Transformation klingt wie ein technischer Begriff, aber machen müssen es Menschen. Hat die Buchbranche noch zu wenig Menschen, die sich auf Transformation verstehen?
Ich glaube, das Gegenteil ist der Fall. Transformation hat in der Tat einen starken technologischen Aspekt, ist aber im wesentlichen eine Frage der Einstellung. Wie offen bin ich für Veränderung? Hinterfrage ich Prozesse, die seit Jahren in gleicher Weise funktionieren? Bin ich bereit, sie zu überdenken, wenn es nötig wird? Gerade an dieser Stelle kann ich in der Buchbranche von ihrer heterogenen Struktur profitieren. Große Unternehmen können durch ihre Investitionsmöglichkeiten technologische Veränderungen einleiten, während kleinere Branchenteilnehmer durch ihre Agilität punkten. Wenn man der Corona-Pandemie etwas Positives abgewinnen möchte, dann doch die Einsicht, wie gerade kleinere Buchhandlungen spontan und kreativ auf die neuen Kundenbedürfnisse reagiert haben: Buchbestellung per WhatsApp, Abholstationen in Bäckereien und Apotheken.
Treiber für Innovationen und Wandel sind auch in der Buchbranche oft die großen Unternehmen am Markt, insbesondere solche, die genügend Investitionsmittel haben. Welche Rolle kann und sollte ein Verband dabei spielen?
Dem würde ich nur bedingt beipflichten. Natürlich sind großen Unternehmen häufig diejenigen, die zuerst in neue Technologien investieren und diese zum Standard machen. Aber wie schon oben erwähnt, sind es auch häufig gerade die kleineren Unternehmen, die durch ihre Agilität ihr Geschäft sehr schnell transformieren. Unabhängig von der Frage, wer für Innovationen zuständig ist, liegt mir eine Klarstellung sehr am Herzen: Transformation kann nur von den Unternehmen beziehungsweise der Branche kommen und muss auch von dieser umgesetzt werden. Es kann nicht Aufgabe des Verbandes sein, in die wirtschaftliche Aktivität der Mitglieder einzugreifen. Verbandsarbeit kann nur und sollte auch eine Hilfestellung für die Unternehmen der Branche sein, die Herausforderung der Transformation zu stemmen. Hierfür ist die Arbeit der IG Digital ein gutes Beispiel. Kurzfristig können dies Informations-, Schulungs- und Beratungsangebote sein, mittelfristig kann dies aber auch in Aufgaben bestehen, die branchenübergreifend gelöst werden müssen, wie etwa die Einführung neuer branchenweiter Standards oder Prozesse.
Was sind konkret eure nächsten Vorhaben im Team?
Zunächst suchen wir eine "Heimat" für Transformationsthemen. Aktuell kommunizieren viele Bereiche der Börsenvereinsgruppe recht autark zu diesem Themenkomplex. Zukünftig werden wir alle Transformationsthemen in den Online-Kanal Bookbytes des Börsenblatts überführen und dort bündeln. Somit entsteht ein Informationspool, mittels dem sich Mitglieder umfassend informieren können. Wie schon erwähnt, werden wir den Komplex Digitales Marketing umfassend beleuchten und auch andere Transformationsthemen schlaglichtartig darstellen. Auch der Schulterschluss mit Hochschulen wird gesucht, sowohl um von deren Forschungsergebnissen zu profitieren wie auch um den Nachwuchs an die Buchbranche zu binden. Letztlich befassen wir uns auch mit politischer Arbeit, indem wir inhaltliche Positionen zu aktuellen Fragestellungen wie zum Beispiel Künstliche Intelligenz formulieren und mit der Branche abstimmen. Diese dienen dann der politischen Arbeit in Berlin und Brüssel.
Wer gehört deinem Team Transformation an?
Das Team Transformation ist eine gemeinsame, agile Initiative der gesamten Börsenvereinsgruppe. Natürlich ist der Börsenverein mit den Fachausschüssen, den Bereichen Strategie & Innovation sowie Internationale Beziehungen vertreten, aber auch der Mediacampus, die Frankfurter Buchmesse und MVB. Unterstützt werden wir besonders von der Interessengruppe Digital des Börsenvereins, wir arbeiten aber auch eng mit allen themenverwandten IGen zusammen.