gibt ja Menschen, die sich hobbymäßig als Komparsen verpflichten und freiwillig stundenlang rumstehen, um auf ihren Einsatz zu warten. Mein Hobby wird das wohl eher nicht. Was lustig ist: In der Serie sieht die Buchhandlung immer so leer aus – dabei war hinter der Kamera ständig alles voller Filmmenschen.

Fiktion und Wirklichkeit: Auf dem Handy ist die Buchhandlung von außen zu sehen - eingebettet in die Marburger Kulisse.

Was sagen die Kund:innen dazu, dass die Buchhandlung Löffelholz zum Serienstar wird?

Die finden das natürlich toll. Die Neunkirchen-Seescheider sind sehr stolz, dass „ihre“ Buchhandlung in der Serie zu sehen ist.

Vorsorglich hat sich die Produktionsfirma den Drehort gleich für mehrere Staffeln gesichert. Nur im Weihnachtsgeschäft stehen wir nicht zur Verfügung – das haben wir vertraglich festgehalten.

Paulina Löffelholz

Hand aufs Herz: Wären Sie bei einer Fortsetzung wieder dabei?

Vorsorglich hat sich die Produktionsfirma den Drehort gleich für mehrere Staffeln gesichert.  Nur im Weihnachtsgeschäft stehen wir nicht zur Verfügung – das haben wir vertraglich festgehalten. Denn wenn wir im November oder Dezember schließen, steigen uns unsere Kund:innen aufs Dach. Und den Umsatz in der Zeit würde mir wohl keine Produktionsfirma ersetzen wollen.

Alles in allem waren die Dreharbeiten super spannend und wirklich eine Erfahrung wert. Man hat mal einen Einblick in eine ganz andere Welt bekommen. Gleichzeitig waren die Tage aber auch extrem anstrengend, weil so vieles zu bedenken war, damit alles funktionieren konnte. Nicht zu vergleichen mit den Dreharbeiten für den Beitrag, den der WDR zu meiner Übernahme der Buchhandlung Anfang 2023 gemacht hat.