Lesetipp

"Ein Buch zu lesen bedeutet Empathieschulung"

2. Mai 2022
von Börsenblatt

In einem Interview mit der "FAZ" nimmt Peter Kraus vom Cleff, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, Stellung zu Meinungs- und Pressefreiheit, zur Situation in der Ukraine, zum Null- Mehrwertsteuersatz und zu aktuellen Herausforderungen für den Buchhandel.

In dem langen Interview mit Andreas Platthaus berichtet Kraus vom Cleff über die aktuellen Unterstützungsmaßnahmen für die Ukraine und die ukrainischen Kolleg:innen in der Buchbranche. Zu den Boykottmaßnahmen gegen russische Verlage befragt, differenzierte Kraus vom Cleff zwischen dem russischen Staat und der russischen Kultur: "Ich bin gegen einen Pauschalboykott russischer Verlage oder Autorinnen und Autoren. Dem russischen Nationalstand werden wir aber auf der Frankfurter Buchmesse keine Bühne geben." Eine autoritäre Diktatur entstehe zuerst durch das Verbot von Meinungs- und Pressefreiheit. "Unsere Hauptantriebsfedern als Branche und Verband bestehen darin, Meinungsvielfalt zu fördern, Pluralität, Diversität." Dieses Engagement mache die Buchbranche auch für junge Menschen interessant - "ein Buch zu lesen bedeutet immer auch Zugang zum Denken eines anderen, zu einer anderen Kultur, bedeutet Empathieschulung und Information. Das klarzumachen, dafür stehen wir."

Nach zwei Jahren Pandemie sieht der Hauptgeschäftsführer eine der wichtigsten Aufgaben, dazu beizutragen, dass die Attraktivität der Innenstädte gewahrt bleibe. "Da hat die klassische Buchhandlung große Bedeutung, weil sie ein Begegnungsort ist und man dort ständig Neues entdecken kann." In Service, Beratung sowie OnlineKompetenz könne der Buchhandel vielen anderen stationären Händlern auch ein Vorbild sein. In puncto Null-Mehrwertsteuersatz wies Kraus vom Cleff auf den enormen Preisdruck durch steigende Rohstoff- , Energie- und Lohnkosten hin, "der Preis einer Europalette hat sich verfünfzehnfacht. Das alles gilt auch für andere Branchen, aber mit Büchern betreiben Sie ja zusätzlich auch noch aktive Kulturförderung, weshalb sie ja jetzt schon zu den steuerbegünstigten Produkten zählen." Ein breiterer Wissenszugang wirke Elitenbildung entgegen: "Eine weitere steuerliche Begünstigung wäre da genau richtig. Damit würde die Bundesregierung Kultur, Bildung und Demokratie stärken. Bücher haben jedes Steuerprivileg verdient. Wir könnten da in einen Engelskreislauf eintreten: Statt Steuerschlupflöchern für die großen Plattformen Förderung einer nachhaltig wirtschaftenden Branche - ein durchschnittliches broschiertes Buch erzeugt bei Herstellung und Vertrieb den gleichen Kohlendioxidausstoß wie zweieinhalb Tassen Espresso -, deren Produkte die Gesellschaft verbessern und die dadurch für junge Leute interessant wird, die diese Entwicklungen weiter vorantreiben."

Das lesenswerte Interview in der "FAZ" finden Sie hier.