Gleichzeitig wird es aber immer wichtiger, dass die KI in Produkten auch sichtbar wird. Dass auf dem Buch draufsteht: Hier steckt generative KI drin. Das war Thema des Podiums am zweiten Tag der Fokustage, „Was tun im Umgang mit der Content-Flut?“. Susanne Barwick, Rechtsanwältin in der Rechtsabteilung des Börsenvereins, klärte über die rechtlichen Aspekte einer Kennzeichnungspflicht für (generative) KI-Inhalte auf. Demnach sei es nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) so, dass ein Kunde, dem eine wesentliche Information im Produkt, die seine Kaufentscheidung beeinflusst, vorenthalten bliebt, dies als Täuschung auffassen könnte. Der Anbieter des Produkts verstoße in diesem Fall gegen die Regeln des lauteren Wettbewerbs. Entsprechende Transparenzpflichten regele auch der kürzlich verabschiedete AI Act der EU.
Ein großes, wenn nicht sogar existenzbedrohendes Problem für Ratgeberverlage sind die mit Hilfe von KI erstellten Me-Too-Produkte, die den Bestsellern täuschend ähnlich sind, so Monika Schlitzer vom DK-Verlag. „Hinzu kommt, dass diese Titel durch Fake-Rezensionen ein höheres Ranking erreichen als die Originale.“ Schlitzer sieht da „eine Lawine auf uns zurollen“. Amazon hat als Gegenmaßnahmen das Hochladen von Selfpublisher-Titeln pro Tag auf 30 reduziert. Die Fake-Ratgeber seien kein Geschäftsmodell von Amazon, ergänzte Börsenvereinsjustiziar Christian Sprang. Der direkte Draht zur Rechtsabteilung des Online-Händlers könne im Gegenteil dazu beitragen, betroffenen Verlagen schneller zu helfen.
Anders stellt sich die KI-Problematik bei Wissenschaftsverlagen dar, wie Henning Schoenenberger von Springer Nature erläuterte. Seit 2019 experimentiere man auf verschiedenen Stufen mit maschinengenerierten Büchern. Er plädiert dafür, eine Taxonomie für KI-Anwendungen zu entwickeln, die den jeweiligen Grad der Bearbeitung spiegelt – vom einfachen „language polishing“ bis zum komplett KI-generierten Buch.
Für BoD wiederum, das Selfpublisher seit drei Jahren mit dem Tool „Write Control“ unterstützt, stehe der verantwortliche Umgang aller Beteiligten der Wertschöpfungskette mit den Möglichkeiten, sowohl im Blick auf die Autor:innen als auch im Blick auf die Handelspartner, im Vordergrund. Um das Urheberrecht zu schützen, würden alle Daten, die in das Tool einfließen, nur lokal gespeichert.
Schoenenberger gab dem Thema am Ende noch einen Dreh, der in drei bis fünf Jahren vielleicht nicht mehr überraschend klingt: Wenn die KI bei bestimmten Publikationsaufgaben besser sei als der Mensch, könne man die Kennzeichnung auch selbstbewusst und positiv für das Marketing nutzen. Okke Schlüter von der HdM Stuttgart ergänzte noch den Aspekt, dass es sehr wichtig sei, bei den Endkunden ein entsprechendes Bewusstsein für die KI-Thematik zu schaffen.