"Es kommen härtere Tage"
Blick zurück nach vorn: Die Hauptversammlung des Landesverbands SaSaThü nimmt Schwung für die Zeit nach der Pandemie. Leichter wird’s nicht – aber die Stimmung ist vorsichtig optimistisch.
Blick zurück nach vorn: Die Hauptversammlung des Landesverbands SaSaThü nimmt Schwung für die Zeit nach der Pandemie. Leichter wird’s nicht – aber die Stimmung ist vorsichtig optimistisch.
Was die Uhr geschlagen hat, wussten die Teilnehmer der 32. Hauptversammlung des Börsenvereins-Landesverbands Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen (SaSaThü) im Leipziger Haus des Buches spätestens, als Mark Lehmstedt, Vorsitzender der Fachgruppe Herstellender Buchhandel, Ingeborg Bachmanns berühmtes Gedicht „Die gestundete Zeit“ (1953) zum Vortrag brachte: „Es kommen härtere Tage.“
Dabei hätte es des Warnrufs der großen Österreicherin gar nicht bedurft, die Zeichen der Zeit sind in der Branche der drei östlichen Bundesländer besonders augenfällig: Die Corona-Wackelpartie aus Schließungen, Halböffnungen und erneuten Schließungen führte zu Einbußen; in Sachsen, wo der Buchhandel neun Wochen komplett dicht war, kam es zu Umsatzverlusten von 11,3 Prozent, in Thüringen waren es gar 17,3 Prozent. Die Leipziger Buchmesse fehlte als Aufmerksamkeitsverstärker schmerzlich, in den Medien haben es Buchthemen immer schwerer. In Zeiten der Lockerung kaufte der Buchhandel verhalten ein; Bücher außerhalb der Sellerlisten hatten es doppelt schwer. „Das Bücherleben“, so Lehmstedts Fazit, „kam stellenweise fast zum Erliegen“.
Wenn Buchhandel und Verlage dennoch „mit einem blauen Auge“ durch die Pandemie-Zeit gekommen sind, lag das, neben den herkulischen Anstrengungen der Kolleginnen und Kollegen, auch an Hilfsangeboten wie Neustart Kultur oder Kurzarbeitergeld. Dass die Verlage wieder an den Ausschüttungen der VG Wort beteiligt sind, sorgte auch im Verbandsgebiet SaSaThü für Erleichterung.
Wer noch nicht über die Gabe der Bilokalität verfügt, musste es diesmal besonders bedauern, dass die Fachgruppenversammlungen von Herstellendem und Verbreitendem Buchhandel am Vormittag parallel stattfanden – die Herausforderungen, vor denen die Branche steht, sind so komplex, dass sie in der Regel immer alle betreffen. Während die Sortimenter:innen unter dem Motto „Zurück in die Zukunft“ versuchten, Erfahrungen aus der Krisenzeit in künftige Chancen zu verwandeln, kreiste die Diskussion bei den Verlagen unter der Headline „Papierknappheit und Kostenexplosion“ um die Frage, wie ihre Firmen überhaupt noch planen und kalkulieren können.
Der Vortrag von Antje Steinmetz vom Verband Druck und Medien Mitteldeutschland e.V. (VDM) machte deutlich, dass Corona in den letzten beiden Jahren wohl nur in äußerster Zuspitzung offenbarte, was in der Druck- und Papier-Branche bereits seit mehr zwei Jahrzehnten schiefläuft. Was es bedeutet, wenn Papierlieferungen, statt fünf bis sechs Werktagen, sechs bis acht Wochen dauern, sich die Vorlaufzeit eines Buchs um das vier- bis sechsfache verlängert oder sich Papierpreise zum Teil tagesaktuell ändern, wissen fast alle Verleger aus leidvoller Erfahrung.
Wenn sich Steinmetz über die heikle Zusammenarbeit ihrer Verbands-Firmen mit Verlagen zu Beobachtungen wie „langjährige Geschäftsbeziehungen können sich positiv auswirken“ aufschwang, hätte man mit Olaf Scholz gern „more beef“ eingefordert. Gut möglich, dass das nachgeliefert wird: In der anschließenden Kaffeepause wurde ein direktes Gespräch von VDM-Firmenlenkern und Verleger:innen angedacht.
Wie spannend es werden kann, wenn die Ebene der Allgemeinplätze verlassen wird, zeigte Ulrich Janzen aus Erfurt, der als „Hybrid“ aus Verleger (Ringelbergverlag) und Buchdruckermeister (Druckerei Wittnebert) in beiden Sphären zu Hause ist. Er konstatiert die schleichende Ausdünnung des Netzes aus Druckereien und Papiergroßhändler durch über Jahre konstant gefallene Preise, gerade fehlen ihm schlicht die Druckplatten aus Aluminium.
Bei Janzen treffen die Marktwirtschaft mit ihrem Gesetz von Nachfrage und Angebot und die heilige Kuh des festen Buchpreises direkt aufeinander. Bei der Frage, wie man als Verlag mit teilweise explodierenden Materialkosten umgehen soll, ging es im Auditorium ordentlich zur Sache: Kann es ein „Risiko-Aufschlag“ beim Ladenpreis richten? Druckt man einfach keinen Preis mehr hinter den Barcode und ist so aus dem Schneider? „Wenn wir alle 14 Tage die Preise ändern“, so Verleger Lehmstedt, „torpedieren wir am Ende die Preisbindung“.
Beim ersten physischen Zusammentreffen nach langer Zeit wurde erfrischend rege und auch kontrovers diskutiert. Etwa darüber, ob der Sächsische Verlagspreis, in Kooperation mit dem Landesverband ausgelobt von den Staatsministerien für Wissenschaft und Kunst sowie Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, nun auf gutem oder schlechtem Wege sei.
Der Preis wurde seit 2018 drei Mal vergeben, seit die Dresdner Ministerien von zwei verschiedenen Parteien besetzt werden, stochert SaSaThü-Geschäftsführerin Heike Haupt, trotz vorbildlichem Engagement, in dieser Causa in Watte. Stand jetzt wird es wegen Mittelabflussdruck im laufenden Jahr wohl einen „Gießkannenpreis“ (Haupt) geben, bei dem sich 20 Verlage über je 5000 Euro freuen dürfen. Ab 2023 hofft man auf einen Neustart mit würdigem und tragfähigem Preis-Procedere.
Wen es stört, dass die korrekte Bezeichnung des Landesverbands, etwa bei Benutzung in sozialen Medien, zu sehr aufträgt, wen die auch hier (im Sinne eines schlanken Zeilenhonorars) oft verwendete Abkürzung „SaSaThü“ zu sehr an „Robby, Tobby und das Fliewatüüt“ erinnert, mag es mit dem Buchhändler und Krimiverleger André Mannchen halten, der sich seit einiger Zeit für eine Umbenennung in „Landesverband Mitteldeutschland“ stark macht.
Noch scheint eine Mehrzahl der Mitglieder mit dem traditionellen Namen sehr zufrieden zu sein, aus unterschiedlichsten Gründen. Sie reichen von „never change a running system“ (Heike Grümmer) über die Quanto-Costa-Frage bis zur durchaus schwammigen Bedeutung des Worts „Mitteldeutschland“.
Stolz kann man auf die drei gar nicht mehr so neuen Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen auf jeden Fall sein. Von den Wahlergebnissen, die der LV-Vorsitzende Helmut Stadeler (Bussert & Stadeler, Jena), immerhin seit 2010 im Amt, seine Vorstandskolleginnen und -kollegen sowie die Leitungen der Fachgruppen erreichten, können deutsche Volksparteien nur träumen.
Dass man den Wink mit dem Bachmann-Zaunpfahl in Leipzig verstanden hat, zeigte sich beim abschließenden Sommerfest im lauschigen Literaturhaus-Garten. Das hatte die LKG gesponsert, die am gleichen Nachmittag auch das jährliche Treffen ihrer Kommitenten an historischer Stelle schräg über die Prager Straße veranstaltete und sich den zwanglosen Ausklang also gleich mitorganisierte: Synergie made in Saxonia.
Wenn Sie schon über das Treffen berichten, dann bitte aber richtig. Seit über 4 Jahren bin ich kein Krimi Verleger. Auch habe ich nie geäußert, Worte wie ›schlanken Zeilenhonorars‹, › „Robby, Tobby und das Fliewatüüt“‹.
Auch stimmt die Aussage nicht, dass eine Mehrzahl mit den Namen zufrieden ist.
Nun frage ich mich, was das für ein Journalismus ist? Waren Sie vor Ort? Und wie können Sie sich anmaßen von ›durchaus schwammigen Bedeutung des Worts „Mitteldeutschland“‹. Weder Leben Sie hier, noch haben Sie was mit uns zu tun.
Die Arroganz in Ihren Worten ist schlimm, beziehen Sie doch den Mitteldeutscher Rundfunk, Mitteldeutsche Verkehrsverbund, etc, mit dieser Aussage in eine negative Bedeutung.
Sie haben offenbar recht eilig und in heftiger Erregung den SENDEN-Knopf gedrückt. Das ist schlecht für die Gesundheit und die so entstehenden Texte. Lassen Sie mich kurz auf einige Ihrer Punkte eingehen:
Wie Sie auf die Idee kommen, ich hätte Ihnen Aussagen zu meinem Zeilenhonorar und zu Boy Lornsens wunderbarem "Fliewatüüt" in den Mund gelegt, ist mir schleierhaft. Ich schreibe, dass eine Mehrzahl der Mitglieder noch mit dem aktuellen Namen zufrieden zu sein "scheint": Das war mein Eindruck nach der durchaus längeren Aussprache. Erinnere ich mich richtig, dass der aus dem Auditorium vorgebrachte Vorschlag einer "Probeabstimmung" von Ihnen nicht aufgegriffen wurde? Was den Begriff "Mitteldeutschland" betrifft, so ist er weiß Gott nicht ehrenrührig. Einige Kolleginnen und Kollegen haben allerdings deutlich gemacht, warum sie damit fremdeln - Michael Faber etwa ist darauf eingegangen, warum sich der MDR 1992 begrifflich auf die 1924 gegründete Mitteldeutsche Rundfunk AG (MIRAG) bezogen hat. Nach all dem wird es Sie überraschen, dass ich bei der HV vor Ort war - das macht sich einfach besser, wenn man darüber schreiben will. Durchaus auch mit einer eigenen Meinung, um Ihre Frage nach der Art des von mir gepflegten Journalismus aufzugreifen. Last, but not least: Ich bin vor fast 60 Jahren in der sächsischen Automobil- und Robert-Schumann-Stadt Zwickau geboren worden und lebe seit 1983 in Leipzig.