"Schönste Regel: Erfolge feiern!"
Der Kostendruck wächst, auch in Verlagen. Effiziente Prozesse sind da die halbe Miete. Lena Wilts, Herstellerin bei Piper, über "12 Goldene Regeln der Prozessoptimierung" – und eigene Erfahrungen.
Der Kostendruck wächst, auch in Verlagen. Effiziente Prozesse sind da die halbe Miete. Lena Wilts, Herstellerin bei Piper, über "12 Goldene Regeln der Prozessoptimierung" – und eigene Erfahrungen.
Verlage ächzen unter den steigenden Papierpreisen und Materialknappheit. Erhöht das den Druck, Prozesse zu optimieren?
Bei Prozessoptimierung hätte ich jetzt nicht zuerst an die Papierpreise und die Materialknappheit gedacht. Aber wenn ich darüber nachdenke, hilft auch hier Prozessoptimierung. Wir können bei Bonnier schon seit Längerem unsere Titelproduktion inklusive der geplanten Materialien per XML-Übertragung nicht nur beauftragen, sondern auch im Vorfeld an unsere Druckereien disponieren. Unsere Bestelldaten fließen direkt in das System des Druckpartners. So lassen sich der zu erwartende Bedarf und die Maschinenauslastung langfristig vorplanen und Überraschungen vermeiden. Wie hoch die Entlastung im Alltag für alle Beteiligten durch den Prozess ist, merken wir, wenn wir mit Druckereien arbeiten, die noch nicht an dieses System angeschlossen sind. Unser Abstimmungsbedarf ist deutlich höher und fehleranfälliger.
Muss man für Prozessoptimierung erst mal Geld in die Hand nehmen, um später Spareffekte zu erzielen?
Um beim Beispiel zu bleiben: Natürlich haben die Implementierung und die Schnittstellenprogrammierung viel Zeit, Nerven und Geld gekostet. Wir haben für die XML-Schnittstelle eine eigene Projektgruppe über alle Bonnier-Häuser hinweg eingerichtet, etliche Stunden in Videokonferenzen und mit Vereinheitlichung von Datenfeldern verbracht. Dazu der Abstimmungsaufwand der Projektleitung mit den Dienstleistern. Und auch wenn nun alles erfreulich rund läuft, sprechen wir uns weiterhin ab, wenn doch mal Veränderungen anstehen. Das ist jetzt ein Beispiel für ein großes, hausübergreifendes Projekt. Prozessoptimierung kann aber auch viel kleiner, weniger technisch und ohne großes Budget auskommen. Erfolgreich "knirschende" Arbeitsschritte zu erkennen, gemeinsam zu analysieren und dokumentiert zu verbessern, ist auch schon Prozessoptimierung.
Was ist der größte Fehler, den ein Verlag bei der Optimierung der Prozesse machen kann?
Die Auswahl ist zu groß, um den einen "größten Fehler" zu machen. Fast unvermeidlich ist die Analyse dessen, was mit dem neuen Prozess alles möglich sein soll, nicht so perfekt, wie man es sich erhofft. Gute Prozessoptimierung denkt das zum Glück von Anfang an mit, indem sie Korrekturmöglichkeiten und Feedbackrunden einplant. Und bitte nicht unterschätzen, wie viel Zeit in die Erarbeitung und Umsetzung einer Optimierung fließt. Die Projektgruppe braucht zeitliche Freiräume – nicht nur ein kleines Zeitfenster neben den eigentlichen Aufgaben.
Gute Prozessoptimierung plant Korrekturmöglichkeiten und Feedbackrunden von Anfang an ein.
Lena Wilts
Sie haben in der Peergroup Produktion der IG Digital zwölf Goldene Regeln erarbeitet, um solche Fehler zu vermeiden. Gab es dabei auch eine Erkenntnis, die Sie selbst überrascht hat?
Man neigt ja leicht dazu, sein aktuelles Projekt zur Prozessoptimierung für einzigartig zu halten, dann trifft man Kolleg*innen aus anderen Häusern und stellt fest, die hängen an ganz ähnlichen Themen und Stellen oder haben Vergleichbares in der Vergangenheit schon erfolgreich bewältigt. Meine Erkenntnis war, dass sich diese Erfahrungen abstrahieren und komprimieren lassen und so auch eine Hilfe für künftige Projekte sein können und natürlich, dass persönlicher Austausch ein großer Gewinn ist. Zudem hat mich die Begeisterung einiger Peergroupmitglieder für das BPMN-Format angesteckt (Business Process Model and Notation, ein Standard für Prozessmodellierung). Ich kannte das nur als standardisierte Visualisierungsmöglichkeit und somit als Mittel zum Zweck. Dass das Format auch maschinenlesbar sein kann und sich dadurch ebenso technische Umsetzungsmöglichkeiten ergeben, damit möchte ich mich gern noch genauer beschäftigen.
Was hat den Anstoß gegeben, einen solchen Leitfaden zu entwickeln? Haben Sie in der Peergroup Produktion einen gewissen Druck, eine gewisse Ratlosigkeit registriert, der Sie damit begegnen wollten?
Herstellungs- und Produktionsabteilungen sind technischen Wandel in Satz und Druck und damit die Notwendigkeit der Prozessoptimierung seit Jahrzehnten gewöhnt. Ich vermute, deswegen gelten diese Abteilungen häufig als erste Anlaufstelle für diese Themen. So war es wohl eher die pure Freude daran, eigene Erfahrungen in eine sortierte knappe Form zu bringen und für andere nutzbar zu machen.
Goldene Regeln müssen möglichst allgemeingültig formuliert sein, damit sich alle daran orientieren können. Sind sie dadurch noch konkret genug?
Natürlich verlangen eher allgemein gehaltene Regeln eine Transferleistung zum eigenen konkreten Problem. Im Idealfall können genau diese Überlegungen der erste Schritt zur nächsten Prozessoptimierung sein.
Wann folgt ein Leitfaden zur Prozessoptimierung im Buchhandel?
Noch liegt keiner vor, das würden wir dann den Buchhändler:innen als Profis in eigener Sache überlassen. Noch sind diese leider nur sporadisch in der IG Digital vertreten, dabei würden wir uns sehr freuen, hier Zuwachs zu bekommen.
Welche Regel haben Sie bei Piper schon mit Erfolg angewandt?
Sicherlich alle und sicherlich auch immer wieder die eine oder andere kurzzeitig aus dem Blick verloren. Am schönsten ist natürlich immer die letzte Regel: Erfolge feiern!
Die Peergroup Produktion der IG Digital im Börsenverein hat sich Gedanken darüber gemacht, wie erfolgreiche Prozessoptimierung in Verlagen gelingen kann – und "12 Goldene Regeln der Prozessoptimierung" aufgestellt, in die Erfahrungen aus den eigenen Unternehmen eingeflossen sind.
Drei Goldene Regeln: