Börsenverein - Landesverband Berlin-Brandenburg

So kommt das Bücherfest zum Bäcker

16. Mai 2023
Holger Heimann

Das Berliner Bücherfest feiert nach 15 Jahren ein Comeback. Wie die Branche für das Großereignis im Juni werben und dabei auch den KulturPass ins Spiel bringen will: Das war am 15. Mai Thema bei der Jahreshauptversammlung des Landesverbands Berlin-Brandenburg im Börsenverein.

Postkarten fürs Bücherfest

Postkarten fürs Bücherfest

Die Karten mit lesenden Menschen lagen am Montag überall und stapelweise im Berliner Literaturhaus. Aber dort sollen sie nicht bleiben. Sie sollen vielmehr zum Bäcker, zum Friseur, in die Briefkästen der Berliner. Das jedenfalls wünscht sich die Vorsitzende des Landesverbands Berlin-Brandenburg, Martina Tittel. „Wir wollen, dass es richtig voll wird. Wir wollen sichtbar bleiben als Branche“, sagte sie und deshalb soll Werbung gemacht werden.

Genau dazu sind die Karten da. Sie laden ein zum Berliner Bücherfest vom 17. bis 18 Juni auf dem Bebelplatz in Mitte. Nicht von ungefähr soll dieses Fest der Bücher genau an dem Ort stattfinden, wo die Nazis am 10. Mai 1933 Bücher verbrannten.

Zwei Tage lang wird Berlin zur größten Freiluftbuchhandlung Europas.

Buchändlerin Martina Tittel, Vorsitzende des Landesverbands

Mehr als 100 Stände

Man sei sich nicht sicher gewesen, „ob wir unseren Mitgliedern nach den Corona-Jahren diese Kraftanstrengung zumuten können“, sagte Tittel gestern bei der Jahreshauptversammlung des Landesverbandes Berlin-Brandenburg im Berliner Literaturhaus. Aber die Buchhändler und Verleger aus der Hauptstadt haben entschieden: Gemeinsam können sie das Festival organisieren und veranstalten. Und so gibt es das Bücherfest mit großzügiger finanzieller Unterstützung der Berliner Senatsverwaltung nach fünfzehn Jahren wieder.

„Für zwei Tage sind wir die größte Freiluftbuchhandlung Europas“, verkündete Tittel vorausblickend. Da gibt es zwar einige andere Städte (Madrid etwa), die mit Berlin um diesen Titel konkurrieren, aber was die Berliner geplant und bereits auf die Beine gestellt haben, lässt sich sehen: Mehr als 100 Stände von Verlagen und Buchhandlungen soll es geben, über 60 Veranstaltungen sind angekündigt. Autoren und Autorinnen wie Andrea Maria Schenkel, Volker Weidermann, Shelly Kupferberg, Alexander Osang und Kat Menschik wollen kommen (www.berliner-buecherfest.de).

Der KulturPass ist eine tolle Chance für den Buchhandel.

Christiane Schulz-Rother, Vorsitzende des Ausschusses für den Sortimentsbuchhandel

Große Chancen für den Buchhandel verspricht auch der KulturPass, den es 2023 erstmals geben wird. Jugendliche, die in diesem Jahr 18 Jahre alt werden, erhalten 200 Euro und können diese innerhalb von zwei Jahren für den Kauf von Büchern, CDs und Schallplatten sowie für Kulturveranstaltungen einsetzen. 100 Millionen Euro gibt es dafür aus dem Etat von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (mehr dazu hier).

Christiane Schulz-Rother, Inhaberin der Tegeler Bücherstube und im Börsenverein Vorsitzende des Ausschusses für den Sortimentsbuchhandel, stellte das Projekt im Literaturhaus vor. Sie sieht im KulturPass „eine tolle Chance“. Immerhin gehe es um 750.000 potenzielle Leser:innen und Konsument:innen.

Die Buchhändlerin verwies auf das Vorbild Frankreich. In unserem Nachbarland erhalten Jugendliche 300 Euro. Mehr als die Hälfte des Geldes haben sie für Bücher ausgegeben. Im Durchschnitt kaufte jeder Inhaber des "Pass Culture" neun Bücher (darunter viele Mangas). „Das Angebot hat viele neue Kunden in die Buchhandlungen gelockt“, so Schulz-Rother. 30 Prozent der Teenager seien vorher nie in einer Buchhandlung gewesen.

Am 17. Mai soll das Anbieterportal, auf dem sich Buchhandlungen registrieren können, freigeschaltet, ab Mitte Juni mit einer Kommunikationskampagne Werbung gemacht werden.

Das Berliner Bücherfest, so eine spontane Idee auf der Jahresversammlung, wäre auch ein geeigneter Ort, um für das Angebot zu werben. Schulz-Rother hofft jedenfalls, dass der KulturPass junge Menschen zu den Büchern bringt. Wenn das Angebot von vielen angenommen wird, soll es unter Umständen ausgeweitet werden und der KulturPass dann mehr jungen Menschen zugutekommen – denkbar wäre es, den Pass allen Heranwachsenden zwischen 17 und 20 Jahren anzubieten.

Aufbruch, Optimismus - und ein Abschied

Womöglich lassen diese sich auch von bewegter Schaufensterwerbung vermehrt in Buchhandlungen locken. Ronald Schild, MVB-Geschäftsführer, offerierte ein entsprechendes Angebot der MVB (mehr dazu hier). Schild warb zudem dafür, dass noch mehr Buchhändler als bislang schon VLB-TIX nutzen sollten. „Es hilft dabei, Papierberge zu reduzieren“, sagte Schild mit Blick darauf, dass der Versand gedruckter Vorschauen so mehr und mehr entfallen kann. „Das macht Ihre Arbeit effizienter und Sie sparen Kosten“, so Schild.

Der Verleger Christoph Links hatte gleich zu Beginn der Tagung einen optimistischen Grundton mit seiner Keynote vorgegeben: „Aufbruch in ungewissen Zeiten – Was aus dem Neustart des Berliner Buchhandels nach 1945 zu lernen ist“. Zu einem Aufbruch wollte Links, Mitherausgeber der „Geschichte des deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert“ also ermuntern, jedoch im Bewusstsein, dass die Situation 1945 auch für den Buchhandel ungleich schwieriger war. Das Fazit des Verlegers war denn auch unmissverständlich: „Verdammt, geht es uns doch gut. Wir sollten mit Mut unsere Probleme angehen.“ Die Aufbaugeneration habe dafür den Weg geebnet.    

Aufbruch und Optimismus umgaben also die Jahreshauptversammlung in der Hauptstadt. Der bewegendste Moment aber war der eines Abschieds. Die Buchhändler und Verleger gedachten Detlef Bluhm, dem langjährigen Geschäftsführer ihres Landesverbandes, der am 8. April im Alter von 69 Jahren verstorben war.