Als Buchhändlerin ist Christiane Schulz-Rother mit ihrer Tegeler Bücherstube seit Jahrzehnten Vollprofi, als Social-Media-Akteurin eher "blutige Anfängerin", wie sie es selbst formuliert. Gerade in der Corona-Krise hat sie gemerkt, wie wichtig der digitale Draht zur Kundschaft ist: "Dass wir in Berlin weiter geöffnet hatten und auch ausliefern – das mussten wir ja irgendwie kommunizieren, und zwar nicht nur an unsere Stammkunden", so Schulz-Rother, die in Berlin insgesamt vier Buchhandlungen betreibt.
Auf Facebook war sie schon länger aktiv, ihr 16-jähriger Sohn riet ihr dazu, unbedingt auch einen Instagram-Account zu starten. Seit Anfang Mai bestückt Schulz-Rother nun ihren Kanal – mit persönlichen Leselieben, die sie gern im Garten in Szene setzt, aber zum Beispiel auch mit einer Schaufensterdeko, gebastelt von einer Kindertagesstätte im Kiez.
Zwei Posts pro Woche: Dieses Ziel hat sich Christiane Schulz-Rother gesteckt. Weil das im turbulenten Tagesgeschäft oft schwierig wird (erst recht, je näher das Weihnachtsgeschäft rückt), hat sie die neue Social-Media-Lounge getestet, die das Börsenblatt gemeinsam mit der Agentur medialike eingerichtet hat: Verlage stellen dem Buchhandel hier kostenfrei Motive für die Social-Media-Arbeit zur Verfügung, sortiert nach Warengruppen – vom schön inszenierten Lesetipp bis zu persönlichen Autor*innenbildern.
Hanser etwa liefert ein Motiv zum Buch "Young Rebels. 25 Jugendliche, die die Welt verändern" – Christiane Schulz-Rother hat es gepostet. Ihr Fazit: Die Social-Media-Lounge lässt sich einfach und unkompliziert nutzen, vor allem wenn die Zeit für eigene Motive fehlt. Für sie besonders interessant: "Sachbücher, mit denen man auf aktuelle Ereignisse reagieren kann." Je größer und vielfältiger der Pool wird, desto besser: "Denn so steigt die Chance, dass ich dort Bücher finde, die ich kenne. Schließlich muss ich hinter den Titeln stehen, die ich da empfehle."
"Wir sind für Sie da"
Bücher Pustet in Regensburg gehört ebenfalls zu den Testnutzern der Social-Media-Lounge und hat dafür ein Motiv des Brandstätter-Kochbuchs "Wien by Neni" mit Autorin Haya Molcho und ihren Söhnen genutzt, allerdings auf Facebook. 411 Likes gab es dafür – für Karin Senft vom zentralen Onlinemarketing der Buchhandlung keine schlechte Bilanz: "Wir hatten von dort aus mehrere Zugriffe auf unsere Website, und das ist ja das, was wir letztlich wollen: Leser zum Shop lenken."
Pustet hat seine Online- und Social-Media-Aktivitäten in der Corona-Krise vorangetrieben. "Wir sind für Sie da": Diese Botschaft an die Kund*innen stand und steht im Mittelpunkt. In der Zentrale kümmert sich ein Vierer-Team um den Facebook-Account und die Website der Buchhandlung, mit festen Redaktionsplänen. Die verschiedenen Instagram-Kanäle dagegen betreuen die Mitarbeiter*innen in den Filialen: "Instagram tickt anders als Facebook. Gefragt sind Themen, die vor Ort eine Rolle spielen und aktuell sind", erläutert Senft.
Die Kolleg*innen im Stammhaus unterstützen die Filialen mit einem regelmäßigen Newsletter voller Vorlagen, Ideen und Anlässe für die lokale Social-Media-Arbeit. "Ich finde es gut, wenn es mit der Social-Media-Lounge nun eine zentrale Stelle gibt, die Anregungen aus Verlagen bündelt. Gerade das Klären von Bildrechten ist oft aufwendig", so Karin Senft.
Der Mix macht’s
Persönlich und authentisch zu sein: Das zählt auf Instagram besonders. Ist es da überhaupt sinnvoll, einen vorgegebenen Bilderpool zu nutzen, der allen Buchhandlungen offensteht? "Bei Bedarf auf Vorlagen zurückzugreifen und sich Rosinen herauszupicken – das ist für mich kein Widerspruch zum individuellen Auftritt", meint Markus Renk, Geschäftsführer der Wagnerschen Buchhandlung in Innsbruck, die auf Instagram immerhin gut 2 000 Abonnenten zählt. "Letztlich muss die Mischung stimmen." Aus Renks Erfahrung heraus viel wichtiger: "Überhaupt selbst posten. Wer nur Beiträge von anderen teilt, hat zu wenig Interaktion auf seinem Kanal." Die Wagnersche, die gerade die neue Veranstaltungsreihe "Wissen kurz und bündig" mit 300(!) Aktionen pro Jahr gestartet hat, nutzt Instagram übrigens auch gern für solche Terminankündigungen.
Die Social-Media-Lounge ist für Renk "ein Rundum-sorglos-Paket", das den digitalen Aufwand gerade für kleinere Buchhandlungen reduzieren kann.
Geboren wurde die Idee zur Branchenplattform nach einem Börsenblatt-Webinar mit Instagram-Tipps für den Buchhandel, zusammen mit der Agentur medialike. Juliane Seyfarth-Schäfer, Mitgeschäftsführerin von medialike, betreibt zugleich das Vertriebsbüro Seyfarth: "Für die Verlage, die wir betreuen, haben wir schon länger nach einer Lösung gesucht, wie der Content der Titel bei den Buchhändler*innen so ankommt, dass sie ihn unkompliziert für ihre Social-Media-Aktivitäten einsetzen können", so Seyfarth-Schäfer. Die Social-Media-Lounge schlage nun zwei Fliegen mit einer Klappe: "Der Content-Engpass der Buchhändler*innen kann gelöst werden, und die Verlage steigern die Sichtbarkeit ihrer Titel an den Touchpoints ihrer Zielgruppe – mit Material, das in den Häusern oft schon zur Verfügung steht."
Einfach probieren
Was zeichnet #bookstagram letztlich aus? Das Teilen von Lese-Erlebnissen und Buchempfehlungen. "Nichts anderes tun Buchhändler*innen im Laden", ergänzt Cornelia Absmanner, Social-Media-Fachfrau bei medialike. Es gelte also eigentlich nur, diese Kernkompetenz auf Instagram zu übertragen: "Dabei ist es nicht wichtig, alles perfekt zu machen. Ich rate: einfach ausprobieren, einfach machen!"