Im Beitrag "Corona-Fördermittel für rechtsextreme Buchprojekte" (27:04 Minuten) berichtet Deutschlandfunk Kultur, dass im Rahmen von "Neustart Kultur" der Kulturbeauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien BKM auch rechtsextreme Buchprojekte gefördert worden seien. Bei der Vergabe der Fördermittel im Auftrag der BKM habe der Börsenverein des Deutschen Buchhandels darauf verzichtet, die beantragten Buchprojekte der Verlage inhaltlich zu kontrollieren – eine entsprechende Überprüfung war in den Förderkriterien der Kulturstaatsministerin auch nicht vorgesehen. Der Börsenverein sollte sich stattdessen auf die schriftliche Versicherung der Verlage verlassen, die Förderkriterien einzuhalten und keine jugendgefährdenden, gewaltverherrlichenden, verfassungsfeindlichen oder strafbaren Bücher zu drucken. Mehr als 90 Prozent der beantragten Projekte seien bewilligt worden. Die Recherche von Deutschlandfunk Kultur hat ergeben, dass dabei Buchprojekte gefördert worden seien, die im Nachhinein vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wurden oder aus einschlägig bekannten Verlagen der rechten Szene stammen.
So fände sich unter den Projekten etwa ein Hörbuch des rechten Publizisten David Engels, gefördert mit 3.465 Euro und erschienen im Renovamen Verlag. Dieser Verlag kooperiere laut eigenen Angaben mit dem Institut für Staatspolitik und dem Antaios-Verlag von Götz Kubitschek, dem identitären Jungeuropa-Verlag und anderen Verlagen aus der rechten Szene. Weiter etwa Martin Wageners Buch "Kulturkampf um das Volk", gefördert mit 7.500 Euro: Dieses werde vom Bundesamt für Verfassungsschutz nach Berichten des rbb-Magazins "Kontraste" in Teilen als extremistisch eingestuft – Wagener selbst bestreite das.
Das Corona-Hilfspaket "Neustart Kultur" startete im Sommer 2020 und läuft zum 30. Juni 2023 aus; es umfasst insgesamt etwa zwei Milliarden Euro. Rund 94 Millionen Euro davon flossen in den Bereich Literatur, wie die Erhebungen von Deutschlandfunk Kultur erstmals zeigen. Unterstützt wurden damit Verlage, Buchhandlungen, Autorinnen, Übersetzer sowie Lesebühnen und Literaturhäuser.
Ein Team von Deutschlandfunk Kultur habe in den vergangenen Monaten erstmals alle Programme, Förderrichtlinien und Empfänger von "Neustart Kultur" im Bereich Literatur gesichtet und ausgewertet, um zu erkunden, wohin die Gelder gingen. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels habe in der Corona-Krise ein Programm für die Verlage aufgelegt. Mit Zuschüssen sollten Bücher und Hörbücher gefördert werden, die aufgrund des finanziellen Risikos während der Pandemie nicht produziert worden wären. Deutschlandfunk Kultur hätte nun als erstes Medium die Liste der geförderten Buchprojekte sichten können.
Denn das hätte auch das im Text erwähnte Reisebuch über Nachtwanderungen von Dirk Liesemer vielleicht ausgeschlossen, das die DF-Journalisten nicht zu beanstanden scheinen. Wie auch ihre eigene Förderung nicht, von der einer der Autoren profitierte (s. ganz unten vom Text auf der DF-Webseite).
Klar, die KW-Stiftung will nur „kulturell wertvolle„ Bücher fördern. Aber wer entscheidet, was das ist? Das BKM will (an anderer Stelle) „Heimat“ fördern, weil das unser kultureller Bezug ist. Und dann gehören auch Regionalia dazu. Übrigens oft der Anfang von wichtiger Forschung oder Verlagsgründung. Selbst Reiseführer sind kulturell wichtig. Ohne uns „Alternativen“ der späten 70er könnten Reiseführer immer noch rassistisch sein (oder stärker als sie es sind). Eine Förderung linker Verlage war damals eh undenkbar. Da wollen wir aber nicht mehr hin zurück!
Ja, ich merke: Die Kritik der DF-Journalisten ärgert mich. Nicht, weil sie auf von Neustart Kultur geförderte (Neo)Nazi-Schriften gestoßen sind und darauf aufmerksam machen. Sondern, weil sie unverhohlen Zensur fordern. Mit oder ohne Jury.
Annette Sievers, Peter Meyer Verlag, gegr. 1976, 2 x von Neustart Kultur gefördert mit der Höchstsumme für bes. umweltfreundliche Buchherstellung mit Blauer Engel Zertifikat für zwei Projekte, mit der wir ein neues Programmsegment aufbauen konnten („Wimmelbuch Rheinhessen“ auf Grundlage einer Leporellokarte, sowie „Wein im Topf“, ein von Hand illustriertes Kochbuch - nicht nur für Rheinhessen).
Und übrigens 2 x ausgezeichnet mit dem Dt. Verlagspreis des BKM - ausgewählt durch 2 Jurys.