Buchcharts – die aktuellen Bestsellerlisten

Suters Schweinsteiger-Hymne stürmt auf Platz 1

2. Februar 2022
Matthias Glatthor

Einen Volltreffer erzielt Martin Suter mit der Romanbiografie von Fußball-Weltmeister Bastian ("Basti") Schweinsteiger – obwohl dem Feuilleton das Buch weniger gefallen hat. Ein New Adult-Titel von Sarah Sprinz erobert sofort die Spitze der Belletristik (PB). Beim Sachbuch stechen eine neue Menschheitsgeschichte, Navid Kermanis Fragen nach Gott und die Tagebücher von Manfred Krug heraus. Aber das ist nur die Spitze des Eisbergs bei der Fülle an Neueinsteigern.

Die Wochencharts auf Börsenblatt Online

Ermittlungszeitraum: 24. bis 30. Januar 2022

Ein Füllhorn an Neueinsteigern wird in dieser Woche in unseren Charts ausgeschüttet: es sind ganze 33 Titel (plus einer bei Essen & Trinken; Ernährung)! Hinzu kommen zwölf Wiedereinsteiger (plus vier bei Essen & Trinken; Ernährung).

Der Schauspieler und Autor Hardy Krüger ist am 19. Januar im Alter von 93 Jahren gestorben (Meldung auf Börsenblatt online). In seiner Autobiografie "Was das Leben sich erlaubt" (Goldmann; TB-Ausgabe Oktober 2017), die durch das traurige Ereignis wieder auf Platz 10 in unsere Sachbuchliste (TB) kommt, erzählt er etwa von seiner Kindheit und Jugend in Nazideutschland. 

Belletristik (HC): Volltreffer für Suter & Schweinsteiger
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Neu auf Platz 1: Mit "Einer von euch" (Diogenes; ET: 26. Januar) habe er einen biografischen Roman verfasst, so Martin Suter im Vorwort. "Biografisch" bedeute, "dass ich aus dem Leben von Bastian Schweinsteiger und Ana Ivanović erzähle." "Roman" bedeute, "dass die Ereignisse, die darin vorkommen, auch frei erdacht sein dürfen". Oder dass sie zwar tatsächlich stattgefunden hätten, aber so beschrieben seien, wie er sich das als Romancier vorstelle. Er erzähle Wahres und fast Wahres, habe den Roman faktengetreu, aber mit literarischer Freiheit geschrieben. Und das, obwohl Suter selbst offenbar kein bekennender Fußballfan ist.

Zum Buchstart gab es etwa ein Gespräch mit Suter und Schweinsteiger in der "Zeit" ("Ich hätte den Ball nach links schießen sollen"; hinter der Zahlschranke). Die Kritik gewinnt dem Zusammenspiel der beiden aber nahezu unisono wenig ab: Die FAZ titelt "Doppelpass in die Langeweile". Nach 30 Seiten habe er null Drang verspürt, so Alex Steudel in seiner Kolumne auf Sport1, mehr über Bastian Schweinsteiger zu erfahren. "Weil ich nie wusste, was wahr ist und was erfunden...". Ein "richtiges Star- und Glamour-Buch" sieht Helmut Böttiger (Deutschlandfunk), aber: Suter arbeite bei alldem professionell. "Das vermeintliche Dream-Team schoss ein Eigentor", heißt es in der NZZ. Es gibt auch positive Stimmen: "Magische Fußballmomente gekonnt im Zeitlupenzoom", formuliert etwa Harmut Wilmes in der "Kölnschen Rundschau" (zitiert auf der Diogenes-Website). Eine lesenswerte Analyse der (negativen) Kritiken hat Jan C. Behmann im Blog der "Freitag"-Community geschrieben: "Die Lust an der Vernichtung".

Aber wie auch beim Fußball zählt am Ende das Ergebnis: Und ein Sprung von null auf Platz 1 ist für Autoren und Verlag fast so gut wie der Gewinn der Champions League.

Auch sonst tut sich einiges bei der Belletristik: Bei den Hardcovern neu sind, neben Suter, Yasmina Reza mit der jüdischen Familiengeschichte "Serge" (Hanser; ET: 24. Januar; Ü: Frank Heibert, Hinrich Schmidt-Henkel) auf Platz 4. Auf Platz 13 landet "Das Ende des Fadens" (Lübbe; ET: 28. Januar; Ü: Rita Seuss, Walter Kögler), der 24. Fall für Commissario Montalbano aus der Feder des italienischen Autors Andrea Camilleri (1925–2019). Die Österreicherin Monika Helfer setzt, nach den Bestsellern "Die Bagage" und "Vati", die Reihe ihrer autofiktionalen Romane fort: In "Löwenherz" (Hanser; ET: 24. Januar) steht ihr Bruder Richard im Mittelpunkt. Neu auf Platz 16. Mit "Der Erinnerungsfälscher" (Hanser; ET: 24. Januar) reiht sich Abbas Khider auf Platz 23 ein: Er erzählt die Geschichte des syrischen Flüchtlings Said Al-Wahid, der in Berlin-Neukölln lebt (mit Reisepass!) und sich dann zu seiner sterbenden Mutter nach Bagdad aufmacht. Das löst Erinnerungen an Kindheit und Flucht aus. 

Belletristik (PB): New Adult-Titel rauscht an die Spitze

Von null auf Platz 1 katapultiert sich bei der Belletristik (PB) der Auftaktband einer neuen New Adult-Trilogie von Sarah Sprinz: "Dunbridge Academy – Anywhere" (Lyx; ET: 26. Januar). Emmas tritt ein Auslandsjahr an der schottischen Dunbridge Academy an, wo sich ihre Eltern kennengelernt hatten. Sie will sich auf Spurensuche nach ihrem Vater begeben, der die Familie vor Jahren verlassen hat. Als sie den liierten Schulsprecher Henry trifft, wird es kompliziert für ihre Gefühlswelt. Band 2 wird für Mai, Band 3 für September angekündigt.

Nach der "What if"-Reihe (= "University of British Columbia" Reihe) bestehend aus drei Bänden ist die "Dunbridge Academy-Reihe" die zweite Trilogie der Autorin bei Lyx. Die Gesamtauflage ihrer bisher erschienenen Titel bei Lyx beträgt circa 150.000 Exemplare, so Ruza Kelava, Verlagsleiterin Lyx / Lyx.digital, gegenüber Börsenblatt online. Man begleite den Titel mit einer großen Spitzentitelkampagne und setzt vor Allem auf die digitale Vermarktung mit zeitgleicher Kommunikation auf verschiedenen Social-Media-Kanälen und digitalen Events. "Dabei spielt natürlich auch unser inzwischen 100.000 Follower starker LYX-Instagram-Account eine wichtige Rolle." 

Allgemein zu Lyx gefragt: Wie sieht die Zielgruppe aus? "Lyx-Leser:innen sind New Adults, die zu alt für Jugendbuch/Young Adult sind, sich aber vom restlichen Buchmarkt, der sich eher an die Generation ihrer Eltern und Großeltern richtet, auch nicht repräsentiert fühlen", erläutert Kelava. Bücher seien ihre große Leidenschaft: "Knapp die Hälfte verschlingt mehr als 50 Bücher, einige sogar mehr als 100 Bücher pro Jahr. Sie bevorzugen das gedruckte Buch, informieren sich im Internet und tauschen sich in den Sozialen Netzwerken mit Gleichgesinnten aus, bevorzugen aber den Kauf in der Buchhandlung vor Ort, wo sie endlos stöbern, sofern denn ein für sie passendes Angebot vorhanden ist."

Bei Lyx erscheinen circa 40 Novitäten pro Saison im regulären (Print-)Programm mit den dazugehörigen E-Book Ausgaben. Hinzu kommen etwa 25 bis 30 E-Only Veröffentlichungen pro Halbjahr.

Und ein Hinweis für Fans der Netflix-Serie "Bridgerton": Von Julia Quinns Romanvorlage kommen die Bände 7 und 8 neu in unsere Taschenbuchliste.

Sachbuch: Menschheitsgeschichte neu gedacht
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Cover: Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen
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Mit ihrem von der Fachkritik gefeierten "Anfänge" (Klett-Cotta; ET: 29. Januar; Ü: Henning Dedekind, Helmut Dierlamm, Andreas Thomsen) erobern der 2020 mit 59 Jahren viel zu früh gestorbene Anthropologe David Graeber und der Archäologe David Wengrow die Sachbuchcharts (Hardcover) – beginnen neu auf Platz 2.

Die Startauflage lag bei 20.000 Exemplaren, so Ralf Tornow, Geschäftsleitung Marketing und Vertrieb, "aber bereits vor Erscheinen haben wir zwei weitere Auflagen mit insgesamt 15.000 Exemplaren nachgedruckt. Die gerade bestellte 4. Auflage am gerade einmal dritten Tag nach Erscheinen erhöht die Gesamtauflage auf 50.000 Exemplare." Die Erstauflage sei vergriffen und man merkt gerade für die Folgeauflagen vor. Hatte man dafür Papierreserven angelegt? "Papierbevorratung ist heutzutage kaum möglich", sagt Tornow hierzu.

Klett-Cotta ist der deutsche Verlag David Graebers. Die meisten seiner Bücher sind dort erschienen. "Vor über drei Jahren erhielten wir das Exposé und waren sofort überwältigt. Dass 'Anfänge' jetzt so grandios 'eine neue Geschichte der Menschheit' entfaltet, hätten wir nicht für möglich gehalten, wussten aber, dass wir mit beiden Autoren die besten ihrer Disziplin für dieses kühne Buch gewonnen hatten", erklärt Lektor Johannes Czaja. "Graeber & Wengrow wagen einen ganz neuen Ansatz: Jäger und Sammler mussten nicht wie unter Zwang sesshafte Bauern werden; und ebensowenig mussten sie später zwangsläufig von Königen regiert werden. Menschen sind frei – wenn sie es nur wollen." Die beiden würden die ideologischen Mantras "Der Mensch ist gut" oder "der Mensch ist böse" beiseiteschieben. Freie Menschen gestalteten ihre Geschichte. Und tun es heute noch oder wieder. "Graeber & Wengrow entfalten eine 'Geschichte von unten' und erzählen eine 'Geschichte menschlicher Freiheit', die in den 'Anfängen' unserer menschlichen Vergangenheit enthalten ist, aber erst in diesem sensationellen Buch (wieder-)entdeckt wird."

An wen richtet sich das Buch? "Es spricht alle Gruppen geschichtlich und gesellschaftlich interessierter Leser an. Die Zielgruppe dürfte ähnlich zugeschnitten sein, wie zum Beispiel bei Yuval Noah Harari", findet Tornow.

Flankierend zum Erscheinungstermin wirbt Klett-Cotta breit auf allen Kanälen (Print, Online, Social Media und Handel).

Ebenso beachtenswert ist der Neueinsteiger auf Platz 3: In seinem aktuellen Buch "Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen" (Hanser; ET: 24. Januar) stellt Friedenspreisträger Navid Kermani Fragen nach Gott. Der junge Kanon Verlag landet einen Coup mit dem ersten Band der Tagebücher des beliebten Schauspielers und Sängers Manfred Krug (1937–2016): "Manfred Krug. Ich sammle mein Leben zusammen. Tagebücher 1996 – 1997" (ET: 26. Januar). Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen Krista Maria Schädlich. Weitere Bände sind laut Verlag in Planung.

Ratgeber
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Zwei Titel schaffen es, eng beieinander, in unsere aktuellen Ratgebercharts: Die Philosophin Ariadne von Schirach, Schwester von Benedict Wells und Cousine Ferdinand von Schirach, startet mit "Glücksversuche" (Tropen; ET: 18. September 2021) auf Platz 10. Sie will einen Kompass für antike und zeitgenössische Glücksvorstellungen bieten – anhand von 80 nachahmenswerten Selbstversuchen. Das Glück, um das es in ihrem Buch gehe, "meint weder Selbstoptimierung noch Positive Psychologie, sondern ein bewusst gelebtes Leben", formuliert sie in der Einleitung.

Profaner wird es mit dem zweiten Neuling, obwohl es hier auch um ein gewisses Glück, ein körperliches, geht: "Schlank für Faule" (Knaur MensSana; ET: 1. Dezember 2021) von TV-Arzt Carsten Lekutat ("Der Gesundmacher") verspricht einen bequemen Weg zum Wunschgewicht. Neu auf Platz 11. Im vergangenen Jahr war Lekutat einmal mit "Gesundheit für Faule" (Knaur MensSana; ET: 1. April 2021) in unseren Ratgebercharts (KW 15; Platz 15).

Der Link zu den Wochenlisten:

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