Bundesrat will Zwangslizenz

Börsenverein lehnt überstürzte Gesetzesregelung für E-Lending ab

8. April 2021
Redaktion Börsenblatt

In das Reformpaket zum Urheberrecht will der Bundesrat im Eiltempo eine Regelung zur E-Book-Ausleihe einfügen. Verlage müssten demnach jedes E-Book per Zwangslizenz den Bibliotheken zur Verfügung stellen. Kommerzielle E-Book-Angebote von Buchhandlungen und Verlagen hätten dann keine Chance mehr, so Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis.

Wenige Wochen vor Ende des Gesetzgebungsverfahrens zur Umsetzung der EU-Urheberrechtsreform in Deutschland hat der Bundesrat vorgeschlagen, eine mit diesem Reformprojekt in keinem Zusammenhang stehende Regelung zur E-Book-Ausleihe ins Gesetz aufzunehmen. Der Vorschlag sieht eine Zwangslizenz vor, das heißt, Verlage müssten qua Gesetz Bibliotheken jedes, auch neu erschienene E-Book für den Verleih zur Verfügung stellen. Der Börsenverein hält den Vorschlag für problematisch.

"Wir halten es für völlig falsch, in den letzten Zügen eines laufenden Gesetzgebungsverfahrens überstürzt und ohne Not ein so komplexes Thema wie die E-Book-Ausleihe aufzunehmen", erklärt Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, dazu. "In dieser kurzen Zeit ist es nicht möglich, das Thema angemessen zu behandeln und zu prüfen. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Zwangslizenz wäre ein massiver Eingriff in die Rechte der Urheber*innen und Verlage. Kommerzielle E-Book-Angebote des Buchhandels und der Verlage wären gegenüber einer so entstehenden steuersubventionierten E-Book-Flatrate schlichtweg nicht mehr wettbewerbsfähig."

 

Zum Hintergrund

  • Das etablierte E-Book-Leihsystem "Onleihe", das auf freiwilligen Lizenzvereinbarungen mit derzeit ca. 7.200 Verlagen basiert, funktioniert einwandfrei. Leser*innen stehen mehr als eine halbe Million E-Book-Titel zur Verfügung, die allein im Jahr 2020 über 30 Millionen Mal genutzt worden sind. Auch große Onleihe-Verbünde schöpfen dabei das vorhandene Titelangebot nur zu etwa 10 Prozent aus.
  • Die Möglichkeit, manche E-Book-Neuerscheinungen mit einigen Monaten Verzögerung für die Ausleihe in Bibliotheken bereitzustellen, ist für Verlage und Autor*innen von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Denn in den ersten Monaten nach der Veröffentlichung ist die Nachfrage nach einem Titel am größten – im Buchhandel wie bei der Onleihe. Würde diese Möglichkeit wegfallen, wären hohe Umsatzausfälle bei Verlagen, Autor*innen und im Buchhandel die Folge, da immer weniger Leser*innen E-Books kaufen, sondern diese stattdessen – kostenlos und ohne Qualitätseinbußen – ausleihen würden.
  • Schon jetzt deckt das E-Lending in Deutschland etwa 40 Prozent des Konsums von E-Books ab, während 60 Prozent auf Verkäufe entfallen. Das E-Lending erzeugt jedoch nur ca. 5 Prozent des Umsatzes, den Autor*innen und Verlage mit E-Books erzielen können. Zu 95 Prozent kommen ihre Erlöse über die Verkäufe im Online-Handel.

Factsheet: 7 Argumente gegen eine Zwangslizenz für die E-Book-Ausleihe

Gemeinsame Stellungnahme zu E-Lending

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