In den Farben des Dunkels

Wie gehen wir damit um, wenn wir zum Opfer werden? Was hält uns am Leben, wenn alles zusammenbricht? Joseph, genannt Patch, hat es nicht leicht: Er lebt in Monta Clare im Mittleren Westen der USA, gelegen im Schatten eines gewaltigen Bergmassivs. Oft hat er Hunger, denn seine Mutter ist liebevoll, aber arm und vom Leben geschwächt. Freunde hat er außer seiner Freundin Saint keine, aber eine Augenklappe wie ein Pirat, denn er hat nur ein Auge. Als Patch 13 Jahre alt ist, geschieht etwas, das sein Leben und das Leben in seinem Heimatstädtchen für immer verändern wird: Patch wird entführt und 307 Tage in einem stockdunklen Raum gefangen gehalten. Das Leben in Monta Clare steht für viele Menschen still. Und das ist der Zauber des Buches: für die Leserinnen und Leser des Romans auch.

Chris Whitaker ist mit „In den Farben des Dunkels“ abermals ein Meisterwerk voller Spannung und emotionaler Dichte gelungen: Mit großer Wucht und zarter Einfühlungskraft zugleich erzählt er eine Geschichte von Freundschaft, Liebe und dem Umgang mit schweren Krisen.

Wie lange hoffen wir, wenn alle Zeichen darauf hindeuten, dass es keinen Grund zur Hoffnung gibt? Und wann geben wir auf? Für Patchs beste Freundin heißt die Antwort: nie! Sie ist es, die sich immer wieder auf die Suche nach Patch macht, und sie ist es, die ihr Leben riskiert und seines rettet. Patchs Befreiung gelingt, der Junge kommt zurück nach Hause. Doch er ist nicht mehr derselbe. Kaum jemand scheint ihm zu glauben, dass er nicht allein in dem Dunkel war. Patch entwickelt eine Obsession, die sein Leben 30 Jahre prägen wird: Er muss das Mädchen Grace finden, das ihm im Dunkel beigestanden hat. Und er muss sie retten. Auch Saint gibt nicht auf: Unerbittlich kämpft sie um die Wahrheit – und um ihren Freund, den sie längst an seine düstere Erinnerung verloren glaubt. Und den sie liebt.

Immer wieder ist es die Liebe, die Patch und Saint und alle Menschen in ihrem Umfeld dazu befähigt, mit den schweren Belastungen ihres Lebens umzugehen. Darüber denkt auch Patch nach: „Mit zehn Jahren begriff er, dass Menschen als Ganzes geboren wurden und dass schlimme Erlebnisse Schichten von der Person abtrugen, die man einst gewesen war, es ihr erschwerten, Mitgefühl zu empfinden oder eine Zukunft zu gestalten. Mit dreizehn wusste er, dass sich diese Schichten manchmal wiederaufbauen ließen, vorausgesetzt, man wurde geliebt. Und man liebte.“

Chris Whitaker ist bereits ein international gefeierter Bestseller-Autor: Seine Bücher gewannen zahlreiche Preise, sein Roman „Von hier bis zum Anfang“ wurde vom Guardian zum Buch des Jahres gekürt. Mit „In den Farben des Dunkels“ hat sich der Autor noch einmal selbst übertroffen: Auf mehr als 500 Seiten entfaltet er das Lebenspanorama von Patch und Saint, mit Höhen und Tiefen, mit ihren Brüchen und Krisen, aber vor allem mit dem, was sie stark macht: Liebe, Freundschaft und ein starker Wille zu leben. 

Für das Schreiben von „In den Farben des Dunkels“ hat der Autor sich vier Jahre Zeit genommen. „Meine Aufgabe als Geschichtenerzähler ist es, bei den Leserinnen und Lesern Gefühle zu wecken, vielleicht nicht immer Liebe für die Figuren, aber Mitgefühl. Zu verstehen und mitzufühlen. Wenn ich das geschafft habe, bin ich glücklich“, sagt er. Es ist ihm ohne Zweifel gelungen. Es gäbe kein besseres Buch, um sich nach vier Jahren in voller Präsenz in Erinnerung zu rufen – und an bisherige Erfolge nahtlos anzuknüpfen. 

In den Farben des Dunkels
Chris Whitaker
24,00 € (DE)
ISBN 978-3-492-07153-6
Erscheinungsdatum: 27.06.2024
1. Auflage
592 Seiten
PIPER