Im Gespräch mit Susanne Barwick, der stellvertretenden Justiziarin des Börsenvereins, stellte sich Madeleine Pieger bei der Tagung nun den drängenden Fragen der Verlage. Eine Zusammenfassung:
Warum können Selfpublisher darüber entscheiden, in welche Kategorie ihr Buch fällt, Verlage aber nicht?
Niemand könne die inhaltliche Kategorisierung besser vornehmen als der Autor selbst, so Pieger. Verlage wiederum hätten die Möglichkeit, die thematische Einordnung über die Metadaten zu steuern.
Sei ein Buch durch den Selfpublisher falsch einsortiert, können Nutzer der Plattform, denen das auffällt, dies per Mausklick über den Button „Falsche Produktinformation“ an Amazon melden. Innerhalb von 24 bis 48 Stunden werde der Fehler dann korrigiert, denn gemäß der Richtlinien von Amazon sei die Auswahl von Kategorien, die Kunden irreführen, nicht zulässig.
Neben „Me-too“-Produkten gibt es auch Selfpublishing-Titel, die ganz klar Urheberrechte verletzen. Was kann der Verlag in solchen Fällen tun – und was macht Amazon?
Geht es dem Verlag darum, den Titel schnell offline zu nehmen, sei Amazon die richtige Adresse, so Pieger. Bei einer offensichtlichen Urheberrechtsverletzung reagiere Amazon – und gebe im zweiten Schritt, falls ein Impressum fehle, auch Kontaktdaten und Verkaufszahlen heraus, damit der Verlag unter Umständen Schadenersatz gegenüber dem Selfpublisher geltend machen könne.
„Wir bewegen uns hier in einem ständigen Spannungsfeld zwischen Datenschutz und Urheberrecht“, daher komme dies nur bei eindeutigen Rechtsverletzungen in Betracht, so Pieger.
Warum dauert es manchmal so lange, bis Amazon auf anwaltliche Schreiben reagiert?
Oft würden Beanstandungen nicht an die richtige Anlaufstelle im Konzern geschickt, meint Pieger. Zuständig sei in diesen Fällen die Münchner Rechtsabteilung von Amazon.
„Ist ein Verlag unsicher, ob eine Urheberrechtsverletzung vorliegt, kann er sich vorab auch an uns wenden. Wir stehen den Mitgliedern gerne beratend zur Seite“, so Susanne Barwick von der Rechtsabteilung des Börsenvereins.
Hat häufiges Fehlverhalten Konsequenzen für Selfpublisher?
Ja, verspricht Madeleine Pieger. Würden zu einem Anbieter häufig Fehlermeldungen eingehen, dann werde der Selfpublisher angeschrieben. Je schwerer der Verstoß, desto härter die Reaktion von Amazon: „Das kann auch bis zur Kontosperrung gehen“. Schwarze Schafe gebe es immer.
Bevorzugt der Algorithmus von Amazon Titel, die über „Independently published“ veröffentlicht werden?
Amazons Algorithmus sei darauf ausgerichtet, Produkte anzuzeigen, die dem Kunden gefallen könnten – und differenziere nicht nach Verlag oder Selfpublisher, erläuterte Pieger – das System sei also „verlags-agnostisch“. Die Ratgeberverlage vermuten jedoch anderes: Für Amazon könnte das Geschäft mit den Selfpublishern der eigenen Plattform aufgrund höherer Margen einträglicher sein, mit entsprechendem Einfluss auf das Ranking.