Johanna Hahn über die Pop-up-Messe "Brain&Books"

"Wir wollen kluge Köpfe ins Gespräch bringen"

1. November 2021
Sabine Cronau

In Berlin startet am 5. November eine "Pop-up-Messe" für Wissenschafts-, Sachbuch- und Fachverlage. Johanna Hahn vom Landesverband Berlin-Brandenburg des Börsenvereins über eine Leistungsschau der besonderen Art.

Die neue Messe, die der Landesverband Berlin-Brandenburg im Börsenverein organisiert, steht unter dem Motto "Brain&Books" (Details zum Programm gibt es hier). Warum bezeichnen Sie die Veranstaltung als Pop-up-Messe?

Die Zeit für Messen ist immer begrenzt – auf zwei, drei oder fünf Tage. "Brain&Books" beginnt am 5. November um 13 Uhr und endet gegen 18 Uhr. Das ist auch im Vergleich mit anderen Veranstaltungen in der Vorweihnachtszeit sehr kurz. »Pop-up« signalisiert dem Berliner Publikum: Jetzt dabei sein, jetzt zugreifen, morgen ist schon alles wieder vorbei.

"Brain&Books" ist Marketing – in Richtung Leser*innen, aber auch um akademischen Nachwuchs für die Verlagsarbeit zu interessieren oder neue Kontakte in die wissenschaftliche Community zu ermöglichen.

Johanna Hahn, Geschäftsführerin des Landesverbands Berlin-Brandenburg im Börsenverein

Wie wurde die Idee geboren?

Vor gut zwei Jahren haben wir im Landesverband eine Gesprächsrunde für Fach- und Wissenschaftsverlage ins Leben gerufen. Barrierefreiheit, Thema-Klassifikation, aber auch VLB und EKZ waren die Sachthemen der einzelnen Treffen. Im Herbst 2019 haben wir in dieser Runde darüber diskutiert, was wir machen können, um Verlage am Wissensstandort Berlin noch sichtbarer zu machen. Es war naheliegend, aber auch verwegen, mit einer Leistungsschau der Berliner Fach- und Wissenschaftsverlagen unter dem Motto "Wissen aus Berlin" in die Öffentlichkeit zu gehen. Mit dieser Idee bin ich bei der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe vorstellig geworden – und fand Zuspruch.

Fachpublikum oder Lesepublikum: An wen richtet sich "Brain&Books"?

Wissenschaftskommunikation ist ein zentrales Thema unserer Zeit, die von Hyperinformation und Fakenews geprägt ist. Das Lesepublikum sucht solide Informationen, das sieht man auch an der positiven Entwicklung auf dem Sachbuchmarkt. Gleichzeitig wollen auch Fachleute gehört werden und zwar nicht nur von ihren Kolleg*innen. Dass diese Kommunikation störanfällig sein kann, wissen nicht nur Hörer*innen des Drosten-Podcasts. Wir wollen mit "Brain&Books" diese Wissenschaftskommunikation stärken, einüben, etablieren. Dabei mischen sich Fach- und Lesepublikum – wenn es nach mir geht: wild und produktiv.

"Brain&Books" ist eingebettet in die Sachbuchwoche in Berliner und Brandenburger Buchhandlungen, wir haben gemeinsam mit den Verlagen einen Katalog mit Buchempfehlungen für Leser*innen zusammengestellt und mit Veranstaltungshinweisen versehen. Beide Veranstaltungen stärken sich gegenseitig, der Katalog ist eine schöne Klammer.

Wissenschaftsverlage haben normalerweise ihre eigenen Kanäle Richtung Zielgruppe. Warum brauchen sie trotzdem eine Messe wie "Brain&Books?"

Ob die Verlage "Brain&Books" brauchen, wird sich am 5. November herausstellen. Es ist allen Beteiligten klar, dass wir keinen Meta-Kongress veranstalten, sondern auf Sach-, Fach- und Wissenschaftsverlage aufmerksam machen. Das ist Marketing – in Richtung Leser*innen, aber auch um akademischen Nachwuchs für die Verlagsarbeit zu interessieren oder neue Kontakte in die wissenschaftliche Community zu ermöglichen.

"Brain&Books" speist sich als Projekt aus Erfahrungen, konkreten Vorstellungen und dem Engagement von Mitgliedern.

Johanna Hahn

Welche Besucherzahl haben Sie als Zielmarke?

Das ist in diesen Tagen die Fragen aller Fragen – 500 Gäste wären ein guter Anfang!

Warum engagiert sich der Landesverband als Veranstalter?

Vor zwei Jahren begannen wir mit dem ersten Entwurf "Wissen aus Berlin«" vergangenes Jahr entschieden wir uns für eine Kooperation mit der "Berlin Science Week" und starteten im November 2020 mit dem digitalen Satelliten der "Brain&Books". Dieses Jahr geht die Messe analog an den Start.

In die Entwicklung waren mehr als 20 Kolleg*innen aus Wissenschafts- und Fachverlagen, der Vorstand und der Werbeausschuss involviert – "Brain&Books" speist sich als Projekt aus Erfahrungen, konkreten Vorstellungen und dem Engagement von Mitgliedern. Diesen Weg hätte ein externer Dienstleister nicht gehen können, das wäre schlicht nicht zu bezahlen, und ich vermute: Diesen Kontakt in die Branche haben auch nur wir als Fachverband.

Wie stemmt der Landesverband die Organisationsarbeit?

In den letzten Wochen haben wir einen Sprint nach dem anderen hingelegt. Das geht nur mit einem großartigen Team, das in alle Himmelsrichtung vernetzt ist, und der Begeisterung, etwas Neues zu entwickeln.

In den letzten Wochen haben wir einen Sprint nach dem anderen hingelegt. Das geht nur mit einem großartigen Team.

Johanna Hahn

Wie verteilen Sie die Kostenlast? Gibt es Zuschüsse der öffentlichen Hand?

"Brain&Books" wird finanziell unterstützt von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe. Das allein reicht nicht aus: Die Verlage zahlen eine Standgebühr und engagieren sich mit ihren Autor*innen. Noch können wir keinen Schlußstrich unter die Rechnung ziehen, aber ich hoffe, dass sich die Investition des Verbandes in vertretbaren Grenzen hält.

Die Messe wird von einem umfangreichen Veranstaltungsprogramm begleitet. Das Ziel?

Fast alle Akteur*innen der Podiums- und Round-Table-Gespräche wie auch die Autor*innen der SpeedReadings veröffentlichen oder arbeiten in Berliner Verlagen: Mit dem Programm zeigen wir, wie stark Verlage im gesellschaftlichen Diskurs sind – und das auf ganz unterschiedlichen Gebieten. Gleichzeitig ist das Programm so kuratiert, dass nicht entgegengesetzte Meinungen aufeinander prallen und wir einen (irgendwie: langweiligen) Schlagabtausch reproduzieren. Wir wollen kluge Köpfe ins Gespräch bringen, sodass das Publikum inspiriert aus den Veranstaltungen kommt. Das neue Wissen lässt sich ja dann mit Büchern vertiefen. Ich finde, das ist eine gute Form der Wissenschaftskommunikation – und vielleicht gar nicht so neu.

Einige Veranstaltungen werden live gestreamt. Erhoffen Sie sich davon mehr Publikum – oder ist das digitale Angebot vor allem eine coronabedingte Vorsichtsmaßnahme, weil vor einigen Wochen ja noch nicht absehbar war, wie sich die Lage bis November entwickelt?

Es werden, auch aus Kostengründen, nur die vier Debatten gestreamt: Die Themen sind aktuell und der Livestream bietet eben doch einem größeren Publikum die Möglichkeit, einen Eindruck zu bekommen. Ich wünsche den Gesprächsrunden ein großes Publikum, live können maximal 50 Zuschauer*innen teilnehmen. Ich bin mir nicht sicher, ob Streaming jenseits der Pandemie – quasi als nachhaltige Erinnerung im Netz – Zukunft haben wird.

Ihr Programm-Highlight?

Da in jedem Programmpunkt so viel Herzblut drin steckt: Ich freue mich auf den Sektempfang für die Aussteller*innen zum Ausklang!