Wobei erhoffen Sie sich Rückendeckung und Unterstützung vom Börsenverein?
Wir möchten einfach mal schauen, was es sonst so für Akteure in unserer Branche gibt und mit diesen in den Austausch gehen. Die ersten Jahre unseres Verlags haben wir in unserem „Hinterzimmer“ unser Wachstum vorangetrieben und die bisherigen Kontaktversuche mit Akteuren der Branche (Barsortimenten, Dienstleistern, Auslieferungen usw.) waren eher ernüchternd, da wir teilweise einfach nicht ernst genommen wurden. Auch finden wir es verwunderlich, dass innerhalb der Branche, z. B. bei den Barsortimenten, viele Prozesse noch nicht ausreichend digitalisiert wurden und viele digitale Potenziale nicht gehoben werden.
Wir erhoffen uns vom Börsenverein einen tieferen Einblick in die Branche, eine stärkere Sichtbarkeit und einen offenen Austausch. Und vielleicht ergibt sich daraus ja auch die ein oder andere Kooperation bei einem Thema. Wir sind offen für Neues und wollen einfach mal machen.
Wie kam es zur Idee, einen Verlag zu gründen?
Auf einer 13-monatigen Reise mit dem Wohnmobil durch Europa haben wir als Selfpublisher das Buch "Auszeit Storys" veröffentlicht. Der Band ist eine Sammlung von Reisegeschichten anderer Langzeitreisender, die es aus den unterschiedlichsten Lebenssituationen heraus geschafft haben, sich eine Auszeit zum Reisen zu nehmen. Innerhalb kürzester Zeit haben wir hiervon mehrere Tausend Exemplare verkauft.
Als wir einige Monate später an einem Lagerfeuer am Strand von Sizilien einen Autor trafen, der gerade sein Manuskript zu einer hinreißenden Reisegeschichte fertiggestellt hatte und nicht wusste, wie er diese veröffentlichen sollte, haben wir kurzerhand entschieden, ihn dabei zu unterstützen. So entstand der WNJ-Verlag. Das war vor drei Jahren, inzwischen haben wir 13 Titel im Sortiment, ein neues Design, eine neue, professionelle Homepage und ein erstes Verlagsprogramm.
Wie sieht Ihr Verlagsprogramm aus?
Wir haben uns auf Reiseabenteuer spezialisiert und verlegen Bücher von Reisenden, die eine spannende Geschichte zu erzählen haben und den Leser:innen Mut machen, selbst einmal die Komfortzone zu verlassen. Dabei ist uns die persönliche Geschichte der Autor:innen besonders wichtig: Warum machen sie das, was hat sie dazu bewegt, raus in die Welt zu ziehen, womöglich ihr altes Leben komplett zu verlassen, um nach dieser Reise etwas ganz Neues anzufangen? Neben den Reiseabenteuern haben wir daher auch Bücher mit verwandten Themen, wie ortsunabhängiges Arbeiten, Ausbau eines Vans oder ein Kochbuch für die Camperküche im Sortiment.
Wie schätzen Sie Ihre Chancen auf dem Markt ein? Wo sehen Sie die Stärken Ihres Unternehmens im Wettbewerb?
Der WNJ-Verlag ist komplett gebootstrapped, d. h. ohne Eigen- oder Fremdkapital und nur aus dem Cashflow gewachsen. Unsere ersten Bücher haben wir im Print on demand-Verfahren gedruckt und mittlerweile lassen wir unsere Bücher bei gugler als C2C drucken. Unser Unternehmen mit allen Mitarbeiter:innen und Freelancern arbeitet seit Anfang an dezentral und 100% remote über die Welt verteilt (Eifel, München, Halle, Stuttgart, Italien, Mallorca, Marokko usw.).
Wir sind mit Amazon als Hauptvertriebskanal gestartet, haben hier viel getestet und optimiert und wollen aber von diesem Weg hin zu mehr Buchhandel und direkter Vermarktung über unseren Shop. Dabei setzen wir auf Online-Marketing im Bereich Affiliate, Social Media, Content und auf PR.
Wir Gründer leben die Themenwelt unseres Verlags von Anfang an selbst, reisen nach wie vor mit dem Wohnmobil, arbeiten beide komplett ortsunabhängig und haben unser Leben auf den Kopf gestellt und neu angefangen. Aber auch unser beruflicher Background befähigt uns zu dieser Arbeit: Ramona hat viele Jahre als (Online-)Redakteurin und Redaktionsleiterin in verschiedenen Verlagen gearbeitet, bevor sie sich selbstständig gemacht hat und seit Jahren sehr erfolgreich als Freie Lektorin und Gutachterin arbeitet. Ulrich hat einen starken digitalen Hintergrund und hat unterschiedliche Start-ups aufgebaut sowie große Unternehmen beim Aufbau von Innovationsabteilungen unterstützt.
Welche Plattformen für Networking, für den Erfahrungsaustausch mit Kollegen wollen Sie im Verband nutzen?
Aufgrund von Corona sind wir bisher nicht auf Messen vertreten gewesen und somit nicht direkt mit Unternehmen ins Gespräch gekommen. Unabhängig davon haben wir den direkten Kontakt zum Erfahrungsaustausch mit anderen Verlagen gesucht und geführt. Bei den IG des Börsenvereins hat uns besonders die IG Digital angesprochen. Das liegt einerseits am Thema, aber auch daran, dass diese eine ausführliche und informative Seite hat, einladend kommuniziert und einem das Gefühl gibt, dass man mitmachen und mitgestalten kann. Darüber hinaus sind wir immer offen für einen direkten Austausch. Gern auch einfach mal ein kurzes Zoom-Meeting zum Kennenlernen und Austauschen, vielleicht ergeben sich ja spannende gemeinsame Aktivitäten. Schreibt gern einfach eine E-Mail/LinkedIn-Anfrage.
Warum möchten Sie zunächst „reinschnuppern" und nicht gleich ordentliches Mitglied im Börsenverein werden?
Wir sind ehrlich: Mit einem Verein/Verband verbinden wir ein „bürokratisches Monster“, was mehr sich selbst ernährt. Ohne eine Schnuppermitgliedschaft wären wir wahrscheinlich nicht direkt Mitglied geworden. Darum sind wir froh, dass es diese Schnuppermitgliedschaft gibt und wir uns aktiv hier mal umgucken können.