Liebe Kolleg:innen,
„Complaining is silly – either act or forget“
Kreativstar Stefan Sagmeister hat diesen Satz in seinem öffentlichen Tagebuch „Things I’ve learned in my life so far“ in Szene gesetzt und mir damit aus dem Herzen gesprochen. Das Buch erschien 2013 – wir waren gerade dabei, nach 28 Jahren die Druckerei zu schließen, aus der der Verlag hervorgegangen war. Keine leichte Zeit.
Und der Satz traf ins Mark.
Auch die letzten Jahre waren nicht leicht. Für Sie nicht. Für mich nicht. Für die Unternehmen nicht, in denen wir arbeiten, die wir leiten, mit denen wir uns identifizieren.
Erst traf uns Corona mit der vollen Wucht einer Mischung aus Sorge um die Leben unserer Lieben und Lockdown mit Sorge um das Überleben unserer Läden. Darauf folgten fast unmittelbar die Energiekrise und eine Inflation von historischem Ausmaß. Leere Innenstädte, ein schwaches Konsumklima, schlechte Leseleistungen, Kostensteigerungen in allen Bereichen, leere Staatskassen – das alles beunruhigt uns auf der Schwelle zum Jahr 2024.
Und da soll der Neujahrsgruß Ihrer Vorsteherin Sonne ins Düstere bringen? Zumal der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine und die schrecklichen Terrorakte der Hamas auf Israel und ihre Auswirkungen uns anhaltend besorgen und betroffen machen.
Selbst der größten Optimistin, der tapfersten Kämpferin fällt das nicht leicht.
Was ich aber versuchen möchte, ist, Ihnen zu schreiben, warum ich trotz allem Hoffnung habe. Und warum ich an diese Branche glaube.
nein, ich halte es nicht für Ihre primäre Aufgabe, unserer Branche Mut zu machen und Sonne ins Düstere bringen zu müssen. Denn den Mut zum immer wieder Aufstehen, den betreiben Teile unserer Branche ja schon seit sehr geraumer Weile selbst aus sich heraus, um Überleben zu können. Wir sind also spätestens seit Corona schon in der aktuellen Dauerschleife der Probleme angekommen und versuchen, diese immer wieder aufs Neue zu bewätligen..
Was wir als unabhängige Buchhandlung allerdings besonders von Ihnen und dem Börsenverein erwarten, das ist ein proaktiver Umgang mit internen Problemen der Branche: RABATTSPREIZUNG - BILDUNG EINES OLIGOPOLS und meinetwegen auch die aktuelle Zeitfracht-Debatte (in Durchdenkung der politischen Konsequenzen) sind Punkte, die seitens Börsenverein in 2024 laut und deutlich angesprochen werden müssen.
Mein Eindruck ist, dass wir in unserer Branche, besonders auch der Börsenverein, seit sehr geraumer Weile viele tatsächlich vorhandene Strukturprobleme mit dem "bequemen" Verweis auf die Aktivitäten in anderen Bereichen verschwurbelt hat, nicht ansprechen mag und somit grob oder auch fahrlassig vernachlässigt.
Herzschlag und Hirnschmalz helfen da nur teilwise weiter, wenn die Grundvoraussetzungen unserer Branche branchenintern so gar nicht mehr stimmen!
Jens Bartsch - Buchhandung Goltsteinstraße in Köln