Neustart Kultur

Unrechtmäßig erhaltene Zuschüsse können zurückgefordert werden

26. April 2023
Redaktion Börsenblatt

Laut Recherchen von Deutschlandfunk Kultur sind im Rahmen von "Neustart Kultur" auch einige Buchprojekte mit rechtsextremem Inhalt bezuschusst worden. Zum Zeitpunkt der Antragstellung war eine inhaltliche Prüfung allerdings nicht möglich, da die Buchprojekte noch nicht existierten. Zu Unrecht gewährte Mittel können gegebenenfalls zurückgefordert werden.

Im Beitrag "Corona-Fördermittel für rechtsextreme Buchprojekte" (27:04 Minuten) berichtet Deutschlandfunk Kultur, dass im Rahmen von "Neustart Kultur" der Kulturbeauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien BKM auch rechtsextreme Buchprojekte gefördert worden seien. Bei der Vergabe der Fördermittel im Auftrag der BKM habe der Börsenverein des Deutschen Buchhandels darauf verzichtet, die beantragten Buchprojekte der Verlage inhaltlich zu kontrollieren – eine entsprechende Überprüfung war in den Förderkriterien der Kulturstaatsministerin auch nicht vorgesehen. Der Börsenverein sollte sich stattdessen auf die schriftliche Versicherung der Verlage verlassen, die Förderkriterien einzuhalten und keine jugendgefährdenden, gewaltverherrlichenden, verfassungsfeindlichen oder strafbaren Bücher zu drucken. Mehr als 90 Prozent der beantragten Projekte seien bewilligt worden. Die Recherche von Deutschlandfunk Kultur hat ergeben, dass dabei Buchprojekte gefördert worden seien, die im Nachhinein vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wurden oder aus einschlägig bekannten Verlagen der rechten Szene stammen.

So fände sich unter den Projekten etwa ein Hörbuch des rechten Publizisten David Engels, gefördert mit 3.465 Euro und erschienen im Renovamen Verlag. Dieser Verlag kooperiere laut eigenen Angaben mit dem Institut für Staatspolitik und dem Antaios-Verlag von Götz Kubitschek, dem identitären Jungeuropa-Verlag und anderen Verlagen aus der rechten Szene. Weiter etwa Martin Wageners Buch "Kulturkampf um das Volk", gefördert mit 7.500 Euro: Dieses werde vom Bundesamt für Verfassungsschutz nach Berichten des rbb-Magazins "Kontraste" in Teilen als extremistisch eingestuft – Wagener selbst bestreite das.

Das Corona-Hilfspaket "Neustart Kultur" startete im Sommer 2020 und läuft zum 30. Juni 2023 aus; es umfasst insgesamt etwa zwei Milliarden Euro. Rund 94 Millionen Euro davon flossen in den Bereich Literatur, wie die Erhebungen von Deutschlandfunk Kultur erstmals zeigen. Unterstützt wurden damit Verlage, Buchhandlungen, Autorinnen, Übersetzer sowie Lesebühnen und Literaturhäuser.

Ein Team von Deutschlandfunk Kultur habe in den vergangenen Monaten erstmals alle Programme, Förderrichtlinien und Empfänger von "Neustart Kultur" im Bereich Literatur gesichtet und ausgewertet, um zu erkunden, wohin die Gelder gingen. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels habe in der Corona-Krise ein Programm für die Verlage aufgelegt. Mit Zuschüssen sollten Bücher und Hörbücher gefördert werden, die aufgrund des finanziellen Risikos während der Pandemie nicht produziert worden wären. Deutschlandfunk Kultur hätte nun als erstes Medium die Liste der geförderten Buchprojekte sichten können. 

Börsenverein: "Wir werden die Mittel zurückfordern, wenn sich nachweislich nicht an die Regularien gehalten wurde"

In einem Statement zur Sache erklärte Börsenverein-Hauptgeschäftsführer Peter Kraus vom Cleff heute auf der Eröffnungs-PK zur Leipziger Buchmesse: "Wir haben alle Anträge sehr gründlich auf die Einhaltung der Förderkriterien geprüft und keinen zugelassen, der diesen nicht entsprach. Dabei haben wir nicht auf inhaltliche Prüfung 'verzichtet', sondern diese war nicht möglich, da die Projekte noch nicht existierten, als die Gelder vergeben wurden."

Deshalb mussten die Verlage bei Antragstellung selbst angeben, dass ihr Buchprojekt keine jugendgefährdenden, gewaltverherrlichenden, verfassungsfeindlichen oder strafbaren Inhalte enthält. "Selbstverständlich werden wir die Mittel zurückfordern, wenn sich nachweislich nicht an die Regularien gehalten wurde", erklärt der Hauptgeschäftsführer. "Das Programm ist ja noch gar nicht abgeschlossen, sondern befindet sich in der Prüfungsphase."

Und Peter Kraus vom Cleff betont: "Es handelt sich hier um ein Förderprogramm für einzelne Buchprojekte, nicht etwa für ganze Verlage. Insgesamt konnten knapp tausend Buchprojekte entstehen, die sonst gar nicht entstanden oder verschoben worden wären. Der Beauftragten für Kultur und Medien möchten wir erneut dafür danken, dass hier schnelle und breite Hilfe für die Kulturbranche ermöglicht wurde – in einer Zeit, in der diese dringend nötig war."