Vor Wochen noch unbekannte ukrainische Städtenamen sind durch den Krieg traurig vertraut geworden. Saporischschja gehört dazu. Auch die Großstadt am Dnepr wird immer wieder beschossen. Die Schriftstellerin Svetlana Lavochkina, die gestern im Literaturhaus in Berlin aus ihrem gerade erschienenen Roman „Die rote Herzogin“ (Voland & Quist) las, der in die Ukraine zu Zeiten des stalinistischen Terrors führt, kommt aus Saporischschja. Als sogenannter jüdischer Kontingentflüchtling hat sie die Stadt schon vor 23 Jahren verlassen und lebt seither in Leipzig. Sie schreibt auf Englisch und erklärt das mit ihrer sowjetischen Geschichte, von der sie sich distanzieren musste. Als Russland die Ukraine überfiel, so erzählt sie, sei gerade ein Versroman von ihr für einen ukrainischen Literaturpreis nominiert worden. Sie habe daran gezweifelt, dass Literaturwettbewerbe jetzt noch von Belang seien. Doch aus der Ukraine entgegnete man ihr: „Die Literatur ist auch eine Front. Der Angreifer will, dass unsere Sprache verstummt.“ Die Juryarbeit wurde fortgesetzt, während auf Lwiw Bomben fielen. Lavochkina erhielt den zweiten Preis.
Mit dem eindrucksvollen Auftritt der Schriftstellerin begann gestern die Jahreshauptversammlung des Landesverbandes Berlin-Brandenburg. Die Situation in der Ukraine und die dramatischen Folgen des Krieges blieben präsent im Literaturhaus. Der Verleger Andreas Rostek (edition. fotoTAPETA) rief dazu auf, eine Spendenaktion zu unterstützen: 10.000 ukrainische Bücher sollen an nach Deutschland geflüchtete Kinder gehen. Geplant ist, die Kinderbücher in der Ukraine zu kaufen und über Bibliotheken, Buchhandlungen, Schulen und Kirchengemeinden in Deutschland zu verteilen. Beteiligt an der Aktion sind die Kurt Wolff Stiftung und ukrainische Verlage. Bislang, so Rostek, habe man ca. 10.000 Euro eingesammelt, nötig seien 25.000 Euro.
Die Spendenbereitschaft in der Gesellschaft ist seit den Kriegsnachrichten und -bildern aus der Ukraine enorm, doch es stimmt auch, was die Vorsitzende des Landesverbands Berlin-Brandenburg, Martina Tittel, sagte: „In Krisen- und Kriegszeiten halten die Menschen ihr Geld beisammen.“ Die Deutschen konsumieren weniger, das heißt, sie kaufen auch weniger Bücher. Doch die Buchbranche ist nicht allein deshalb unter Druck. Die Kosten für Papier, für Logistik, für Personal und für Mieten steigen. Auch darauf wies Tittel hin und folgerte: "Wenn es den Verlagen gelänge, die Branche mit für den Markt verkraftbaren Preiserhöhungen zu unterstützen, könnten die vielfältigen Kostensteigerungen wenigstens teilweise abgefangen werden."