Die Spitzenposition beim Sachbuch (Hardcover) holt sich in dieser Woche (Vorwoche: 3) Friedenspreisträger Navid Kermani mit "Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen" (Hanser; ET: 24. Januar).
Die Startauflage habe 50.000 betragen, von denen der größte Teil ausgeliefert sei, so der Verlag gegenüber Börsenblatt online. Auflage 2 und 3 sind im Druck: "Wir haben frühzeitig Papiervorrat anlegen lassen, die Herausforderung ist das besondere Einbandmaterial, das mehr Zeit in der Verarbeitung z.B. zum Trocknen benötigt."
Wie kam das Projekt zustande? Navid Kermani habe "selbstverständlich freie Hand in der Wahl seiner Themen, hier waren wir schon früh in enger Abstimmung. Es war uns wichtig, ein Buch im Programm zu haben, das zeigt: Der Islam ist mehr als das, was ihn in die Zeitung bringt. Und wenn Navid Kermani dem Wesen dieser Religion nachgeht, entsteht ein Buch, das ganz allgemein Fragen nach Gott stellt. Das berührt Jugendliche ebenso wie Erwachsene."
Neu auf Platz 2: Als junger Soldat hat Hans-Erdmann Schönbeck an der Schlacht in Stalingrad 1942/43, einem Wendepunkt im Zweiten Weltkrieg, teilgenommen – und schwer verletzt überlebt. Schönbeck, der am 9. September 2022 100 Jahre alt wird und einer der letzten Zeitzeugen ist, hat seine Erinnerungen Tim Pröse erzählt. Daraus ist "Hans-Erdmann Schönbeck: '... und nie kann ich vergessen'" (Heyne; ET: 2. Februar) entstanden. Er schreibe kein klassisches Geschichtsbuch mit ihm als Kronzeugen, wie man vielleicht denken könnte, so Pröse im Vorwort. "Auch keines über die neuste historische Forschung oder Wissenschaft. Dieses Buch ist ein Porträt über einen Überlebenden. Ein Nachdenken und noch mehr ein Nachfühlen über Leben und Sterben und über das Weiterleben nach einem Beinahe-Ende. Es ist auch eine Spurensuche nach Menschlichkeit in einer damals unmenschlichen Zeit. Auch deswegen ist es ein Antikriegs-Buch." Schöneck erzählt von seinem inneren Widerstand gegen Hitler. Und von der verpassten Gelegenheit, diesen zu töten, als er ihm in der Wolfsschanze ganz nah kam, so der Klappentext.
- Das Buch wurde am 2. Februar im "heute journal" (ZDF) vorgestellt: hier geht es zum Video.
Pröse hat zuvor unter anderem Widerstandskämpfer, Lebensretter und Überlebende des NS-Terrors porträtiert ("Jahrhundertzeugen"; Heyne 2016) und die Biografien "Hallervorden. Ein Komiker macht ernst" (Hoffmann und Campe, 2017), "Mario Adorf. Zugabe!" (Kiepenheuer & Witsch. 2019) sowie "Jan Fedder – Unsterblich" (Heyne 2020) verfasst. Mit der Fedder-Biografie etwa belegte er Platz 14 in unseren Sachbuch-Jahrescharts 2020 (Hardcover).
Mit der deutschen Geschichte von 1918 bis 1945 befasst sich "Zerborstene Zeit" (C.H. Beck; ET: 26. Januar) des Historikers Michael Wildt. Er beginnt seine Chartreise auf Rang 19. Eine nuancierte "Geschichte von unten", die stark auf Tagebücher und unterschiedliche Selbstzeugnisse zurückgreift: Ein "großartiges und originelles Buch", so der Historiker Dietmar Süß in seiner Rezension in der "Süddeutschen Zeitung".
Chinas Machtelite: Ein Blick hinter den Gold-Vorhang
Begleitlektüre zu den Winterspielen in Peking: 52 Plätze aufwärts geht es für "Chinesisches Roulette" (Droemer; ET: 1. Februar; Ü: Gebauer, Stephan) den "Insiderbericht aus Chinas Elite" – sicherlich hat die kritische Berichterstattung über das Land anlässlich der gerade laufenden Winterspiele in Peking zum Erfolg des an sich schon spannenden Titels beigetragen. Neu auf Platz 10 beim Sachbuch (Hardcover) und Aufsteiger der Woche. Der Verlag hat das Erscheinen perfekt in die Spur gesetzt. Autor Desmond Shum, früher Finanzinvestor in Peking und Mitglied der "roten Milliardärskaste", wohnt heute in England. Er zeichne ein "Sittenbild der hedonistischen politischen Elite zu Beginn des Jahrtausends", lobte die "FAZ".
Von null auf Platz 1 springt beim Sachbuch (PB) ein Titel, bei dem man sich zwar die Augen reibt, aber angesichts der regelmäßigen Anti-Corona-Demonstrationen auch nicht mehr wundert: "Der Kult" von Gunnar Kaiser, erschienen Ende Januar bei Rubikon. In der Leseprobe heißt es unter anderem: "Wie gelingt es einigen wenigen, so viele Menschen in Geiselhaft zu halten und sie mit dem Versprechen von mehr 'Freiheiten' dazu zu verführen, sogar einen genbasierten Stoff an sich ausprobieren zu lassen ...". Das zeigt, welches Klientel sich von dem Buch angesprochen fühlen dürfte.