Zu den kleinen Ritualen von Elisabeth (66) und Ludger Röttsches (61) gehört ein Treffen am Sonntagabend: Bei einer Tasse Tee blicken sie auf die vergangene
Woche zurück und besprechen die Pläne für die kommende. »Das passiert bei uns absolut vertrauensvoll, im Unternehmen sind immer viele Themen zu klären«, sagt Ludger Röttsches. »Unter uns Geschwistern gibt es auch keine Konkurrenz, da jeder seine Kompetenzen und Freiräume hat.«
Die Buchhandlung im Literaturhaus Herne Ruhr hat eine lange Familien- und Unternehmenstradition: »1905 begann alles mit der Tageszeitung ›Herner Anzeiger‹ – vorn war der Vertrieb mit der Redaktion und hinten die Druckerei. Die Buchhandlung kam erst später dazu«, berichtet Ludger Röttsches von den Anfängen der Buchhandlung Koethers & Röttsches. »Seit 1926 sind wir in unserem heutigen Gebäude – ein monumentaler, damals noch frei stehender Bau. Später wurden, wie damals üblich, in den Redaktionsräumen der katholischen Tageszeitung auch regionale Bücher verkauft.« Josef Röttsches war 1909 in das Unternehmen seines Onkels Johannes Koethers eingestiegen.
Unter dem NS-Regime war die zentrumsnahe Zeitung nach der Machtergreifung nicht erwünscht und büßte zunehmend an Auflage ein. Nach dem Krieg nahmen dann die Briten die Druckmaschinen mit. Entmutigen ließ sich Maria Röttsches, die das Unternehmen 1946 von ihrem überraschend verstorbenen Mann Josef übernommen hatte, nicht. Sie machte weiter – und holte 1956 ihre beiden Söhne und ihre beiden Töchter in die Firma.
Während sie mit Tochter Marianne später ausschied, entschlossen sich die drei Geschwister Karl-Wilhelm, Gerhard und Maria-Luise, neue Wege zu gehen: Sie boten Kleindrucksachen im Offsetdruck an. »Dann wurden Buchhandlung und Druckerei getrennt. Mein Vater übernahm die Buchhandlung in den vorderen Räumen, die vom eigenen Telefonbuchverlag wirtschaftlich gestärkt wurde. Mein Onkel war für die Druckerei verantwortlich«, berichtet Ludger Röttsches.