Er legte damit den Finger in die Wunde – und machte die Lücke deutlich, die zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft, in Frankfurt wie anderswo. Michel Friedman nahm den Faden auf und verwies darauf, dass er nach Anschlägen wie in Hanau oder Halle oft einen Satz höre, den er nicht verstehen könne: „Wir sind an Ihrer Seite“. Welche Botschaft werde denn damit vermittelt? „Ist ein Anschlag auf eine Moschee, eine Synagoge etwa kein Anschlag auf Dich?“
Auch der Satz „Wehret den Anfängen“ falle in diesem Zusammenhang gern. Dabei sei man schon mittendrin, weil man eine hasserfüllte Sprache zugelassen und nicht vehement widersprochen habe. Sprache könne tödlich sein, Hassrede sei kein Kavaliersdelikt, machte Friedman deutlich.
Deshalb stellt sich für ihn die Frage: Ist Hass wirklich eine Meinung – oder verbale Gewalt? „Es gibt viele, die durch diese Form der Gewalt sehr eingeschränkt leben müssen, weil sie bedroht werden. Entweder streiten wir uns und halten dagegen – oder wir sind mitverantwortlich.“
Zugrunde gehen wird die Demokratie für Michel Friedman jedenfalls nicht zuerst an denen, die laut hetzen, sondern an denen, „die gelangweilt sind und / oder sich nicht einmischen.“