17 Klassen auf einen Streich
In München ist vor kurzem die Bücherschau junior zu Ende gegangen. Das junge Publikum konnte online und offline dabei sein – sogar von Rom aus. Ein Blick in die hybride Zukunft der Leseförderung.
In München ist vor kurzem die Bücherschau junior zu Ende gegangen. Das junge Publikum konnte online und offline dabei sein – sogar von Rom aus. Ein Blick in die hybride Zukunft der Leseförderung.
Eine Lesung vor 17 Schulklassen? In der analogen Welt eine echte Herausforderung – online dagegen kein Problem: Seit die Münchner Bücherschau im Herbst und ihr junger Ableger, die Münchner Bücherschau junior im Frühjahr, ihr Schulklassenprogramm über eine digitale Plattform abwickeln, kann jede Klasse ihre Wunschlesung buchen. Der Hinweis "ausverkauft" hat Pause. Und selbst Schüler:innen, die gerade in Quarantäne sind, haben die Möglichkeit, die Lesungen mitzuerleben (hier geht's zum Portal, bis 24. April 2022 freigeschaltet).
„Hinzu kommt: Für die Schulen, mit dem Lernstoff ohnehin in Verzug, verringert sich der Zeitaufwand“, berichtet Friederike Eickelschulte, beim bayerischen Landesverband des Börsenvereins für die beiden Bücherschau-Formate verantwortlich: „Statt für den Ausflug zur Bücherschau einen ganzen Vormittag zu reservieren, müssen Lehrer:innen für die Videolesung höchstens ein, zwei Stunden einplanen.“
Neben Schulen aus ganz Bayern hat sich in diesem März sogar eine Klasse der Deutschen Schule in Rom eingeloggt. Ohne Digitalangebot undenkbar – auch wenn Leseförderung als Live-Event naturgemäß am schönsten ist und das Organisationsteam der Bücherschauen den Blick in glänzende Kinderaugen vermisst. Dennoch: Was einst aus der Corona-Not geboren wurde, ist inzwischen weit mehr als eine Behelfslösung.
Natürlich ist die hybride Planung der Münchner Bücherschau mit Mehraufwand verbunden. Gleichzeitig bieten wir damit aber mehr Service – dem Lesepublikum wie den Verlagen.
Friederike Eickelschulte, Börsenverein, Landesverband Bayern
Im Herbst 2020 ließ sich die Münchner Bücherschau zum ersten Mal im digitalen Raum erleben – damals wurde die technische Bühne mit Partner Weltbild entwickelt. Mittlerweile ist das Lesefestival mit seinen beiden Ausgaben im Frühjahr und Herbst auf eine Onlineplattform der öffentlich geförderten Medientage München umgezogen. Parallel dazu gibt es weiter das Präsenzprogramm, von der Lesung bis zur großen Buchausstellung.
Die analogen Pläne werden derzeit allerdings ständig von der Corona-Krise durchkreuzt. Im Herbst 2021 etwa, als sich die Lage plötzlich wieder zuspitzte, mussten längst ausgebuchte Veranstaltungen innerhalb von fünf Tagen auf eine Auslastung von 25 Prozent heruntergefahren werden: "Seit Corona ist die Bücherschau für uns ein organisatorischer Parforceritt", sagt Friederike Eickelschulte. "Doch das Publikum, das stundenlang in der realen Buchausstellung stöbert, macht da vieles wieder gut."
Das Internet bietet eine planungssichere Alternative, angelehnt ans analoge Original. Bei der digitalen Bücherschau junior etwa finden Familien alles, was sie von der Liveveranstaltung kennen. Auf der Startseite sind die "Bücherhütten" zu sehen, in denen die Kinder auch in der Präsenzausstellung schmökern können. Von dort aus geht es weiter zu den Veranstaltungsvideos, zu den virtuellen Ständen der Verlage – und zu den Sonderschauen mit kuratierten Empfehlungen. Zu allen Buchtipps gibt es Inhaltsangaben, Lese- und Hörproben, Jury-Urteile sowie Video-Links.
In der Rubrik „neu und lesenswert“ beispielsweise empfehlen drei Kinderbuchexpertinnen die besten Titel der Saison, auch die Nominierungen für den Deutschen Jugendliteraturpreis sind hier abrufbar.
Kinder und Eltern, die auf den Seiten stöbern, können Merklisten anlegen und die Bücher über den Buchhandelsfinder direkt bei einer Buchhandlung ihrer Wahl bestellen. Vor Ort ist die Bücherschau junior schon seit dem 20. März vorbei, online bleibt sie bis zum 24. April geöffnet, bis zum Ende der Osterferien.
Der Landesverband will seine zwei Lesefestivals auch künftig digital ausspielen, ganz gleich wie sich die Pandemie ab Herbst entwickelt. Friederike Eickelschulte meint dazu: "Wir haben damit die Gewissheit, dass zumindest die digitalen Ausgaben der beiden Münchner Bücherschauen so auf jeden Fall stattfinden können."
Website: www.muenchner-buecherschau-junior.de und bis 24. April: https://mbs.medientage-digital.de
Plattform: Medientage München, mit individualisierter Infrastruktur
Angebote: Online-Lesungen, zum Teil kostenpflichtig, virtuelle Verlagsstände, Sonderschauen, etwa zum Deutschen Jugendliteraturpreis
Funktionen: Merklisten für Bücher, Suchfunktion, Mediathek, Buchhandelsfinder für Bestellungen hinterlegt
Technischer Partner: Fabrik 19, Gießen
Video-Dienstleister: Millstone Animation