Am nächsten Morgen lese ich mit schwerem Kopf in der Frankfurter Rundschau ein Interview mit dem russischen Schriftsteller Wiktor Jerofejew, der die Mehrheit der Russen als an Politik Uninteressierte bezeichnet, die Putins Narrativ von einem Russland, das sich verteidigen müsse, glauben - und sich mit Hilfe des Fernsehens zu seiner Armee machen lassen würden.
Unter dem Titel Der Große Gopnik schreibt Jerofejew gerade ein Buch darüber: „Gopnik bedeutet so viel wie kleiner Rabauke oder Rowdy. Es gibt für mich in Russland zwei solcher Gopniks: Putin selbst und das Volk als eine Art kollektiver Gopnik. Beide sind voll aufgestauter Rachegelüste, gewaltbereit und fest miteinander verbunden. Sie passen gut zusammen.“
Ich lese in der taz von dem ukrainischen Schriftsteller Juri Andruchowytsch, dass er sich, wenn es sein müsste, den Partisanen anschließen würde: „Putin kennt nur zwei Lösungen der Krise. Entweder ergeben wir uns und erkennen damit an, dass wir zusammen mit den Russen eine Nation sind. Oder er zerstört uns.“
Der in Moskau lebende Schriftsteller Artur Solomonow kann es nicht fassen: „Etwas in mir weigert sich, zu begreifen, dass russische Streitkräfte die Ukraine angreifen. Das ist dermaßen außerhalb meiner Vorstellungskraft … und das ist jetzt die Wirklichkeit. Ich stehe noch unter Schock. Wann ich aus diesem Zustand wieder rauskomme, ich habe keine Ahnung.“
Und Sascha Marianna Salzmann fordert uns auf, uns weiterzubilden und die Bücher von Masha Gessen, Swetlana Alexijewitsch, Timothy Snyder und Karl Schlögel zu lesen, die seit Jahrzehnten darüber schreiben, „wie im russischen Bewusstsein Geschichte umgeschrieben wurde. Wenn wir der Ukraine helfen wollen, müssen wir die Situation verstehen“ (zum Artikel in der taz).