Sie sind Verfechter von Mindestpreisen für Büchern. Warum?
Im stationären Buchhandel erbringen wir viele Services und besondere Leistungen, die andere Branchen nicht erbringen. Wir halten Bücher vor, die nur einmal im Jahr verkauft werden, wir veranstalten Lesungen bis tief in die Nacht, wir haben Fahrradkuriere im Einsatz und vieles mehr. All das bieten wir on top an. Zugleich haben wir massive Kostensteigerungen. Einen Teil der Kosten müssen wir an die Kunden weitergeben können. Es geht darum, in einer Branche mit niedrigen Margen auf der Handelsseite die Wertschöpfung zu erhöhen, um das kompensieren zu können. Das kann und darf nicht allein in den Händen der Verlage liegen, die hier zu defensiv und zeitverzögert reagieren. Staatliche Subventionen werden das nicht dauerhaft ausgleichen können, auch wenn die Branche gerne danach schreit. Wir brauchen eine zeitgemäß modernisierte Buchpreisbindung nach unten und werden diese Diskussion führen. Dafür setze ich mich mit den Kolleginnen und Kollegen im Sortimenter-Ausschuss des Börsenvereins ein. Wir können da aber nur gemeinsam als Branche auftreten.
Thalia ist wie alle anderen Buchhandlungen von den allgemeinen Kostensteigerungen betroffen. Wie gehen Sie damit um?
In der aktuellen Situation geht es natürlich vor allem darum, Effizienzen zu heben. Denn auch wir haben stark steigende Mieten und Gehälter, hinzu kommen die extrem hohen Energiepreise. Es sind also vor allem die großen Kostenblöcke, die wir unter die Lupe nehmen. Wir stellen zum Beispiel Werbemaßnahmen noch genauer auf den Prüfstand, wir schauen auf die Mieten, analysieren unsere Energiekosten. Auf der anderen Seite arbeiten wir daran, wie wir es trotz der derzeitigen Rahmenbedingungen schaffen, den Durchschnittspreis pro Bon zu erhöhen, Zusatzverkäufe zu generieren, mehr Hardcover und höherpreisige Bücher zu verkaufen. Mit anderen Worten: Es geht darum, mehr Umsatz zu machen.
Finden Sie überhaupt noch Schrauben, an denen Sie drehen können? Thalia ist doch schon immer sehr auf Effizienz getrimmt ….
Es ist die Aufgabe eines Händlers, vernünftig zu wirtschaften. Dazu gehört auch, die Kosten im Blick zu haben. Daher glaube ich schon, dass wir noch Potenziale haben, die wir heben können.
Müssen Sie auf Grund der Wirtschaftslage Ihre Umsatz- und Ergebnisplanungen korrigieren?
Unsere Planungen für die nächsten beiden Jahre stehen. Natürlich schauen wir nochmal genau drauf und müssen bei einzelnen Kostenpositionen deutliche Steigerungsraten berücksichtigen. Aber unterm Strich sind wir gut aufgestellt und blicken optimistisch nach vorne.
Na, da muss ich als SoA-Mitglied doch mal was klarstellen:
Ingo Kretzschmar setzt sich zwar heftig IM aber nicht MIT den Kolleginnen und Kollegen im SoA für Mindestpreise ein! Der SoA hat eine gemeinsame Position bisher nicht gefunden, und ob er eine findet, halte ich für mindestens fraglich. Mitnichten sind Mindestpreise Konsens im SoA, wie man nach dieser Aussage glauben könnte!
Ich persönlich hielte eine solche Reform für den ersten Schritt, die Preisbindung per se zu gefährden! Sie würde amazon Tür und Tor öffnen, sich als Bestpreis-Plattform zu präsentieren und die Verlässlichkeit von gleichen Buchpreisen in der Kundenwahrnehmung wäre dahin. Abgesehen davon wäre ein Ausschöpfen eines sich eröffnenden Spielraums für kleinere Buchhandlungen gar nicht praktikabel: Preise werden elektronisch ins WWS übernommen, im Webshop müssten Preise individuell konfiguriert werden. Und: Was will man Kund:innen sagen, wenn sie auf die aufgedruckten oder vom Verlag veröffentlichten Preise verweisen? "Bei uns kostet's eben ein bisschen mehr" - oder was??
Was an Worten muss man denn den zweifelnden oder wankenden Teilhabenden im SoA NOCH zurufen, damit endlich begriffen wird, dass diese wahnsinnige Idee ein Ergebnis einer eindeutig interessegesteuerten Minderheit unter uns ist, die Mehrheit der Sortimenterinnen und Sortimenter es hingegen komplett anders sieht und verdammt leid ist, diesen kompletten Blödsinn überhaupt noch weiter diskutieren zu müsen?
Viele Fragezeichen im Kopf darüber, wie es immer noch ernsthaft zu solch einer Diskussion kommen kann, diese trägt mit sich herum
Jens Bartsch - Buchhandlung Goltsteinstraße in Köln
Herzlicher Gruß
Jens Bartsch - Buchhandlung Goltsteinstraße in Köln